Will Lesben und Schwulen das Heiraten wieder verbieten: Norbert Hofer, ehemaliger FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat und seit dem 14. September Bundesparteiobmann der Rechtsaußenpartei (Bild: Parlamentsdirektion / Thomas Jantzen)
Österreichs Rechtsaußenpartei macht Wahlkampf auf Kosten von Lesben und Schwulen: Nur wenige Tage vor der Nationalratswahl am 29. September hat die FPÖ einen Antrag (PDF) in das Parlament eingebracht, mit dem sie die vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) angeordnete Ehe-Öffnung für gleichgeschlechtliche Paare wieder abschaffen will. Der Gesetzentwurf wurde u.a. vom neuen FPÖ-Vorsitzenden Norbert Hofer eingebracht.
Österreichs höchstes Gericht hatte im Dezember 2017 für die Ehe-Öffnung entschieden und zur Einführung eine Frist zum 1. Januar 2019 gesetzt (queer.de berichtete) – sie trat letztlich an jenem Tag in Kraft, ohne dass die damalige rechtsnationale Regierung aus ÖVP und FPÖ ein Gesetz dazu vorgelegt hatte. Der Verfassungsgerichtshof hatte den Schritt mit dem Diskriminierungsverbot des in der Bundesverfassung verankerten Gleichheitsgrundsatzes begründet. Mit der Entscheidung wurde gleichzeitig die eingetragene Partnerschaft für verschiedengeschlechtliche Paare geöffnet.
FPÖ: Homosexuelle "können keinesfalls Kinder zeugen"
Die FPÖ stellt sich mit ihrer Initiative nun über die Verfassungsrichter. "So ist schon fraglich, ob dem VfGH die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare überhaupt gelungen ist", behauptet die Rechtsaußenpartei in ihrer Antragsbegründung. "Der Gerichtshof hob nämlich bloß die Wortfolge 'verschiedenen Geschlechts' in § 44 ABGB auf, nicht jedoch das Erfordernis der Bereitschaft zur Kinderzeugung; letzteres ist nach Wortlaut und Absicht des Gesetzgebers eine Voraussetzung für die Eheschließung."
In dem aussichtlosen FPÖ-Antrag, der so kurz vor der Wahl weder zur Beratung noch zur Abstimmung kommen wird (geschweige denn im Parlament eine Mehrheit finden würde), heißt es weiter: "Gleichgeschlechtliche Paare können keinesfalls Kinder zeugen, wogegen verschiedengeschlechtliche Paare dazu in der Regel (an die das Gesetz unter Außerachtlassung von Ausnahmefällen legitimerweise anknüpft) fähig sind. Um gleichgeschlechtlichen Paaren die Eheschließung zu ermöglichen, müssen die Standesämter somit gegen das auch nach dem Gerichtsspruch weiterhin geltende Gesetz verstoßen."
SPÖ: FPÖ will "das Höchstgericht untergraben"
Die SPÖ nannte es in einer Pressemitteilung ein "bedenkliches Zeichen", dass die FPÖ "als reinen Wahlkampf-Gag sogar das Höchstgericht untergraben will und einen verfassungswidrigen Antrag einbringt". Die Rechtsaußenpartei weigere sich, in der Realität anzukommen, kritisierte SPÖ-Gleichstellungssprecher Mario Lindner. "18 Monate lang hat die Ibiza-Koalition alles getan, um nur ja keinen Schritt in Richtung echter Gleichberechtigung machen zu müssen. Statt das Urteil unseres Höchstgerichts zur Öffnung der Ehe anzuerkennen und schnell umzusetzen, haben ÖVP und FPÖ blockiert, laviert und abgewartet."
Zu der behaupteten Unfähigkeit gleichgeschlechtlicher Paare, Kinder zu bekommen, bot Lindner, der auch Vorsitzender der sozialdemokratischen LGBTI-Organisation SoHo ist, der FPÖ Nachhilfe an: "Unsere Gesellschaft ist bunt und es gibt die verschiedensten Familienformen – Alleinerziehende genauso wie Vater-Mutter-Kind, Regenbogenfamilien genauso wie Patchworkfamilien. Und sie alle verdienen unsere Unterstützung und unseren Respekt." Für die überwältigende Mehrheit der Österreicher sei diese Vielfalt "längst selbstverständlich".
Vorgezogene Neuwahlen am 29. September
Nach dem Auseinanderbrechen der Regierung von ÖVP und FPÖ wird am 29. September in der Alpenrepublik neu gewählt. Auslöser für die Regierungskrise war das skandalöse Ibiza-Video, auf dem zu sehen ist, wie Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache mit einer vermeintlichen russischen Investorin über möglicherweise illegale Parteispenden und andere Formen der Einflussnahme spricht. Die Regierung brach in mehreren Schritten zusammen, letztlich drängte eine Mehrheit von FPÖ und SPÖ Ex-Kanzer Kurz und alle seine Minister aus ihren Ämtern. (cw)
Mein Bruder hat mit seiner Frau seit der Einführung bei uns im Lande zwei Kinder gezeugt. So ganz schlimm kann der Fakt also nicht sein, dass Schwule und Lesben hier und sonstwo in Europa ebenfalls heiraten dürfen.
Das Versagen der etablierten Parteien zeigt sich darin, dass sie unfähig sind, sich der rechten Hetze mal argumentativ entgegenzusetzen und sie dadurch zu entlarven. Stattdessen verfallen die immer in Schnappatmung und begeben sich, was das Vokabular angeht, in deren Jargon und gehen ihnen damit auf den Leim.