Schon in der ersten Folge zeigt Hete Chet (Gus Kenworthy) seinen wohlgeformten Body. Er trinkt Bier und nimmt Drogen, was in der Regel für das Überleben in einem Achtzigerjahre-Horrorstreifen nicht förderlich ist (Bild: FX)
Der 27-jährige Gus Kenworthy wehrt sich gegen Kritik, dass er als Schwuler nicht überzeugend eine heterosexuelle Figur darstellen könne. Der frühere Profi-Freestyle-Skifahrer ist derzeit in seiner ersten Hauptrolle in einer Fernsehserie zu sehen – er spielt einen des Dopings überführten Sportler mit fester Freundin (Emma Roberts) in "American Horror Story: 1984", der zehnteiligen neunten Staffel der Anthologie-Serie von den "Glee"-Produzenten Ryan Murphy und Brad Falchuk.
Jede "AHS"-Staffel hat einen eigenen Handlungsstrang. In dieser Staffel werden Horrorfilme der Achtzigerjahre persifliert. Sie ist im US-Fernsehen am Mittwoch gestartet, in Deutschland wird sie erst ab November im Pay-TV-Kanal FOX zu sehen sein.
Gegenüber dem Sportsender ESPN erklärte Kenworthy, viele Reaktionen auf seine Rolle in der Horrorserie seien nicht erfreulich gewesen: "Als [Produzent Ryan Murphy] erklärt hat, ich solle Emmas Freund spielen, haben er und ich viele negative Kommentare online erhalten", so Kenworthy. "Einige wollte wissen, wie ich für eine heterosexuelle Rolle gecastet werden konnte und ob ich überhaupt hetero spielen kann. Ist das wirklich eine Frage? Ich habe 23 Jahre meines Lebens damit verbracht, einen Hetero-Mann zu spielen."
Jeder Schwule habe in seinem Leben Augenblicke gehabt, in denen er vorgab, jemand anders zu sein, sagte der britisch-amerikanische Ex-Profisportler. "Ich wusste schon als Jugendlicher, dass ich schwul war, aber ich schlief immer noch mit Mädchen und habe vorgegeben, hetero zu sein. Ich dachte damals, als Sportler müsste ich mich so verhalten", so Kenworthy. "Ich habe unheimlich Energie aufgewandt, um jemand zu sein, der ich nicht war. Das ist Schauspielerei!"
Kenworthy hat bis dato kaum professionelle Schauspielerfahrung. Bislang war er nur in einem Cameo-Auftritt im Blödel-Katastrophenfilm "Sharknado 5: Global Swarming" und einer Gastrolle in der schwulen Sitcom "The Real O'Neals" zu sehen.
Problematik mit Homo-/Hetero-Rollen
In den letzten Jahren hatte es viel Kritik an hetero- oder cissexuellen Schauspielerinnen und Schauspielern gegeben, die eine homo- oder transsexuelle Figur darstellen wollen. So gab es vor einem Jahr Proteste, dass ausgerechnet der heterosexuelle Komiker Jack Whitehall die erste offen schwule Disney-Filmfigur spielen soll (queer.de berichtete). Hetero-Schauspieler Darren Criss, der in der Fernsehserie "Glee" einen schwulen Schüler und in "American Crime Story" einen schwulen Serienkiller dargestellt hatte, erklärte Ende 2018, er wolle in Zukunft keine schwulen Rollen mehr spielen, um schwulen Schauspielern nicht die Rollen wegzunehmen (queer.de berichtete). Scarlett Johansson zog sich vergangenes Jahr nach scharfer Kritik sogar aus einem Filmprojekt zurück, in dem sie einen transsexuellen Mann darstellen sollte (queer.de berichtete).
Kenworthy erklärte in dem Interview, er glaube, "es ist viel eher in Ordnung, wenn ein schwuler Mann eine heterosexuelle Rolle übernimmt als umgekehrt". Seine Begründung: "Die meisten Sendungen drehen sich um heterosexuelle Leute, heterosexuelles Leben und eine heterosexuelle Dynamik. Wenn es eine homosexuelle Figur gibt, ist sie meist der Sidekick." Wenn mehr homosexuelle Schauspieler heterosexuelle Rollen spielen würden, würde dies "viel für die Sichtbarkeit" von sexuellen Minderheiten tun und Klischees bekämpfen. "Es gibt nicht viele offen schwule Schauspieler, die Heterosexuelle spielen. Das ändert sich gerade und ich bin froh, dass ich die Chance habe, Teil dieser Veränderung zu sein."
Die größten sportlichen Erfolge konnte Gus Kenworthy bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi und bei den Freestyle-Weltmeisterschaften 2017 in Sierra Nevada erzielen – bei beiden Wettbewerbungen gewann er in seiner Paradedisziplin Slopestyle die Silbermedaille. Als schwul geoutet hatte er sich 2015 (queer.de berichtete). Seither engagiert er sich auch für LGBTI-Rechte. So übte er scharfe Kritik daran, dass der homophobe US-Vizepräsident Mike Pence letztes Jahr die amerikanische Olympiadelegation bei den Spielen in Südkorea anführte (queer.de berichtete). (dk)