https://queer.de/?34042
Koblenz
Nach Farbbeutelwurf auf AfD-Politiker beim CSD: Angeklagter freigesprochen
Ein Rechtspopulist war letztes Jahr beim CSD Koblenz mit einem Farbbeutel beworfen worden und wollte den Täter, einen bekannten AfD-Gegner, erkannt haben. Doch ein Gericht hatte Zweifel an der Schuldzuweisung.

Links die Podiumsdiskussion beim CSD Koblenz, rechts der AfD-Landtagsabgeordnete und -Stadtrat Joachim Paul nach dem Farbbeutel-Angriff (Bild: Facebook)
- 12. Juli 2019, 12:40h 3 Min.
Das Amtsgericht Koblenz hat am Donnerstag ein Urteil im CSD-Farbbeutelprozess gesprochen: Laut der "Rhein-Zeitung" wurde ein 28-Jähriger am dritten Prozesstag vom Vorwurf freigesprochen, den 49-jährigen AfD-Landtagsabgeordneten und Koblenzer Stadtrat Joachim Paul mit Farbe bekleckert zu haben.
Paul war im August letzten Jahres zu einer Podiumsveranstaltung des CSDs Koblenz eingeladen worden. Die Teilnahme war von einigen Aktivisten wegen der homophoben und ausländerfeindlichen Grundhaltung der Partei scharf kritisiert worden. Ein Unbekannter hatte Paul kurz vor Start der Gesprächsrunde mit einem Farbbeutel beworfen (queer.de berichtete). Dieser habe sich, so Paul, wie ein "mittelschwerer Faustschlag" angefühlt und sein Shirt beschmutzt – er habe aber keine Schmerzen gehabt und an der Diskussion teilnehmen können.
Angeklagter: "Warum sollte ich die Strategie ändern?"
Der AfD-Politiker gab später an, er habe einen 28-Jährigen als Täter erkannt ("an der Art der Bewegung, seiner Motorik"). Der Angeklagte betonte aber im Prozess, dass er schon seit Jahren friedlich gegen die AfD kämpfe ("Das hat gut funktioniert, warum sollte ich die Strategie ändern?"). Er deutete an, dass Paul ihn eventuell bei derartigen Veranstaltungen gesehen habe könne, was der Rechtspopulist aber verneinte.
Am Ende war selbst der Staatsanwaltschaft Pauls Aussage zu dünn – sie beantragte Freispruch. Allerdings sei dem Angeklagten die Tat zuzutrauen.
"Wie will der Zeuge ihn wiedererkannt haben, wenn er ihn im Weglaufen von hinten gesehen hat, dann mit Sonnenbrille 50 Minuten später wieder und dann mit Verweis auf eine Fernsehsendung von vor sechs Monaten?", fragte der Richter laut "Rhein-Zeitung" am Ende des Prozesses. Gleichzeitig bedauerte er, dass derartige Attacken ein "Beitrag zur Verrohung der politischen Kultur" seien. Für eine Verurteilung hätten die Beweise nicht ausgereicht.
Politiker aller Parteien wie auch der CSD-Verein hatten sich vom Farbbeutelwurf distanziert (queer.de berichtete). Gleichzeitig geht die Debatte weiter, ob AfD-Politiker zu Gesprächen eingeladen werden sollen, in denen den Rechtsaußen-Politikern ein Forum für Provokationen geboten wird. Immer wieder wird dabei auf die LGBTI-feindlichen Parteipositionen verwiesen: Die AfD hat es sich unter anderem zum Ziel gemacht, das Ehe-Verbot für Schwule und Lesben wiedereinzuführen oder "Werbung für Homosexualität" an Schulen zu verbieten. In Rheinland-Pfalz bezeichnete eine AfD-Landtagsabgeordnete erst vor wenigen Monaten Rechte für Intersexuelle als "abartig" (queer.de berichtete).
Paul selbst hatte sich auf der CSD-Bühne gegen die Ehe für alle, gegen das Adoptionsrecht für Lesben und Schwule sowie gegen die Einrichtung eines Queer-Beauftragten und einer Antidiskriminierungsstelle in Koblenz ausgesprochen. Den Farbbeutel-Wurf nutzte er für zusätzliche Empörung in sozialen Netzwerken. (dk)
/ volkeriw | Joachim Paul behauptete in der Podiumsdiskussion, dass er diskriminiert werdeDas AFD Mitglied Joachim Lang auf dem CSD in Koblenz #fckafd #noafd pic.twitter.com/HsonwDqFEp
Volker Iwannek (@volkeriw) August 18, 2018
|












Staatsanwalt fordert ebenfalls Freispruch.
Trotzdem wurde Anklage erhoben und die Anzeige nicht verworfen und eingestellt? Klarer Fall von Einschüchterungsversuch. Und das im Jahr 2019 in Deutschland.