
https://queer.de/?34124
Kommentar
Das Ende des Straightwashing unserer Kindheitsheld*innen
Im vierten Thor-Kinofilm "Love and Thunder" wird Valkyrie, gespielt von Tessa Thompson, die erste queere Superheldin im Marvel-Universum. Ein überfälliger Schritt, auch wenn wir noch zwei Jahre warten müssen!

Tessa Thompson als Valkyrie im Trailer zum Marvel-Film "Thor: Ragnarok" (Bild: Screenshot)
- Von Kathi Grelck
25. Juli 2019, 07:04h 4 Min.
Die Bestätigung der Bisexualität von Valkyrie aus dem Marvel Cinematic Universe (MCU) durch Produzent Kevin Feige bei der San Diego Comic-Con am vergangenen Wochenende lässt die Herzen vieler Fans aus der queeren Community höherschlagen. Völlig zu Recht!
In den Comicvorlagen vieler moderner Verfilmungen werden Superheld*innen und Bösewichte zwar teilweise schon seit Jahrzehnten als queer dargestellt – doch im Zuge der Adaption für Film und Fernsehen wurden die Charaktere bisher an heteronormative Standards angepasst. Die aktuelle Entwicklung – nicht nur bei Marvel, sondern auch bei DC – weckt die Hoffnung, dass unsere Lieblingsfiguren in Zukunft nicht mehr verändert werden, um einer größeren Masse zu gefallen. Bereits die schwule Nebenfigur in "Avengers: Endgame" war ein erster Schritt.
Homo-"Heilung" von Harley Quinn und Wonder Woman
Schon in meiner Kindheit war ich ein großer Fan von Comics, und Harley Quinn war mein persönliches Vorbild. In "Batman: The Animated Series" war Quinn nämlich selbstbewusst und nicht einfach nur ein Anhängsel des Jokers. Sie hatte eine intime Beziehung mit Poison Ivy, die sie offen zur Schau gestellt hat. Als DC Harley Quinn im Film "Suicide Squad" dann als heterosexuell dargestellt hat und im Anschluss daran einfach jedes Paar sich an Halloween als Harley und der Joker verkleiden wollte, hat mich das genervt und ein bisschen verletzt.
Auch Wonder Woman ist für Hollywood schnell zurechtgerückt worden. Wer ein echter Fan ist, weiß, dass in Dianas Heimat gleichgeschlechtliche Beziehungen zwischen Frauen eher die Regel als die Ausnahme sind und auch die Heldin selbst nicht auf Männer festgelegt ist. In den Filmen haben wir aber im besten Fall homoerotischen Subtext zu sehen bekommen und obendrein eine von Männern faszinierte Amazonen-Kriegerin.
Die progressive Vision von Waititi
Dass Regisseur Taika Waititi sich in seiner Vision für "Thor: Love and Thunder", in dem Valkyrie definitiv eine Rolle spielen wird, nicht von den Befindlichkeiten der Allgemeinheit beeinflussen lässt, zeigt sein gesamtes Konzept für den Film: Im vierten Teil der Thor-Reihe, der 2021 in die Kinos kommen soll, wird Natalie Portman erneut die Forscherin Jane Foster spielen, die nun selbst die Mächte Thors erhält. Der weibliche Thor wurde in den Comics schon vor einigen Jahren dargestellt, was auf große Gegenwehr gestoßen ist. Diesen Schritt dennoch zu gehen und zusätzlich die erste offen queere Superheldin darzustellen, ist mutig und progressiv.
Wie sieht die Zukunft aus? Die Produktion der Serie "Batwoman", die kanonisch schon lange lesbisch ist, mit der offen queeren Ruby Rose in der Hauptrolle und die Ankündigung einer LGBTI-Storyline für Valkyrie weckt die berechtigte Hoffnung, dass die queere Community endlich eine angemesse Repräsentation erhält.
Zu queer für die Einschaltquote?
Ich befürchte allerdings, dass die Entwicklung stark von den Reaktionen der Zuschauer*innen abhängig gemacht wird. Wenn die Einschaltquoten für "Batwoman" schlecht sind, wird die Serie natürlich eingestellt und nicht weiter produziert. Die Geschichte von Valkyrie kann auch noch verändert werden. Tessa Thompson, die Valkyrie spielt und selbst pansexuell ist, verkündete zwar optimistisch, Valkyries erste königliche Amtshandlung bestünde darin, sich eine Königin zu suchen, aber Kevin Feige ruderte direkt zurück und sagte, man wisse noch nicht, inwieweit Valkyries sexuelle Orientierung die Story überhaupt beeinflussen werde.
Für "Thor: Tag der Entscheidung" war bereits eine Szene gedreht worden, in der eine Frau das Schlafzimmer von Valkyrie verließ. Später entschied man sich aber dafür, die Szene herauszuschneiden, weil sie angeblich zu sehr vom Fokus der Geschichte abgelenkt hätte.
Hoffentlich wird es solche Ausreden in Zukunft nicht mehr geben. Wenn weibliche nicht-heterosexuelle Charaktere in Comicverfilmungen selbstverständlich dargestellt werden, schaffen es als nächsten Schritt auch schwule und trans Superheld*innen auf die Leinwand. Die neue Vielfalt düfte nicht-queeren Zuschauer*innen angesichts der Menge an Superheld*innen und Bösewichten in Hollywood übrigens nicht einmal weh tun.
