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Vernichtendes Urteil

Studie: Deutsche Behörden legen bei queeren Flüchtlingen viel Wert auf Klischees

Eine Anthropologin stellt dem deutschen Asylsystem beim Umgang mit muslimischen LGBTI-Geflüchteten ein vernichtendes Urteil aus.


Wer klischeehaft queer ist – etwa durch Regenbogenfingernägel – hat größere Chancen, als Asylbewerber anerkannt zu werden (Bild: Steven Damron / flickr)

Muslimische homo-, bi-, trans- oder intersexuelle Asylbewerberinnen und -bewerber werden in Deutschland eher als Flüchtlinge anerkannt, wenn sie ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität klischeehaft darstellen. Das ist das Ergebnis einer Studie der schweizerischen Anthropologin Dr. Mengia Tschalär von der Universität Bristol, die am Mittwoch im Fachmagazin "Ethnic and Racial Studies" veröffentlicht wurde.

Die Forscherin hatte unter anderem mit 15 Geflüchteten gesprochen, die sich als LGBTI identifizieren. Außerdem interviewte sie Anwälte und Richter aus Berlin und Köln sowie Vertreter von LGBTI-Flüchtlingshelfern in Köln, München, Heidelberg und Mannheim. Dabei fand sie heraus, dass die große Mehrheit der anerkannten queeren Geflüchteten in ihrem Heimatland aus der Mittel- bis Oberschicht gestammt hätten, ihnen bei der Geburt das männliche Geschlecht zugewiesen worden sei und die aktiv in der LGBTI-Community in ihrem Heimatland gewesen seien. Entscheidend für den Erfolg eines Asylantrags sei zudem der Kontakt zu lokalen Flüchtlingsvereinen in Deutschland gewesen.

Westliche Vorstellungen für BAMF entscheidend

"Um Asyl zu erhalten, müssen Asylbewerber bzw. Asylbewerberinnen die Beamten davon überzeugen, dass sie sich als schwul, lesbisch, trans, bi und/oder intersexuell identifizieren", so Tschalär. "Sie müssen auch demonstrieren, dass sie wegen ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität in ihrem Heimatland verfolgt werden." Ihre Recherchen hätten gezeigt, dass die erfolgreichsten Asylbewerbenden sehr gut darüber informiert gewesen seien, was die deutschen BAMF-Beamten hören wollten – "nämlich dass ihre Asylgeschichte mit den westlichen Vorstellungen eines queeren oder Gay-Lifestyle übereinstimmt". Das beinhalte etwa "regelmäßige Besuche von Gay-Diskos und -Partys, öffentliche Liebesbekundungen, das Tragen von Regenbogenkleidung und ähnliches". Zudem seien viele Bewerber auch nach ihrem Sexleben gefragt worden, obgleich dies nach EU-Vorgaben verboten ist.

Laut der Studie hätten die Geflüchteten, die offen über ihre sexuelle oder geschlechtliche Identität gesprochen hätten, eine größere Chance auf die Anerkennung gehabt. Menschen, die nicht out waren oder denen es wegen der Verfolgung in ihrem Heimatland schwer gefallen sei, über ihre Identität zu sprechen, hätten sich marginalisiert und stigmatisiert gefühlt. "Sie wurden gewöhnlich abgelehnt, ebenso wie solche, die in ihrem Heimatländern verheiratet waren oder Kinder hatten", so Tschalär. "Der Grund war, dass diesen Personen nicht geglaubt wurde, dass sie LGBTI waren, oder weil ihnen in ihrem Heimatland gesagt wurde, dass sie sich verstecken müssen."

Probleme wegen LGBTI-feindlichen Übersetzern

Hinzu käme, dass viele queere Asylbewerber/innen erklärt hätten, dass ihre amtlichen Übersetzer/innen homo- oder transphob gewesen seien oder viele Details nicht übersetzt hätten, weil ihnen das Wissen über LGBTI-Themen fehle. "Zum Beispiel hat mir ein Somalier erzählt, dass seine Angst und Scham vor einem Coming-out sowie homophobe Äußerungen seines Übersetzers ihn davon abgehalten hätten, offen über seine sexuelle Orientierung zu reden", erläuterte Tschalär. Der Asylantrag des Mannes sei daraufhin abgelehnt worden, obwohl in Somalia Homosexualität mit dem Tod bestraft werden kann.

Tschalär erklärte auch, dass queere Flüchtlinge besonders erfolgreich seien, wenn sie Deutschland als liberales, tolerantes Land und ihr muslimisches Heimatland als zurückgeblieben beschreiben würden. Dies, so die Forscherin, fördere den "rechtsgerichteten Diskurs in der gegenwärtigen Debatte um Einwanderung".

Die Anthropologin forderte, dass alle geflüchteten LGBTI-Muslime die selbe Chance auf Asyl erhalten sollten. Daher müssten Entscheidungsträger, Richter und Übersetzer für LGBTI-Themen besser sensibilisiert werden, "damit sie mehr über LGBTI-Identitäten und -Sexualitäten wissen und nicht die islamophoben Tendenzen in der Einwanderungspraxis und den Debatten in Deutschland reproduzieren". Zudem müssten alle Geflüchteten Zugang zu Experten haben, die ihnen die Details der Asyl-Bürokratie erklärten. (dk)

#1 re2wfrwsfAnonym
  • 26.07.2019, 16:38h
  • So blöd diese Klischees sind, wenn es hilft, muss man als Flüchtling nur Folgendes tun.

    Regenbogen-Outfit anziehen, Handgelenke brechen, lady-like sprechen (von der bösen muslimischen Welt und der tollen westlichen Welt), davon erzählen wie toll der letzte passive Analverkehr war und schon wird man als männlicher Flüchtling anerkannt.

    Nach dem BAMF-Termin, kann man dann das Regenbogen-Outfit wieder ausziehen, die Hangelenke wieder zurechtrücken, wieder normal sprechen und sich auf das erste Mal freuen.
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#2 QueerBierHereEhemaliges Profil
  • 26.07.2019, 17:00h
  • Antwort auf #1 von re2wfrwsf
  • Shitstorm incoming in 3,2,1... @"normal" sprechen.... ;)

    Zum Thema: puh, ich würde sowas von durchrasseln ey.... Die Handhabung der Angelegenheit is aber auch schwierig, man kann Homosexualität schlichtweg nicht prüfen.... Und da im Alltagsleben eben nur die homosexuellen sichtbar sind (sprich: aus der Masse heraus stechen) die eben mehr den Klischees entsprechen is da natürlich ein falsches (sprich: limitiertes) bild vorhanden...

    Werden diese "Prüfungen" egtl in deutscher Sprache durchgeführt oder haben die wenigstens einen tauglichen dolmetscher?
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#3 LesenAnonym
#4 BaerchenProfil
  • 26.07.2019, 18:25hzuhause
  • Es ist einfach nur zum k....n...ich hasse dieses klischeehafte Schubladendenken. "...kann doch garnicht sein, Du siehst garnicht schwul aus..." höre ich selbst oft...MANN...nicht jeder rennt rum mit Handtäschchen und heiteitei.. antworte ich gewöhnlich obwohl ich oft denke: "...Vollhonks...ich würde am liebsten ausholen..." Ist doch so. Ich frage mich immer wieder woher die Hetenwelt nur diesen Quatsch her hat?
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#5 QueerBierHereEhemaliges Profil
#6 ErklärbärAnonym
#7 BaerchenProfil
#8 Homonklin44Profil
  • 26.07.2019, 19:11hTauroa Point
  • Unter dem Hintergrund der verbreiteten Unkunde und des Klischeedenkens in (immerhin) Behörden, muss man die Frage, welches Land rückständig ist, das, woher man fliehen musste, oder das, welches einen aufnehmen soll, schon mehrfach drehen und wenden. Ein Land, dass Menschen bedroht, weil sie unerwünscht lieben, m Vergleich zu einem, das Schwule nicht für schwul akzeptiert, weil sie nicht wie erwünscht schwul sind, die sind beide Male schlagseitig rückständig.

    Vermutlich haben die Behörden aber sowas wie Auflagen dazu, möglichst viele Anträge abzulehnen, und kommen so auf die Art Drangsaliermethoden.
    Oder da hocken tatsächlich die alten Zöppe drin, die anderswo keinen Posten mehr erhalten konnten, und am Telefon noch eine Wählscheibe benutzen!

    Die Sache mit den hostil eingestellten Dolmetschern höre ich auch nicht zum ersten Mal, und nicht nur in diesem Zusammenhang wäre das geläufig. Somalia, Eriträa ... und wenn der Übersetzer von einem verfehdeten Clan stammt, hat selbst ein am Leben Bedrohter keine Chance.
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#9 DramaQueen24Ehemaliges Profil
  • 26.07.2019, 20:26h
  • Ein dreifach hoch auf dumme Vorurteile und Klischees, weil nur so junge LGBTIQ-Flüchtlinge ein Bleiberecht bekommen. Armutszeugnis für die BAmf.
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#10 PiakAnonym
  • 26.07.2019, 21:42h
  • Antwort auf #2 von QueerBierHere
  • Es gibt Dolmetscher, aber die sind oft selbst das Problem. Ich erinnere mich an eine Zeugenvernehmung, bei der die russische Dolmetscherin einfach irgendwelche Dinge zusammenphantasierte, die in der Sache nicht das geringste mit der Aussage zu tun haben konnte. Es half auch nichts, dass der Vorsitzende Richter, der selbst ein paar rudimentäre Russischkenntnisse besaß, sie mit hochrotem Kopf anbrüllte, dass sie das Gesagte übersetzen solle und keine Geschichten erfinden. Aber sie hat weiter stur auch kurze Antworten zu langen, rein spekulativen Geschehnissen ausgeschmückt, von denen sie sich offenbar vorstellen könnte, dass es so gewesen sein könnte (es ging um die Aufklärung eines Kündigungssachverhalts).
    Man stelle sich einen strenggläubigen Dolmetscher vor, der LGBTI-Dinge übsetzen soll ... die Horrorberichte sind nicht übertrieben, wie man von entsprechenden Behördenmitarbeitern erfahren kann, die das als Routine erleben.
    Problemlösung? Keine Ahnung, wohl nur viel mehr Geld für entsprechend geschulte und sensibilisierte Dolmetscher.
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