Hewdig von Beverfoerde, Organisatorin der "Demo für alle", 2017 auf ihrer Bus-Tour in Köln (Bild: nb)
Das homo- und transfeindliche Bündnis "Demo für alle" (DfA) hat zu den Landtagswahlen am Sonntag in Brandenburg und Sachsen die Parteien zu ihren Anliegen befragt und die Antworten unter der anmaßenden wie ausgrenzenden Überschrift "Wen sollen Familien wählen?" veröffentlicht. Regenbogenfamilien oder Familien mit queeren Kindern hat es dabei offensichtlich nicht im Sinn.
Bereits in der ersten Frage beklagt das Aktionsbündnis rund um Hedwig von Beverfoerde, dass Schüler in Brandenburg zur "Akzeptanz sexueller Vielfalt" erzogen werden sollen. Das verstoße "gegen das Indoktrinationsverbot", sei verfassungswidrig und untergrabe das Erziehungsrecht der Eltern. "Kindeswohl und Elternrecht haben oberste Priorität".
SPD, Linke und CDU lehnen diese Einschätzung ab. "Der Lehrplan enthält keine schamverletzende Inhalte, sondern klärt lediglich auf", meint etwa die CDU. Die SPD versucht, die Politik des Landes ausführlich zu erklären und die Viefaltsgegner vom Sinn der Vermittlung von "Vielfaltskompetenz" zu überzeugen: Es gelte, "vorurteilsfreies und diskriminierungsfreies Verhalten im Umgang mit anderen Kindern und Jugendlichen zu befördern". Die Grünen hatten der "Demo für alle" offenbar überhaupt nicht geantwortet, die FDP mutmaßlich auch nicht. Die AfD hingegen betont: "Der Staat darf Eltern in ihrem Erziehungsrecht nicht übergehen. Die Indoktrination unserer Kinder mit einem links-grünen Sexualbild darf nicht länger geduldet werden."
Die Bewertung der Parteien aus Sicht der DfA
"Immer mehr Schulen arbeiten bei der Sexualerziehung unter dem Stichwort 'Queere Bildung' mit externen LSBT…-Gruppen zusammen, die Workshops zu 'sexueller Vielfalt' anbieten", beklagt die DfA, die dafür eintritt, "dass Lobbygruppen der 'Sexuellen Vielfalt' als externe Partner bei der Schulaufklärung nicht zugelassen werden". Erneut stimmt nur die AfD zu: "Statt dem Erlernen von Sexualpraktiken sollen unsere Kinder mehr Zeit mit Mathe und Deutsch verbringen, damit das deutsche Bildungssystem nicht vollstädnig koalbiert. Keine Indoktrination in Kita und Schule, keine Konfrontation mit persönichkeitsverletzenden und teil pornografischen Tendenzen" (die Zitate stammen samt Rechtschreibfehlern von der Webseite der DfA, die die originalen Antwortschreiben nicht veröffentlichte).
Alle diese "Tendenzen" sind in Workshops von Gruppen wie SCHLAU nicht vorgesehen, was AfD und DfA aber nie gestört hat. In Wahlprüfstein 3 wird die "Sexualpädagogik der Vielfalt" diffamiert: "In Kitas und Schulen haben schamverletzende und stimulierende Inhalte (…) nichts zu suchen", meint die DfA. Die Linke antwortet: "Ja, das hat aber nichts mit sexueller Aufklärung und einer Sexualpädagogik der Vielfalt zu tun", was Beverfoerde & Co. als Zustimmung werten. Die CDU meint: "Wir sind gegen eine Frühexualisierung, können aber auch keine solcher Tendenzen erkennen."
"Gender Mainstreaming muss abgeschafft werden"
"Wir lehnen – insbesondere in Kitas und Schulen – Maßnahmen des Gender Mainstreaming ab, die statt die Gleichberechtigung der Geschlechter sicherzustellen, einer Verwirrung der Geschlechtsidentität Vorschub leisten", meint die "Demo für alle" weiter. Die AfD ist dafür: "Gender Mainstreaming muss abgeschafft werden." Die CDU meint: "Sensibilisierung für Geschlechterbilder ist richtig, Bevormundung darf es nicht geben." Die Linke betont: "Es geht um Anerkennung sexueller Identitäten und deren Gleichstellunng."
Auch das evangelikale Magazin "pro" fasste die DfA-Wahlprüfsteine zusammen
"Jedes Kind hat von Natur aus das Recht, eine Mutter und einen Vater zu haben (…) Dieses Recht auf Mutter und Vater muss auch im Fall einer Adoption geachtet werden", ätzt die DfA gegen ein Adoptionsrecht für Homosexuelle. Die CDU stimmt "zumindest in bezug auf die Anpassung des Abstammungsrechts" zu. "Eine Adoption im Rahmen der Stiefkindadoption sollte auch künftig für alle möglich sein." Die SPD will hingegen ein "modernes Adoptionsrecht" unter Berücksichtigung "der vielfältigen Familienformen". "Soziale Bezugspersonen, die Verantwortung für ein Kind übernehmen, haben Vorrang", meint die Linke.
"Die Praxis der Leihmutterschaft degradiert Frauen zu bloßen Gebärapparaten und macht Kinder zu Vertragsobjekten" und solle verboten bleiben, meint die DfA. Nur die SPD gibt dazu eine differenziertere Antwort ab; AfD, CDU und Linke lehnen Leihmutterschaft ab. Gegen eine Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz ist nur die AfD – da sich der Staat damit "durch eine Hintertür Eingriffsmöglichkeiten in die Rechte der Eltern" eröffne.
AfD und DfA für "traditionelles Familienbild"
In Sachsen sind die Fragen und Antworten der Parteien recht ähnlich wie in Brandenburg ausgefallen. Details listet die "Demo für alle" auf ihrer Webseite. Hier haben auch die Grünen geantwortet. Pauschal betonen sie: "Wir stehen für eine offene und vielfältige Gesellschaft und wollen, dass Menschen jeden Geschlechts und sexueller Orientierung in Sachsen OHNE DISKRIMINIERUNG leben können, egal ob jung oder alt. Ihre Forderungen teilen wir explizit nicht!"
In Sachsen bewertet die DfA auch die "blaue Partei" der früheren AfD-Politikerin Frauke Petry. Ihre konkreten Antworten wurden nicht veröffentlicht
Die CDU betont Elternrechte und verlangt, "nicht nur einseitig über sexuelle Vielfalt zu sprechen", verteidigt aber entsprechende Angebote letztlich. Sie stimmt der DfA zu, dass Kinder ein Recht auf Vater und Mutter hätten.
Die AfD verweist in ihrer Zustimmung zu allen Punkten auf ihre Programme zur Europa- sowie zur Landtagswahl, etwa auf Punkt 5.1.9 des regionalen "Regierungsprogramms". Darin heißt es: "Die 'Sexualpädagogik der Vielfalt' stellt einen unzulässigen Eingriff in die natürliche Entwicklung unserer Kinder dar. Dadurch werden diese in Bezug auf ihre sexuelle Identität verunsichert. Die AfD lehnt alle Versuche ab, das traditionelle Familienbild zu beseitigen. Das ideologische Experiment der Frühsexualisierung ist zu beenden." Auch Punkt 5.2.5 ("Kein Geld mehr für die 'Genderwissenschaft', keine Gender-Quoten") wird bemüht.
Szenischer Protest der "Demo für alle" kürzlich vor dem Bundesfamilienministerium: Regenbogeneltern als Bedrohung für das Kind, gegen die man sich auch körperlich zur Wehr setzt (der Kontext)
Die "Demo für alle" war einst im Rahmen der "Initiative Familienschutz" der AfD-Politikerin Beatrix von Storch und ihres Ehemanns Sven entstanden und ist inzwischen offiziell eigenständig. Die erzkatholische Organisatorin Hedwig von Beverfoerde war bis vor einigen Jahren CDU-Mitglied. In den letzten Jahren sorgte das Bündnis vor allem mit homo- und transfeindlichen Bustouren, "wissenschaftlichen" Kongressen zur Vernetzung von Homo-Hassern und, ebenfalls in Zusammenarbeit mit international vernetzten Gruppen wie "Citizen Go", queerfeindlichen Online-Petitionen und entsprechendem Lobbyismus für Schlagzeilen. (nb)