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Polen
Katholische Bischofskonferenz: PiS-Regierung darf keine LGBTI-Rechte gewähren
Die Bischofskonferenz in Polen verschärft weiter ihre Rhetorik gegen sexuelle und geschlechtliche Minderheiten.

Erzbischof Stanislaw Gadecki sieht sich eher als politischer Aktivist denn als religiöser Seelsorger
- 8. August 2019, 16:40h 2 Min.
Schwule, Lesben, Bisexuelle und Transpersonen seien zwar "unsere Brüder und Schwestern", allerdings dürfe dies nicht zur "Akzeptanz einer Ideologie" führen, "die gesellschaftliche und zwischenmenschliche Beziehungen" revolutionieren wolle. Mit dieser Aussage stellte der Chef der katholischen Bischofskonferenz in Polen, Stanislaw Gadecki, am Donnerstag klar, dass der Staat etwa gleichgeschlechtliche Beziehungen nicht rechtlich anerkennen dürfe. Sein kritischer Kommentar auch zu Schulaufklärung über LGBTI und "sogenannten 'Pride-Märschen'" wurde auf der Homepage der Bischofskonferenz veröffentlicht.
Gadecki appellierte an die polnische Regierung, Forderungen von LGBTI-Aktivisten und Bürgerrechtlern nicht nachzugeben. Er begründete dies damit, dass die homosexuelle "Ideologie den natürlichen Geschlechterunterschied und die gegenseitige Ergänzung von Mann und Frau" ablehne. LGBTI-Aktivisten würden "unter dem Vorwand, Diskriminierung zu bekämpfen", versuchen, ihre ideologischen Ziele durchzusetzen.
"Ideologischer Totalitarismus"
In dem Text sprach Galecki auch von einem "ideologischen Totalitarismus" durch LGBTI-Aktivisten und "Arbeitgeber" – offenbar ein Hinweis auf die Antidiskriminierungsrichtlinien des schwedischen Möbelhauses IKEA, die von der katholischen Kirche letzten Monat kritisiert worden waren (queer.de berichtete). Er forderte, dass in der öffentlichen Debatte "nicht nur die Unterstützer der genannten Ideologie, sondern auch die Gegner" das gleiche Recht hätten, gehört zu werden.
Die Äußerung kommt nach mehreren Attacken polnischer Bischöfe gegen Homo- und Transsexuelle. In den letzten Tagen bat etwa Weihbischof Miroslaw Milewski Gottesmutter Maria um Hilfe gegen die "kranke LGBT-Ideologie", während der Krakauer Erzbischof Marek Jedraszewski in einer Predigt vor der "Regenbogen-Pest" warnte. Auf die öffentliche Kritik an diesen Worten samt Protesten vor dem Bischofssitz bezog sich Galecki in seiner Warnung vor einem "Totalitarismus". Bereits vor wenigen Monaten hatte die Bischofskonferenz erklärt, dass Homosexuelle "der europäischen Zivilisation fremd" seien.
Anlass für die Attacken der katholischen Kirche sind gesellschaftliche Debatten über LGBTI-Rechte, Antidiskriminierungsrichtlinien auf kommunaler Ebene, die augenblickliche CSD-Saison und Parlamentswahlen im Oktober. Die neue Oppositionspartei "Wiosna" (Frühling) fordert etwa nicht nur die Ehe für alle, sondern wird mit Robert Biedron auch von einem offen schwulen Politiker angeführt (queer.de berichtete). Bei der Europawahl erreichte Wiosna mit sieben Prozent der Stimmen den dritten Platz (queer.de berichtete).
Die rechtspopulistische Regierung der PiS-Partei lehnt dagegen jegliche Anerkennung von LGBTI-Rechten ab und erwägt sogar CSD-Verbote (queer.de berichtete). Im April hatte Parteichef Jaroslaw Kaczynski erklärt, LGBTI-Rechte bedrohten die Existenz Polens (queer.de berichtete). Mehrere PiS-geführte Gemeinden und Regionen beschlossen in den letzten Monaten Resolutionen, in denen sie sich als "frei von der LGBT-Ideologie" bezeichneten. (dk)
