Der Großteil der Berliner Bevölkerung hat mit Schwulen und Lesben keine Probleme. Das geht aus der am Mittwoch vom Berliner Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) vorgestellten Studie "Berlin-Monitor" (PDF) hervor, einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage zu politischer Kultur und Partizipation, gruppenbezogenen Vorurteilen und Diskriminierungserfahrungen der Hauptstadtbewohner. Schwerpunkt der von Forschern der Universität Leipzig und der Hochschule Magdeburg-Stendal erstellten Studie war der Antisemitismus, es wurden aber auch mehrere Fragen zur Akzeptanz queerer Personen gestellt. Die Studie soll künftig alle zwei Jahre aufgelegt werden.
Laut der Befragung gaben 86 Prozent an, Homosexualität sei "etwas völlig Normales". Lediglich sechs Prozent hielten Homosexualität für eine Krankheit, die geheilt werden müsse. Neun Prozent gaben an, Transsexualität sei eine Gefahr für die gesellschaftliche Ordnung.
Mehr als die Hälfte der Befragten (58 Prozent) forderte "zwingend" Maßnahmen gegen die Diskriminierung von sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten. Dagegen äußerte jeder Fünfte (21 Prozent) die Meinung, dass sich "überzogene" Forderungen der Gleichberechtigung "gegen die Natur von Frauen und Männern" richteten.

Gruppenbezogene Vorurteile gegen andere Minderheiten waren höher als die gegen LGBTI. So stimmten 29 Prozent der These "Die Anzahl der Muslime ist in Deutschland zu hoch" zu, 13 Prozent forderten einen Zuwanderungsstopp für Muslime. 27 Prozent zeigten sich davon überzeugt, dass sich Hartz-IV-Empfänger "auf Kosten anderer ein schönes Leben machen". 16 Prozent halten "den Einfluss der Juden" für "zu groß"; zwölf Prozent gaben an, sie glaubten, dass es eine "natürliche Hierarchie zwischen schwarzen und weißen Menschen" gebe.
Laut der Studie gibt es Unterschiede, in welchen Gruppen Homo- und Transphobie besonders oft vorkommt. So heißt es darin, dass die "soziale Abwertung von Homo-/Bisexualität bei Deutschen mit Migrationshintergrund und Personen ohne deutsche Staatsbürgerschaft in der Berliner Bevölkerung höher ausgeprägt [ist] als in anderen Teilen der Berliner Bevölkerung". Während die Haltungen gegenüber muslimischen oder schwarzen Menschen zwischen Berlinern mit oder ohne Migrationshintergrund kaum zu unterscheiden sei, "ist die Zahl derjenigen, die sich mit einer Verbreiterung unterschiedlicher Geschlechteridentitäten schwer tun, unter nichtdeutschen Staatsbürger*innen und Berliner*innen mit Migrationshintergrund etwas höher – wenn auch nicht eine Mehrheit erreichend", so die Autoren.
Religiosität als "bestärkender Faktor"
Auch eine "hohe Religiosität" ist laut der Studie hinderlich für eine positive Haltung zu Homo-, Bi- oder Transsexualität. Die Forscher betonen dabei, dass sowohl bei Christen als auch bei Muslimen religiöser Dogmatismus ein "bestärkender Faktor" für Homo- und Transphobie sei.
"Der Berlin-Monitor zeigt Licht und Schatten", so fasste Justizsenator Behrendt die Ergebnisse zusammen. Islamfeindliche Einstellung und die Abwertung von Langzeitarbeitslosen zeigten etwa, "dass wir uns der Bekämpfung von gruppenbezogenen Vorurteilen weiter zuwenden müssen", so der Grünenpolitiker. "Doch wo Schatten ist, findet sich auch Licht: Das hohe Maß an zivilgesellschaftlichem und politischen Engagement zeigt, dass die Berlinerinnen und Berliner mehrheitlich die Demokratie zu verteidigen bereit sind." (dk)