Die Lokalnachrichten der New Yorker Fernsehsender berichteten groß über das Verfahren und das Urteil (Bild: WCBS-TV)
Ein jetzt 20-jähriger Schwuler ist am Dienstag wegen Totschlags eines Mitschülers zu einer Haftstrafe von 14 Jahren verurteilt worden. Die Tat hatte sich in einer öffentlichen Highschool im New Yorker Stadtbezirk Bronx ereignet. Die harte Bestrafung ist umstritten, weil der Schüler jahrelang wegen seiner sexuellen Orientierung gemobbt worden war, ohne dass Lehrer, Eltern oder Mitschüler etwas dagegen unternommen hätten.
Abel Cedeno, der in manchen Medienberichten auch als bisexuell beschrieben wird, wurde bereits im Juli wegen Totschlags, Körperverletzung und ungesetzlichen Waffenbesitzes schuldig gesprochen. Richter Michael Gross entschied am Dienstag, den Angeklagten nach Erwachsenenrecht zu einer Haftstrafe von 14 Jahren für den Totschlag, sieben Jahren für Körperverletzung und 90 Tagen für den Waffenbesitz zu verurteilen. Der Angeklagte darf die drei Strafen gleichzeitig absitzen. Die Staatsanwaltschaft hatte 30 Jahre Haft gefordert.
Die Verteidiger Cedenos haben bereits angekündigt, Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen zu wollen. Sie hatten vor Gericht Regenbogen-Pins am Revers getragen und beklagt, dass ihr Mandant ein Opfer von Homophobie gewesen sei. Cedeno hatte ausgesagt, in Notwehr gehandelt zu haben. Ihm tue die Tat leid.
"Ich war alleine und mir hätte niemand geholfen"
Der Fall ereignete sich im Jahr 2017. Cedeno hatte ausgesagt, dass er aufgrund des Mobbings ausgeflippt sei. Als ein 15-jähriger Schüler ihn – in einer voll besetzten Klasse in Gegenwart von drei Erwachsenen – attackierte, habe er ein Messer aus seiner Tasche genommen, das er zuvor als Abschreckung für 44,89 Dollar bei amazon.com gekauft habe. Er stach auf den Angreifer ein, der später im Krankenhaus starb. Einer der Lehrer sagte aus, dass der 15-Jährige ihn kurz vor dem Vorfall zur Seite geschubst habe, um Cedeno zu attackieren.
Bei der chaotischen Szene, die auch auf Handyvideos aufgenommen wurde, verletzte er auch einen 16-Jährigen, der ihn ebenfalls gemobbt haben soll. "Ich war alleine und mir hätte niemand geholfen", so Cedeno während des Verfahrens. "Also habe ich das Messer herausgenommen."
Richter Gross erkannte zwar an, dass Cedeno jahrelang gemobbt worden sei: "Sie haben einen Preis für das Mobbing bezahlt – ihr Selbstbild und ihre psychische Gesundheit wurden beeinträchtigt", so Gross. "Aber das entschuldigt nicht, was Sie getan haben." Cedeno habe nicht nur einen Menschen getötet, sondern alle im Raum befindlichen Schüler lebenslänglich "traumatisiert", warf Gross dem Angeklagten vor.
Vorwürfe und Klage gegen Schule
LGBTI-Aktivisten beschuldigten die Schule, nicht genug gegen Mobbing getan zu haben. "Es waren drei Erwachsene im Klassenzimmer. Abel zahlt jetzt den Preis dafür, dass die Schule nichts gegen Mobbing und Gewalt getan hat", erklärte Mustafa Sullivan von der New Yorker LGBTI-Jugendorganisation Fierce.
Juristisch geht der Fall auch auf einer anderen Ebene weiter: Cedeno verklagt derzeit die New Yorker Schulbehörde, weil sie jahrelang das Mobbing zugelassen habe und damit ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen sei. (dk)
Wie viel Jahre - ähm - Minuten hätte wohl ein weißer, heterosexueller cis Mann bekommen, wenn er einen Angreifer getötet hätte?
Und wie viel Monate, wenn der "Angriff" einzig und allein darin bestanden hätte, homosexuell zu sein?