Der frühere britische Premierminister David Cameron bereut es nicht, in seiner Amtszeit die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare durchgesetzt zu haben – im Gegenteil: Die Ehe für alle sei "eines der Dinge, auf die ich am stolzesten bin", schreibt der konservative Politiker in seinen Memoiren "For the Record" (Fürs Protokoll), die am Donnerstag erscheinen. Auszüge wurden bereits in der "Times" veröffentlicht.
Die Öffnung der Ehe gehöre zu den "umstrittensten Themen" in seiner Zeit als Regierungschef, räumt Cameron in seinem Buch ein. "Ich wusste, wir würden Parteimitglieder verlieren. Einer kam sogar in meine Sprechstunde und zerriss seinen Mitgliedsausweis. Es war ein Thema, dass mich in Schwierigkeiten bringen oder sogar stürzen könnte. Aber ich bereue absolut nichts, und es ist eines der Dinge, auf die ich am stolzesten bin."
Haschisch-Beichte und Kritik am Nachfolger
Camerons Memoiren sind ab 19. September im Buchhandel erhältlich
Cameron war seit 2005 Vorsitzender der konservativen Tories in Großbritannien und von 2010 bis 2016 Premierminister. Nach dem Ergebnis des von ihm selbst einberufenen EU-Referendums trat er zurück.
In seinen mit über 750 Seiten sehr umfangreichen Memoiren verteidigt der 52-Jährige die verlorene Brexit-Abstimmung, übt aber auch scharfe Kritik an seinem Parteifreund und Nachfolger Boris Johnson. Darüber schreibt er etwa über seinen Haschisch-Konsum am Elite-Internat Eton. Die Einnahmen aus dem Verkauf des Buches will der Ex-Regierungschef an Wohltätigkeitsorganisationen spenden.
Großbritanniens konservative Partei galt über Jahre als äußerst homophob und hatte in den Achtzigerjahren unter Premierministerin Margaret Thatcher unter anderem Homo-"Propaganda" an Schulen verboten ("Section 28"). Erst David Cameron zwang seine Partei auf nationaler Ebene zu einem LGBTI-freundlichen Kurs. So warb er 2011 auf einem Parteitag vehement für die Öffnung der Ehe (queer.de berichtete).
"Jedem, der diesem Thema reserviert gegenüber steht, sei gesagt: Ja, es geht um Gleichberechtigung, aber es geht auch um etwas anderes, nämlich darum, Verantwortung für einen Menschen zu übernehmen", so Cameron damals in seiner viel beachteten Rede. Das sei ein konservatives Konzept. "Die Gesellschaft wird stärker, wenn wir Verantwortung übernehmen und einander unterstützen. Ich bin nicht für die Ehe-Öffnung, obwohl ich ein Konservativer bin; ich unterstütze die Ehe-Öffnung, weil ich ein Konservativer bin." (cw)