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"Das war Unrecht"
Entschädigungsfonds für erzwungene Sterilisationen von trans Menschen gefordert
Bis 2011 wurden trans Personen nur anerkannt, wenn sie sich einer Zwangssterilisation unterzogen haben. Dafür sollen die Opfer dieser Politik nun entschädigt werden, fordern der Bundesverband Trans* und die Grünen.

Noch bis Anfang 2011 mussten sich trans Menschen von Staats wegen unters Messer legen, um in ihrer Identität anerkannt zu werden
- 28. August 2019, 13:38h 2 Min.
Der Bundesverband Trans* (BVT*) hat am Mittwoch einen Entschädigungsfonds für Menschen gefordert, die in Verfahren nach dem Transsexuellengesetz Opfer von erzwungenen Sterilisationen geworden sind. Schweden hatte 2018 als erstes Land der Welt eine derartige Entschädigung beschlossen (queer.de berichtete). Das skandinavische Land hatte im selben Jahr auch Deutschland im UN-Menschenrechtsrat empfohlen, dem Beispiel zu folgen. Die Bundesregierung erklärte aber im Mai, sie sehe "keinen Bedarf" für einen Entschädigungsfonds.
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"Der Bundesregierung steht es nicht zu, den Bedarf einzuschätzen", erklärte BVT*-Sprecherin Wiebke Fuchs. "Zwischen 1981 und 2011 sind in Deutschland mehr als 10.000 Menschen zwangsweise sterilisiert worden. Sie hatten keine andere Wahl, wenn sie ihr Geschlecht juristisch anerkennen lassen wollten."
Fuchs betonte, dass trans Personen nur selbst und ohne Zwang die Einschätzung hätten treffen dürfen, ob sie diesen Schritt gingen. "Sterilisation als Bedingung für die juristische Anerkennung des Geschlechts bedeutet nichts anderes als 'Fortpflanzung unerwünscht'! Die Bundesregierung muss anerkennen, dass das Unrecht war und einen Entschädigungsfonds auflegen." Das Bundesverfassungsgericht hatte 2011 die Pflicht im Transsexuellengesetz für verfassungswidrig erklärt.
Grüne: Entschädigungsfonds "dringend notwendig"
Unterstützung erhalten die Aktiven des BVT* von der grünen Bundestagsfraktion: "Der Rechtsstaat beweist seine Überlegenheit in der Korrektur von Unrecht, das er zu verantworten hat. Daher ist ein Entschädigungsfonds für trans- und intergeschlechtliche Menschen für jahrelange menschenunwürdige Behandlung dringend notwendig", erklärte Sven Lehmann, der grüne Sprecher für Queerpolitik, als Reaktion auf die BVT*-Forderung. Dass die deutsche Bundesregierung erkläre, sie sehe keinen Bedarf für einen Entschädigungsfonds, sei ein Armutszeugnis.

Sven Lehmann ist seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages (Bild: Deutscher Bundestag / Achim Melde)
Lehmann verwies auch auf das Schicksal intergeschlechtlicher Menschen, die in der Regel mehrfachen Operationen insbesondere im Säuglings- und Kindesalter unterzogen wurden. Sie würden sich oft als Opfer von Verstümmelungen fühlen. "Für dieses Unrecht und insbesondere für die Verletzung körperlicher Unversehrtheit verdienen die beiden Gruppen eine Entschädigung."
Die Grünen würden daher einen kollektiven Entschädigungsausgleich fordern, der der historischen und gesellschaftlichen Aufarbeitung des Unrechts diene und breit angelegte Maßnahmen gegen Inter*- und Trans*feindlichkeit enthalte. Derartige Forderungen habe die Partei im Frühjahr in einem ausführlichen bundesweiten Aktionsplan für sexuelle und geschlechtliche Vielfalt in den Bundestag eingebracht (queer.de berichtete). Über das Thema fand am 6. Juni eine Debatte statt (queer.de berichtete). (dk)

Denn diese Zwangssterilisationen, die der deutsche Staat bis vor 8 Jahren erzwungen hat, waren schwerstes Unrecht, eine Verletzung des Rechts auf körperliche Unversehrtheit und ein schwerer Verstoß gegen Art. 1 GG, wonach die Würde des Menschen unantastbar ist.
Für dieses schwere Unrecht muss der Staat als Täter geradestehen.
Das kann man leider nicht ungeschehen machen, aber der Staat muss zumindest für seine Taten geradestehen und die Opfer angemessen entschädigen.