"You're fired" – "Du bist gekündigt" war mit entsprechender Handgeste jahrelang Trumps Catchphrase in der Show "The Apprentice" (Bild: NBC)
Wie erwartet hat das US-Justizministerium am Freitag in einer schriftlichen Stellungnahme an den Supreme Court zu zwei zu verhandelnden Rechtsfällen erklärt, dass bestehende Bundesgesetze nicht vor einer Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung schützen. Wenige Tage zuvor hatte Noel Francisco, der Solicitor General der USA, das gleiche bereits zum Merkmal Geschlechtsidentität erklärt, in diesem Verfahren als Prozessbeteiligter. Unter dem republikanischen Präsidenten Donald Trump hatte das Ministerium zuletzt mehrfach entsprechend argumentiert und so in der Praxis für die Diskriminierung von LGBTI gekämpft.
Das höchste Gericht wird sich am 8. Oktober in einer Anhörung mit den drei Fällen aus dem Arbeitsrecht befassen, die aus früheren Instanzen vor dem Gericht landeten. Konkret geht es erstens um die Entlassung des Fallschirmsprunglehrers Donald Zarda aus der Nähe von New York, der 2010 von seinem Arbeitgeber wegen seiner Homosexualität gefeuert worden war. Zweitens wird der Fall eines Sozialarbeiters aus Georgia behandelt, den die Bezirksregierung mit Verweis auf sein Schwulsein gekündigt hatte. Drittens soll der Fall von Bestatterin Aimee Stephens aus Michigan behandelt werden, die von ihrem christlichen Arbeitgeber 2013 gefeuert wurde, weil sie eine Geschlechtsanpassung durchführen ließ (queer.de berichtete).
Während einige Bundesstaaten oder zumindest Städte und Regionen entsprechende Diskriminierungen verbieten, konnte sich die Politik in Washington bislang nicht auf ein landesweites Verbot einigen – worauf das Justizministerium jetzt den Supreme Court gezielt hinweist. Einige Gerichte hatten allerdings in den letzten Jahren, mit direkter und indirekter Unterstützung des Justizministeriums unter Trumps demokratischen Vorgänger Barack Obama, eine Rechtsprechung entwickelt, die einen Diskriminierungsschutz aus dem Civil Rights Act aus dem Jahr 1964 herleitete.
Das bahnbrechende Bürgerrechtsgesetz, das unter anderem die Rassentrennung in den Südstaaten beendete, enthält einen Schutz vor Diskriminierung am Arbeitsplatz unter anderem aufgrund der Merkmale Rasse und Geschlecht. Gerichte interpretierten die Diskriminierung von LGBT zunehmend als Geschlechtsdiskriminierung. Die Trump-Regierung hatte in den letzten Jahren bereits in mehreren Gerichtsverfahren, aber auch in Richtlinien etwa für Bildungseinrichtungen, betont, dass sie diese Auffassung nicht mehr teilt. In den vorgelegten Fällen sahen die jeweiligen regionalen Bundesrichter in zwei Fällen ein Diskriminierungsverbot als gegeben an, im Fall des Sozialarbeiters aus Georgia hingegen nicht.
Sorge vor Grundsatzurteil
Nun steht ein Grundsatzurteil des Supreme Court an – und LGBT-Aktivisten sind besorgt. Denn das Gericht, das erst 2015 das Ehe-Verbot für Schwule und Lesben für verfassungswidrig erklärt und die landesweite Ehe-Öffnung angeordnet hatte, ist nach der Ernennung der Richter Neil Gorsuch und Brett Kavanaugh durch Trump in eine konservative Mehrheit gerutscht. Die Ehe-Öffnung war knapp mit fünf zu vier Stimmen erfolgt.
Gorsuch und Kavanaugh sind prominente Befürworter einer weitreichenden Religionsfreiheit, mit der sich LGBT-Diskriminierung aus konservativer Sicht zusätzlich "begründen" bzw. "abwägen" lässt – wie es auch die Regierung von Trump und seines evangelikalen Vizes Mike Pence zunehmend vertritt und umsetzt. Hier könnten in den nächsten Jahren weitere Rechtsfragen vor dem Gericht landen, etwa zu katholischen Adoptionsagenturen, die nicht an schwule Paare vermitteln wollen, oder zum immer wieder aufflammenden Streit um verweigerte Dienstleistungen wie Hochzeitskuchen – in einer ausdrücklich nicht als Grundsatzurteil bezeichneten Entscheidung hatte sich das Gericht im März bereits auf die Seite eines christlichen Konditors gestellt (queer.de berichtete).
Der aktuelle Supreme Court. Die Ernennung von Gorsuch und Kavanaugh könnte das Gericht für Jahre prägen und in der Praxis zur Einschränkung von Rechten von Minderheiten oder etwa dem auf Abtreibung führen. Am Freitag wurde bekannt, dass die 86-jährige liberale Richterin Ruth Bader Ginsburg erneut wegen Krebs behandelt wurde.
Irgendwann wird sich der Supreme Court auch mit Transsexuellen beschäftigen müssen, denen in manchen Bundesstaaten von diesen, von Behörden oder Schulen die Nutzung der zu ihnen passenden Toiletten versagt wird – hier hatten Trump-Ministerien, ebenfalls unter Aufhebung von Auffassungen früherer Zeiten, ein Eintreten für die Transsexuellen verweigert mit dem Hinweis, dass hier die Bundesstaaten am Zug seien. Mittelfristig wird auch Trumps Trans-Verbot im Militär vor dem Gericht landen – der Supreme Court hatte im Januar schon entschieden, dass es einstweilig in Kraft treten kann (queer.de berichtete).
Das heutige Schreiben an den Supreme Court sei bereits der "124. Angriff der Trump-Regierung auf LGBTQ-Menschen", beklagte am Freitag die Organisation GLAAD. Erst vor wenigen Tagen wurden Pläne des Arbeitsministeriums bekannt, dass öffentliche Aufträge der Bundesregierung nicht mehr von einem Diskriminierungsschutz für LGBTI in den Firmen abhängig gemacht werden sollen (queer.de berichtete). Eine entsprechende Richtlinie hatte Obama vor fünf Jahren als Executive Order erlassen. (nb)
Dass im Jahre 2019 in einer westlichen Demokratie Hass und Diskriminierung gesellschaftlicher Minderheiten unter dem Deckmantel der Religionausübung und -angehörigkeit staatlich gefördert wird, ist für mich und jeden aufgeklärten, modernen Menschen unerträglich.
Man möchte brechen. Da bleibt nur die Hoffnung, dass die liberalen Richter des Highcourt noch so lange durchhalten, bis Trumps Amtszeit vorrüber ist, bevor er noch weitere kirchenhörige republikanische Hardliner installieren kann.