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Polizei-Großeinsatz

CSD-Teilnehmer in Polen mit Steinen und Böllern beworfen

Der erste Pride in Bialystok traf auf vergleichsweise viele Gegendemonstranten und Gewalt. Die Polizei musste mehrfach Blockaden durch Nationalisten und Gläubige auflösen.


Szenen aus Bialystok vom Samstag: Eine friedliche CSD-Demo und ihre nicht friedlichen Gegner

  • Von Norbert Blech
    21. Juli 2019, 10:59h 19 4 Min.

Die erste CSD-Demonstration in der polnischen Stadt Bialystok ist am Samstag von massiven Gegenprotesten und Gewalt überschattet worden. Gruppen von Hooligans attackierten die rund 800 Teilnehmer des Marsches am Samstag mit Steinen, Knallkörpern, faulen Eiern und Flaschen, wie die Polizei mitteilte. Auch die Beamten, die den Umzug absicherten, wurden an mehreren Stellen der Demonstration durch die Innenstadt angegriffen.

Twitter / radiobialystok | "I kissed a girl, i liked it" – CSD-Teilnehmer ließen sich dank des Polizeischutzes nicht die Stimmung nehmen
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Katholische und nationalistische Gruppen organisierten rund 40 Gegenkundgebungen in Bialystok vor und während des Pride; während die Stadt den CSD unterstützte, hatte der Marschall der Woiwodschaft, ein Politiker der Partei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS), zu einer Demonstration "für die Familie" am Morgen aufgerufen. Vor der Kathedrale, deren Erzbischof sein Nein zum CSD erklärt hatte (mit den aus dem Widerstand zum Kommunismus bedeutsamen Worten "Non possumus"), beteten hunderte Menschen gegen die "Sünde der Sodomie" und standen Infostände und Plakatwände von homofeindlichen Gruppen wie "Stop Pedofilii". Die Polizei, die den CSD mit einem Großaufgebot schützte, musste hier und an anderen Stellen den Weg für die queere Demonstration frei räumen.

Twitter / radiobialystok | Auflösung einer Blockade durch die Polizei
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Immer wieder hatten sich Rechtsradikale mit volksverhetzenden Plakaten und Parolen, Gläubige mit Rosenkränzen, aber auch viele "gewöhnliche" Bürger jeden Alters dem Pride entgegengestellt. Die Nationalisten schrieen "Gott, Ehre und Vaterland" oder "Schwuchteln haut ab".

Twitter / queerpl | Nationalisten verbrannten auch eine Regenbogenflagge
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Teilweise setzte die Polizei einen Hubschrauber ein, um einen Überblick über die Lage zu bekommen – und Blockaden durch Lärm und Wind zu stören. Ein Wasserwerfer wurde bei der CSD-Demonstration mitgeführt, kam aber nicht zum Einsatz. Rund 20 Gegendemonstranten wurden festgenommen. Einige CSD-Teilnehmer und ein Journalist von OKO.press wurden angegriffen und teilweise verletzt, auch eine Polizistin musste sich im Krankenhaus behandeln lassen.

Twitter / evainfeld | Beeindruckende Bilder aus Bialystok

Es war das erste Mal, dass LGBTI in der 300.000-Einwohner-Stadt im Nordosten Polens einen "Marsch für Gleichberechtigung" abhielten. Die Demonstranten, laut den Veranstaltern von "Teczowy (Regenbogen) Bialystok" bis zu 1.500, schwenkten trotz der Gegenproteste in fröhlicher Stimmung zu Musik Regenbogenfahnen und Transparente mit Aufschriften wie "Liebe ist keine Sünde". Sie skandierten "Freiheit, Gleichheit, Toleranz" oder "Polen frei von Faschismus". Vom Lautsprecherwagen aus wurden einzelne Störer am Wegesrand mehrfach ironisch aufgegriffen.

Twitter / PiotrFijakowsk1 | Der CSD in seiner vollen Teilnehmer-Länge
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In diesem Sommer halten LGBTI in einer Rekordzahl von fast 25 polnischen Städten einen CSD ab. In Warschau, wo erste Pride-Kundgebungen vor einigen Jahren noch auf gewalttätige Gegenproteste stießen, demonstrieren inzwischen jedes Jahr zehntausende Menschen unter vergleichsweise nur noch geringen Hass durch Gegner. Beim ersten CSD in Lublin im letzten Jahr kam es hingegen zu ähnlichen Szenen wie jetzt in Bialystok (queer.de berichtete).

Twitter / radiobialystok | Eindrücke einer weiteren Blockade
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In den letzten Monaten hatte sich die öffentliche Auseinandersetzung mit LGBTI-Themen in dem katholischen Land drastisch verschärft. Nachdem sich der Warschauer Stadtpräsident Rafal Trzaskowski im Frühjahr in einer "Regenbogen-Erklärung" unter anderem für eine umfassende Sexualaufklärung, die auch queere Themen aufgreift, an Schulen verpflichtete, machte die regierende PiS-Partei daraus ein Wahlkampfthema: "Die LGBT- und Gender-Bewegung bedroht unsere Identität und unsere Nation. Sie bedroht unseren polnischen Staat", meinte etwa der Parteivorsitzende Jaroslaw Kaczynski im April (queer.de berichtete).

Twitter / radiobialystok | Szenen vor der Kathedrale, an deren Rand der CSD später vorbeizog – nachdem die Polizei dort eine weitere Blockade auflöste
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Der von der Regierung bemühte Kulturkampf gewinnt immer mehr an Schärfe. Diese Woche hatte etwa das PiS-nahe Politik-Magazin "Gazeta Polska" angekündigt, der nächsten Ausgabe Aufkleber mit durchstrichenem Regenbogen und dem Aufdruck "LGBT-freie Zone" beizulegen (queer.de berichtete). LGBTI-Organisationen reagierten entsetzt und fühlten sich an antisemitische Slogans und Handlungen der Nazi-Zeit erinnert.

Twitter / RobertBiedron | Der Politiker Robert Biedron teilte ein Video, auf dem mehrere Gegendemonstranten zum CSD auf mutmaßliche Teilnehmer eintraten

"Die heutigen Ereignisse in Bialystok zeigen deutlich, dass Aussagen von Politikern und Geistlichen, Resolutionen über 'LGBT-freie Zonen', homophobe Aufkleber oder Flugblätter, die vor dem 'Marsch der Gleichstellung' aufgehängt wurden, keinen Einfluss auf die Realität haben", kommentierte der offen schwule Politiker Robert Biedron die Bilder der Gewalt vom Samstag ironisch auf Twitter. Ernst kommentierte er weiter, Flaschen und Böller richteten sich nicht gegen eine vermeintliche "LGBT-Ideologie", sondern träfen und verletzten Menschen. "Politiker und Bischöfe sollten sich dem bewusst werden, bevor sie erneut zynisch eine Spirale des Hasses gegen eine Gruppe von Bürgern in Gang setzen."

Twitter / LGBTNewsPL | Eine weitere Hetzjagd auf LGBTI am Rande des CSD
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#1 FinnAnonym
  • 21.07.2019, 11:27h
  • Was sind das für kranke Perverse, die friedliche Menschen, die ihre demokratischen Grundrechte wahrnehmen, angreifen?!

    Noch dazu mit solcher Brutalität, die schwerste Verletzungen hervorrufen und bleibende Schäden oder gar den Tod verursachen können...
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#2 ZenkimausAnonym
  • 21.07.2019, 11:37h
  • Wer hier den polnischen Staat bedroht ist eindeutig. Nicht die Demonstranten sondern die anderen. Beschmeissen auch die exicutive Polens Mit Steinen. Die Kirche will einen radikalen katholischen Staat,, alla islamischen Staat. Kein deut besser.
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#3 matsAnonym
  • 21.07.2019, 11:44h
  • Vor den vielen mutigen CSD-Teilnehmern in all den Städten Polens, die für eine freie Gesellschaft eintreten und dem Faschismus die Stirn bieten, verbeuge ich mich! Jeszcze Polska nie zgina.
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