In der französischen Ligue 1 hat am Mittwochabend erneut ein Schiedrichter ein Spiel wegen homofeindlicher Sprechchöre unterbrochen. In der 28. Minute stoppte Clément Turpin das südfranzösische Derby zwischen OGC Nizza und Olympique Marseille, nachdem Fans trotz zweier vorheriger Aufforderungen des Stadionsprechers weiter homophobe Sprechchöre von sich gaben.
Nizza-Ultras sangen etwa, dass Menschen aus Marseille "Schwuchteln" seien. In den Rängen gab es zudem zwei homofeindliche Transparente: Eines warf der Liga vor, mit mehr umzäunten Tribünenbereichen "mehr schwule Stadien" zu schaffen. Ein anderes bezog sich auf die Übernahme von Nizza durch den Milliardär Jim Ratcliffe, Gründer und Vorstand des Chemieunternehmens Ineos: "Willkommen in der Gruppe Ineos. In Nizza lieben wir auch die Schwuchteln." Die Begriff "Pedale" und "Gay" waren dabei in Regenbogenfarben auf die Banner gezeichnet worden.
Die Chöre gingen auch weiter, nachdem Turpin, der zwischenzeitlich mit Spielabbruch drohte, die Teams in die Kabinen geschickt hatte. Zuvor hatten Nizza-Spieler vergeblich versucht, auf die Fans einzureden.
Drei Unterbrechungen an einem Spieltag
Das Spiel in Nizza gehörte als Nachzügler zum dritten Spieltag, es war wegen des hohen Polizeibedarfes für den G7-Gipfel in Biarritz vom Wochenende auf Mittwoch verlegt worden. An dem Wochenende waren bereits zwei weitere Spiele der höchsten französischen Liga wegen homophober Sprechchöre unterbrochen worden (queer.de berichtete).
Am Samstag wurde das Spiel Stade Brest gegen Stade Reims für einige Minuten gestoppt, am Sonntag das Spiel zwischen AS Monaco und Olympique Nîmes. Es handelte sich um die ersten entsprechenden Handlungen in der Ligue 1, nachdem in der Vorwoche – als Premiere im französischen Profißuball – bereits das Zweitligaspiel zwischen AS Nancy und FC Le Mans wegen homophober Sprechhöre unterbrochen wurde (queer.de berichtete).
Historische Bestrafung für Nancy
Vor Beginn dieser Saison waren die Schiedsrichter angewiesen worden, Homophobie auf den Rängen ebenso zu bestrafen wie bereits in den letzten Jahren Rassimus. Die Vorfälle können auch zu Strafen für Vereine und Fans führen. Am Mittwochabend tagte die Disziplinarkommission der Liga zu Spielen in beiden Ligen bis zum vorletzten Spieltag. Wegen diskriminierender Gesänge in ganzen drei Spielen wurde die AS Nancy-Lorraine bestraft.
Medien führten die Sanktionierung vor allem auf den homophoben Gesang im Spiel gegen den FC Le Mans zurück; es war der einzige Spielabbruch in den drei Spielen. Die Bestrafung: Die gesamte Fan-Tribüne, von der die Gesänge kamen, muss bei einem noch zu benennenden Heimspiel unbesetzt bleiben. Die zu schließende Piantoni-Trübune umfasst eine ganze Stadion-Seite hinter einem Tor. Der Club kann noch Einspruch gegen die Entscheidung einlegen, die die erste ihrer Art aufgrund von Homophobie ist.
Frankreichs Sportministerin Roxana Maracineanu und die Staatssekretärin für Gleichstellung, Marlène Schiappa, hatten den Spielabbruch nach dem Spiel gelobt und danach immer weiter das neue konsequente Vorgehen gegen Homophobie im Fußball verteidigt, das ein großes Problem in den Mittelpunkt rücke. Das Vorgehen schürte in sozialen Netzwerken und auf den Rängen zugleich zusätzliche Homophobie und Trotzreaktionen. (nb)
Interessant die verbindung von "gefühlten sonderrechten und luxusestablisement in einem vormals den "kleinen leuten" ( fußball der arbeitersport..) gehörenden sportsegment.
Die "vip-lounge als symptom der eigentumsverteilungen.
Interessant auch, wie die selbstvermarktung des "schwulen" als in der mitte der gesellschaft ankommend, nun genau auf ihn zurück fällt: schwul gleich überheblich.
Die gleichen kriterien die uns als teil einer erfolgreich agierenden gemeinschaft ausdeutet, wenden sich nun als neid-theorie gegen uns.
Der unvermeidbare klassenkampf treibt seine blüten!
Sichtbar werden die zusammenhänge aus sport-fiktivwelt als wiederspiegelung gesellschaftlicher verhältnisse in eine/r verteilungs-realwelt.
Da lässt sich in träumen schwelgen...
Vom kicker zum multimillionär.
Die mit großem aplomb gefeierten transfer-summen stören nicht, so sie die mannschaft auf auf siegesspur halten. Egal, wo dann das geld herkommt... Und wenn der sponsor schwul wäre auch egal. Wehe aber die auf tribünen gepferchten werden um ihre vermeintlich angestammten plätze betrogen...
Da schäumt die masse.
Sie erkennt den betrug, aber nicht die betrüger!
Und ihre rolle als betrogene wird ihnen nur rudimentär bewusst. Entsprechend auch ihre suche nach schuldigen. So wie sie die schwachen im system sind ( und bleiben!), so suchen sie nach vermeintlich schwächeren denen man die schuld zuweisen kann.
Im von heteronormierten riten durchzogenen fußballzirkus ist der nichtheteronormierte offenes ziel, auf dem jeder gesellschaftlicher frust abgeladen werden kann.
Bemerkenswert doch die tatsache, dass die zwar dem "schwulen/schwuchteln" an sich schwäche und vorteilsnahme unterstellen.
Ihre eigene schwächen und vorteilsnahmen aber nur ungern als schwuchtelschwul tituliert sehen wollten.
Als schwuler (!) seh ich da in den bannerträgern nur einen haufen von "heteroschwuchteln!
All das uns schwulen unterstellte, drückt sich da in übelster gemeinheit aus!
Schwache individuen in masse sind immer noch gefährlich. Sie bestimmen selbst in einer minderheitenposition ein gesamtbild.
Wie sie dekonstruieren?
Durch fußballverweigerung?
Zwangsmaßnahmen gegen den zuschauer?
Stadionsverbote?
Oder durch eine "entschwulung des begriffes schwul.
"SCHWUL - Schwuchtel" als kampfbegriff wieder entdecken.
Wie vormals in der schwulenbewegung die vereinnahme des begriffes auch dessen inhaltliche veränderung mit sich führte.
Wir dürfen denen da auf den rängen nicht die nutzung unseres "namens" überlassen ohne weiter einfluß auf desssen deutung zu haben.
Nicht der "schwule/schwuchtel schafft die vip-sonderbühnnen, erhöht die eintrittspreise, sondern der kapitalist!
Schwule fußballanhänger sollten mit plakaten-bannern als schwule-schwuchteln (!) gegen die dort stattfindende ausbeutung in den stadien und im sport auffallen.
Den angriff da unterlaufen, wo gewollte diffamierung sich als nutzlos entlarft und gleichzeitig den richtigen adressaten nennen: den kapitalisten!
Kapital- kapitalist muss das schimpfwort der zukunft wieder(!) werden.