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Baden-Württemberg
AfD-Abgeordnete: Homosexuelle sollten sich vom CSD distanzieren
Wer als "Teil unserer Gesellschaft angesehen" werden wolle, müsse bei der "Zurschaustellung exaltierter Obszönität" ein "Umdenken" zeigen, meint Carola Wolle. Auch die Demo-Genehmigung des Stuttgarter CSD stellt sie in Frage.

Carola Wolle vor wenigen Monaten bei einer Rede im Stuttgarter Landtag
- 24. Juli 2019, 11:06h 3 Min.
Wenige Tage vor dem diesjährigen CSD in Stuttgart hat die AfD-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg dessen Untersagung als politische Demonstration ins Gespräch gebracht und eine Distanzierung Homosexueller von der Parade gefordert. "Schrillstes Outfit, Fetische, Sklaven und geschminkte Männer in Frauenkleidern deuten eher auf eine Art Karneval als auf eine politische Demonstration hin", heißt es in einer von der Fraktion verbreiteten Pressemitteilung der AfD-Landtagsabgeordneten Carola Wolle.
Die 55-jährige Unternehmerin gibt sich zunächst tolerant: "In den 50 Jahren seit dem Stonewall-Aufstand haben sich die Homosexuellen gleiche Rechte und volle Akzeptanz in der Gesellschaft erkämpft – und das ist auch gut so." Doch Bilder und Videos "dieser so genannten 'Polit-Paraden'" ließen Zweifel aufkommen, ob es sich "wirklich um politische Demonstrationen" handele: "Es fällt schwer zu glauben, dass das, was auf dem CSD alleine optisch geboten wird, als politische und gesellschaftliche Forderungen von Homosexuellen zu deuten ist", so Wolle. "Vielmehr scheint sich dort eine radikale Minderheit als 'Regenbogen-Community' enthemmt selbst zu feiern."

ausführlich begründet Logo und Motto des diesjährigen CSD in Stuttgart. Die Botschaft wird auf der Webseite
"Schwule, Lesben und Co." hätten "lange gebraucht, bis sie als selbstverständlicher und voll akzeptierter Teil der Gesellschaft anerkannt wurden", so die AfD-Presemitteilung. "Anstößige Fetisch-Paraden" dienten nicht dazu, "diese Errungenschaft zu erhalten". Im Gegenteil bedienten diese laut Wolle "alle Klischees, die gegenüber Homosexuellen noch immer existieren": "Akzeptanz von Homosexualität heißt nicht Akzeptanz von Zurschaustellung exaltierter Obszönität."
"Wenn Schwule und Lesben weiter als selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft angesehen werden wollen, so sollten sie sich von diesem Polit-Zirkus einer offenbar radikalen Minderheit distanzieren! Darüber hinaus sollten die Behörden prüfen, ob ein Umzug von Fetischclowns weiterhin als politische Demonstration genehmigt werden soll." Der CSD habe sich in den letzten Jahren immer weiter von seinen Ursprüngen entfernt, meint Wolle. "Hier ist auf Seiten der Homosexuellen Umdenken angebracht."
Homophobe Hetze im Landtag
Die Abgeordnete, die auf ihrer Webseite mehrere Pressemitteilungen der homo- und transfeindlichen "Demo für alle" verbreitet und sich auf Facebook bei einer Bus-Kundgebung der Bewegung mit einer Flagge der "Demo für alle" ablichten ließ, hatte sich schon mehrfach homophob geäußert. So meinte Wolle einmal im Landtag, die "Gender-Ideologie" wolle "weniger Menschen und mehr sexuelles Vergnügen", etwa durch "Abtreibung für alle" sowie der "Förderung homosexuellen Verhaltens", "da es dabei nicht zur Empfängnis kommt". Kurz vor der Einführung der Ehe für alle betonte die Politikerin im Stuttgarter Landtag, die Liebe zwischen Mann und Frau sei das Abbild der Liebe Gottes. Die Ehe könne nach der Öffnung für homosexuelle Paare zu einem "beliebigen Konstrukt" werden: "Halten dann Kinderehen, Polygamie oder Geschwisterehen Einzug?" (queer.de berichtete).

queer.de berichtete). Im direkten Vorfeld hatte Organisatorin Hedwig von Beverfoerde den "Stuttgarter Nachrichten" erzählt, "dass die sexuelle Ausübung von homosexuellen Akten nicht gut ist" und zwar "nicht gut im Sinne von gesund" Für ihr Facebook-Profil ließ Wolle sich 2018 mit einer Flagge der homo- und transfeindlichen "Demo für alle" ablichten, bei einer Kundgebung des Bündnisses in Stuttgart im Rahmen einer Bus-Tour (
"Kritik" an Pride-Veranstaltungen hat in der AfD ebenso Tradition wie Kritik an LGBTI-Rechten: 2016 hatte etwa der Thüringer Landtagsabgeordnete Thomas Rudy gegen den CSD als "Dekadenz, Perversion und Selbsthass" gewettert (queer.de berichtete). Im gleichen Jahr empörte sich der thüringische Landes- und Fraktionsvorsitzende Björn Höcke bei einer Rede unter "Pfui"-Rufen, dass die CSU einen Wagen beim CSD in München gehabt habe, während der damalige Fraktionschef in Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, meinte, die AfD lehne den CSD ab. Dieser wirke anstößig und schade damit auch Homosexuellen (queer.de berichtete). "Dass Schwule halbnackt tanzten, dürfe nicht sein", zitierte ihn auch die FAZ: "Die AfD sei nicht gegen Homosexuelle, nur gegen die Homo-Ehe und gegen Exzesse wie auf dem Christopher Street Day" (queer.de berichtete).
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Der CSD in Stuttgart steht in diesem Jahr unter dem Motto "Mut zur Freiheit" und erreicht am Wochenende nach mehreren Veranstaltungswochen mit der Polit-Parade am Samstag und der Hocketse, dem Straßenfest auf Markt- und Schillerplatz an Samstag und Sonntag, seinen Höhepunkt. Alle Infos bietet die CSD-Webseite. (nb)
