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Designierter Premierminister

Boris Johnson bei queeren Themen widersprüchlich

Der erbitterte Europagegner Boris Johnson hat den innerparteilichen Wahlkampf gegen den farblosen Jeremy Hunt gewonnen und wird damit voraussichtlich am Mittwoch Premierminister. Was bedeutet das für LGBTI-Rechte?


Boris Johnson wird wohl am Mittwoch Nachfolger von Theresa May (Bild: BackBoris2012 Campaign Team / flickr)

Boris Johnson hat in einer Urwahl über den Parteivorsitz der konservativen Torys seinen Kontrahenten Jeremy Hunt deutlich besiegt. Für den 55-Jährigen stimmten 66 Prozent der Parteimitglieder, für Hunt, den bisherigen Außenminister, nur 34 Prozent. Das teilte die Parlamentarierin Dame Cheryl Gillan am Dienstagnachmittag in London mit. Der Chef der Mehrheitspartei wird in Großbritannien traditionell auch Premierminister.


Bekanntgabe des Ergebnisses im britischen Nachrichtensender Sky News (Bild: Screenshot / Sky News)

Obgleich die Torys und die verbündete nordirische Kleinpartei DUP nur eine hauchdünne Mehrheit im Parlament haben, wird erwartet, dass Königin Elisabeth II. Johnson am Mittwoch auf Vorschlag der scheidenden Regierungschefin Theresa May zum Premierminister ernennen und mit der Regierungsbildung beauftragen wird. Nun wird spekuliert, ob sich Johnson kurze Zeit später bereits einem Misstrauensvotum stellen muss. Allerdings könnten die Konservativen dann zusammenrücken – allein schon deshalb, weil die Torys dem linken Labour-Anführer Jeremy Corbyn den Zutritt zur 10 Downing Street unbedingt verwehren wollen. Je nach seinen Brexit-Plänen könnte es dennoch knapp für ihn werden. Johnson wird wie May auch weiter auf die Stimmen der homophoben DUP angewiesen sein.

Bei LGBTI-Themen ist bei Boris Johnson, der sich im innerparteilichen Wahlkampf vor allem als kompromoissloser Anti-Europäer einen Namen gemacht hatte, keine klare Linie festzustellen. Als er 2001 erstmals ins Unterhaus einzog, gab er sich gerne als Rebell – und stimmte teilweise auch gegen die Parteilinie für LGBTI-Rechte: So votierte 2003 er für die Abschaffung des britischen Homo-"Propaganda"-Gesetzes "Section 28", das Gemeinden, Schulen und Kommunalbehörden die "Förderung von Homosexualität" untersagt hatte. 2005 stimmte er für das Lebenspartnerschaftsgesetz der damals regierenden Labourpartei von Premierminister Tony Blair. Außerdem unterstützte er die von der konservativ-liberalen Cameron-Regierung angestoßene Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben, die 2013 beschlossen wurde (queer.de berichtete). Er stimmte allerdings nicht darüber ab, weil er zu dieser Zeit nicht Unterhausabgeordneter, sondern Bürgermeister von London war.

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Allerdings ist seine Unterstützung der Ehe für alle auch heute noch nicht absolut: So kritisierte er in einer Debatte die Entscheidung des britischen Parlaments, die Ehe in Nordirland zu öffnen (queer.de berichtete). Johnson argumentierte, dass nur das – derzeit suspendierte – nordirische Parlament einen derartigen Schritt durchführen werde. Sein Kontrahent Jeremy Hunt begrüßte dagegen die Entscheidung.

Johnson mobbte sich auch mit Homophobie an die Spitze


Am Mittwoch kann Boris Johnson seine Vorgängerin Theresa May aus 10 Dowing Street rausschmeißen (Bild: robertsharp / wikipedia)

Gleichzeitig kritisierten LGBTI-Aktivisten, dass Johnson seine gesamte Karriere auf Abneigung gegenüber Minderheiten wie Muslimen, Ausländern oder Homo­sexuellen aufgebaut habe. 1998 machte er sich etwa als Zeitungskolumnist für den konservativen "Telegraph" über die Homosexualität des Labour-Politikers Peter Mandelson lustig und nutzte dabei die Bezeichnung "tank-topped bum boys" ("Arschjungs mit Muskelshirts"). In einer weiteren Kolumne verteidigte er "Section 28" und beschuldigte die Labour-Partei, "die Lehre der Homosexualität an Schulen fördern zu wollen".

2001 verglich er zudem in seinem Buch "Friends, Voters, Countrymen" gleich­geschlechtliche Ehen mit dem sexuellen Missbrauch von Tieren. Damals schrieb er: "Wenn die gleich­geschlechtliche Ehe in Ordnung geht – und ich bin mir bei diesem Thema nicht sicher – dann sehe ich prinzipiell kein Problem damit, warum wir nicht die Verbindung von drei Männer weihen sollten oder sogar die zwischen drei Männern und einem Hund."

Während seiner Zeit als Außenminister zwischen 2016 und 2018 erntete er sowohl Lob als auch Kritik von LGBTI-Aktivisten. Positiv wurde etwa aufgenommen, dass er das Hissen von Regenbogen­fahnen an britischen Botschaften in aller Welt erlaubte und sich mit russischen LGBTI-Aktivisten traf. Negativ wurde indes bewertet, dass er das 2017 in Bermuda wiedereingeführte Ehe-Verbot für Schwule und Lesben nicht stoppte – er hätte die Macht gehabt, das Verbot aus Menschenrechtsgründen zu blockieren. Am Ende kippte aber ein Gericht Mitte 2018 das Verbot (queer.de berichtete).

Schwuler Staatssekretär wirft Handtuch wegen Johnson

Mehrere prominente Konservative haben bereits angekündigt, nicht für eine Johnson-Regierung zur Verfügung zu stehen oder aus dem Kabinett zurückzutreten. Sir Alan Duncan, der für Europa verantwortliche Staatssekretär im Außenministerium, hat etwa am Montag seinen Rückzug erklärt. Der 62-Jährige begründete das mit der harten Position Johnsons beim Brexit: "Das Vereinigte Königreich hat so viel Gutes in der Welt bewirkt. Es ist tragisch, dass gerade jetzt, wenn wir eine intellektuelle und politische Macht in Europa und darüber hinaus sein könnten, uns nur mit dem schrecklichen Thema Brexit beschäftigen müssen." Duncan hatte sich 2002 als schwul geoutet – als erster Parlamentsabgeordneter der Torys.


Der offen schwule Politiker Alan Duncan will einer von Boris Johnson angeführten Regierung nicht angehören (Bild: Foreign & Commonwealth Office)

Johnson wird wegen seines rüpelhaften Auftretens, seiner flexiblen Haltung zur Wahrheit und seiner Unterscheidung der Welt in Gut (Großbritannien) und Böse (Europa) oft mit US-Präsident Donald Trump verglichen. Tatsächlich verbindet die beiden Populisten eine enge politische Freundschaft. Johnson erhofft sich von Trump nach dem Brexit eine wirtschaftliche Annäherung an die USA.

Ob eine Johnson-Regierung auch die schrillen Töne des Weißen Hauses bei queeren Rechten übernimmt oder zumindest nicht zurückweist, ist wegen seiner Sprunghaftigkeit nicht vorhersehbar. Immerhin ist die britische Bevölkerung laut Umfragen LGBTI-freundlicher eingestellt als die amerikanische – so befürworten drei Viertel der Inselbewohner die Ehe für alle.


Treffen aus dem Jahr 2017 zwischen dem damaligen Außenminister Boris Johnson und US-Präsident Donald Trump bei der UN (Bild: White House)

Populistische Aktionen gegen LGBTI, wie das amerikanische Trans-Verbot im Militär, gelten daher kurzfristig als eher unwahrscheinlich. Allerdings könnte eine LGBTI-feindliche Rhetorik die Akzeptanz von sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten beschädigen und mittelfristig zu einer Gegenreaktion führen.

#1 Fascho-WatchAnonym
  • 23.07.2019, 13:14h
  • Meine Vermutung ist, dass Johnson sich so präsentieren wird wie Trump es tut: in den Worten widersprüchlich, in den Taten homophob. Das ist die Strategie der Trumps, Johnsons, Söders und Weidels.
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#2 gastAnonym
  • 23.07.2019, 14:23h
  • Wehe, Wehe, wenn ich das Ende von Großbritannien sehe ...
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#3 seb1983
  • 23.07.2019, 14:41h
  • Johnsons Meinung zu LGBT Themen dürfte für Schwule das geringste Problem sein.

    Wenn die Wirtschaft ins Chaos abdriftet, Arbeitsplätze verloren gehen (wer weiß, vielleicht sogar Medikamente fehlen etc) dann kann er Downing Street auch mit Regenbogenflaggen zuhängen, trotzdem geht es Schwulen dann drecking (sind auch nur Menschen wie alle anderen)
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