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USA
Gericht: Diskriminierung von Homosexuellen ist ein Grundrecht für Gläubige
Das höchste Gericht von Arizona erteilt einem von Christinnen geführten Unternehmen das Recht, gleichgeschlechtliche Paare zu diskriminieren.

Joanna Duka and Breanna Koski werden in konservativen US-Medien als Kämpferinnen für die Religionsfreiheit gefeiert (Bild: Screenshot Fox News Channel)
- 17. September 2019, 12:25h 3 Min.
Ein Schreibwarenladen in der Millionenstadt Phoenix hat sich vor dem Supreme Court des US-Bundesstaates Arizona das Recht erstritten, homosexuelle Kunden in bestimmten Fällen ablehnen zu dürfen. Die Höchstrichter erklärten in ihrer am Montag verkündeten Entscheidung, dass eine Antidiskriminierungsverordnung der Stadt Phoenix, die auch Diskriminierung aufgrund von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität beim Zugang zu Dienstleistungen verbietet, das verfassungsmäßige Recht auf Religionsfreiheit verletze. Die Entscheidung fiel mit vier gegen drei Richterstimmen äußerst knapp aus. LGBTI-Aktivisten zeigten sich über das Urteil besorgt, wiesen aber darauf hin, dass Christen weiterhin kein pauschales Recht hätten, Homo- und Transsexuelle zu diskriminieren.
Im Fall ging es um den Phoenixer Laden Brush & Nib der konservativen Christinnen Joanna Duka and Breanna Koski. Sie hatten 2016 die Stadt Phoenix verklagt, weil die Antidiskriminierungsverordnung ihre Religions- und Kunstfreiheit einschränke. Das Duo argumentierte, dass es nicht gezwungen werden könne, Hochzeitseinladungen oder ähnliche künstlerische Dokumente für gleichgeschlechtliche Paare anzufertigen, da diese Beziehungen nicht den persönlichen christlichen Überzeugungen der Besitzerinnen entspreche. Homosexuelle Paare hätten aber das Recht, in ihrem Laden vorgedruckte generische Hochzeitskarten zu kaufen.
In den ersten Instanzen hatten Duka und Koski noch verloren. Die Richtermehrheit im Supreme Court argumentierte jedoch, dass die Landesverfassung von Arizona und Gesetze zum Schutz der Religionsfreiheit den Frauen das Recht geben, keine Hochzeitseinladungen für Homo-Paare anfertigen zu müssen.
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Langjähriger Kulturkampf mit Parallelen zu den Sechzigerjahren
Mit dem Rechtsstreit ist ein seit Jahren schwelender Konflikt um Antidiskriminierungsgesetze um eine Episode reicher. Zwar gibt es im US-Bundesrecht Gleichbehandlungsgesetze, wonach etwa Menschen nicht wegen ihrer Rasse, ihres Geschlechtes oder anderer Merkmale diskriminiert werden dürfen. Sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität sind aber nicht enthalten. In einigen Bundesstaaten, Bezirken und Gemeinden gibt es jedoch einen lokalen Diskriminierungsschutz, wie auch in Phoenix.
Konservative Christen argumentieren, dass es Gläubigen nicht zugemutet werden dürfe, "sündiges" Verhalten wie das von Homosexuellen etwa durch Verkauf von Hochzeitseinladungen oder Hochzeitstorten zu unterstützen. LGBTI-Aktivisten wiesen hingegen auf die Parallelitäten dieser Argumentation mit der Diskriminierung gegen den schwarzen Bevölkerungsteil hin, die heutzutage auch unter Christen nicht mehr akzeptabel sei. Sie verweisen darauf, dass auch Kirchen bis in die Sechzigerjahre des 20. Jahrhunderts Rassismus mit der Bibel begründet hätten. Damals hatte viele führende Christen insbesondere in den Südstaaten argumentiert, dass Gott durch den Turmbau von Babel die Rassen getrennt habe und es weißen Christen daher nicht zugemutet werden könne, mit Schwarzen zu verkehren.

Die beiden Klägerinnen wurden von Alliance Defending Freedom unterstützt – die LGBTI-feindliche Organisation kämpft seit Jahren gegen die Gleichbehandlung sexueller und geschlechtlicher Minderheiten und wird wegen ihrer teils dämonischen Rhetorik von der Bürgerrechtsorganisation Southern Poverty Law Center als Hassgruppe eingeordnet
Phoenix: Gericht behandelte nur Detailfrage
Die Stadt Phoenix erklärte in einer ersten Reaktion auf das Urteil, dass es sich um eine sehr knappe Entscheidung über eine Detailfrage gehandelt habe – nämlich, dass ein Firma "eine Art von Produkt" nicht an Homosexuelle verkaufen müsse. Die Demokratische Bürgermeisterin Kate Gallego erklärte: "Die Entscheidung ist kein Sieg für uns, aber auch keine Niederlage. Sie bedeutet, dass wir weiterhin über Gleichbehandlung in unserer Stadt diskutieren müssen."
LGBTI-Aktivisten und Politiker warnten jedoch davor, dass die Entscheidung ein erster Schritt zu weiterer Diskriminierung sein könne: "Das öffnet die Tür für andere bigotte Geschäftsleute, um LGBT zu disakriminieren", erklärte Brianna Westbrook, die stellvertretende Landesvorsitzende der Demokratischen Partei. Die LGBTI-Organisation Lambda Legal bezeichnete das Urteil als "beunruhigend" und sprach von einer "begrenzen Lizenz zum Diskriminieren". Beim Zugang zu Dienstleistungen dürften Gläubige nicht "ihre eigenen religiösen Kriterien" einsetzen, um ungeliebte Gruppen von Personen auszuschließen. (dk)

Diskriminierungen sollen ein Grundrecht sein? Ja ist die USA denn jetzt völlig verrückt geworden???