Mutiger Pride in Uganda 2015 (Bild: facebook / KuchuTimes)
Wenige Tage nach Bekanntwerden einer erneuten Gesetzesinitiative zur Einführung einer Todesstrafe für Homosexuelle hat die Regierung Ugandas versichert, diese nicht zu planen. "Die Regierung stellt hiermit klar, dass sie nicht vorhat, ein neues Gesetz jedweder Form zur Regulierung von LGBT-Aktivitäten in Uganda einzubringen", schrieb Regierungssprecher Ofwono Opondo am Samstag bei Twitter. "Bestehende Regelungen im Strafrecht reichen aus."
Am Donnerstag hatte die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass Ethikminister Simon Lokodo ihr gegenüber ein entsprechendes Gesetz angekündigt hatte (queer.de berichtete). Der ehemalige katholische Priester hatte am Freitag auch in weiteren Interviews die Pläne bestätigt und eine Verabschiedung im Parlament bis Jahresende versprochen. "Unser derzeitiges Strafrecht ist begrenzt. Es wird nur die [homosexuelle] Handlung kriminalisiert", so Lokodo weiter gegenüber Reuters. "Wir wollen, dass klargestellt wird, dass jeder, der bereits an der Bewerbung und Rekrutierung beteiligt ist, kriminalisiert werden muss. Diejenigen, die Handlungen ausüben, werden zum Tode verurteilt."
Die ugandische Zeitung "Daily Monitor" berichtet, dass Lokodo nach dem Regierungs-Dementi den ganzen Samstag über für Medien nicht erreichbar gewesen sei. Das Blatt zitiert einen Sprecher einer Oppositionspartei mit dem Gedanken, dass Präsident Yoweri Museveni mit einer solchen Initiative zu viel Unterstützung aus dem Ausland riskieren würde. Allerdings könnte der Entwurf als direkte Vorlage eines Abgeordneten, als sogenannte "Private Members' Bill", den Weg in Parlament finden.
Kommt Vorlage doch ins Parlament?
Am Samstagabend betonte dann auch der evangelikale Parlamentsabgeordnete James Nsaba Buturo, der die noch nicht veröffentlichte Vorlage zur Verschärfung des Strafrechts in den letzten Monaten erarbeitet hatte, die Öffentlichkeit solle sich darauf vorbereiten, diese zu unterstützen. Sie werde "bald" eingebracht, "wir werden euch informieren", versprach Lokodos Vorgänger als Ethikminister auf einer Veranstaltung.
Buturo sagte Medienberichten zufolge, er wisse nicht, dass die Regierung sich von seinen Plänen distanziert habe. "Niemand hat mir etwas dagegen (gegen das Gesetz) gesagt. Wartet auf das Gesetz." Beobachtern zufolge plant Buturo, der als einfacher Abgeordneter nicht an Kabinettsbeschlüsse gebunden ist, die Vorlage voraussichtlich Ende Oktober tatsächlich als Private Members' Bill einzubringen. Der Tweet des Regierungsspreches steht dem nicht entgegen. "Wir werden keine Einschüchterung akzeptieren", so Buturo am Samstag. "Es ist unsere Aufgabe das zu tun, was Gott will."
James Buturo im Jahr 2010
Buturo war von 2006 bis 2011 Ethikminister und war bereits damals an Plänen zur Verschärfung des Strafrechts beteiligt. "Der Zustand der moralischen Gesundheit in unserer Nation ist eine Herausforderung. Wir sind besonders besorgt über das Lesbiertum und die Homosexualität, die wie Pilze aus dem Boden schießen", begründete er seine Vorstöße einmal. Später sprach er sich nach internationalem Druck gegen die Todesstrafe aus. Es sei sinnvoller, Schwule und Lesben durch "psychologische Beratung" in Heterosexuelle zu verwandeln, meinte er 2009.
Laut ugandischen LGBT-Organisationen war Buturo erst vor wenigen Wochen in der ugandischen Hauptstadt Kampala mit dem homofeindlichen evangelikalen US-Pastor Johnny Enlow zusammengetroffen, bei einem "Gebetsfrühstück" der Präsidentengattin. In den Jahren zuvor hatte vor allem der homofeindliche Prediger und Aktivist Scott Lively versucht, auf die Gesetzgebung einzuwirken. Die ugandische Organisation Sexual Minorities Uganda verklagte ihn deswegen in den USA (queer.de berichtete), 2017 stellte ein Richter das Verfahren allerdings aus Zuständigkeitsgründen ein.
Und täglich grüßt die Homofeindlichkeit
Homosexuelle Handlungen können in dem Binnenstaat mit 35 Millionen Einwohnern bislang mit bis zu lebenslanger Haft geahndet werden, nach einer Art "Unzuchts"-Paragraf aus britischer Kolonialzeit. In der – seltenen – Praxis wurde vor allem ein anderer Paragraf zu "anstößigen Praktiken" angewandt, der eine Höchststrafe von sieben Jahren vorsieht. Seit dem Jahr 2000 können auch Handlungen unter Frauen bestraft werden.
Ende 2013 hatte das Parlament Ugandas trotz internationaler Kritik und Sanktionsandrohungen nach jahrelanger Debatte eine Verschärfung verabschiedet (queer.de berichtete); die Vorlage umfasste ursprünglich die Todesstrafe und sah letztlich lebenslange Haft vor, unter anderem bei Anal- und Oralverkehr, der Nutzung von Sextoys, dem Eingehen einer gleichgeschlechtlichen Ehe oder Lebenspartnerschaft oder gar der Berührung mit dem Zweck, Geschlechtsverkehr herbeizuführen. Auch "Propaganda" und Unterstützung und Beratung Homosexueller wurden mit mehreren Jahren Haft bedroht. Das Gesetz scheiterte aber aus formellen Gründen vor dem Verfassungsgericht, weil nicht genügend Abgeordnete abgestimmt hatten (queer.de berichtete).
Die Ankündigung einer Neuauflage der Strafverschärfung hatte in den letzten Tagen bereits zu erster neuer Kritik geführt. "Die Bundesregierung, die Kirchen und die islamischen Verbände sind aufgerufen, sich für die fundamentalen Grundrechte von Lesben, Schwulen und Transsexuellen gegenüber ihren Gesprächspartnern in Uganda einzusetzen, um diese widerliche Pläne zu verhindern", betonte etwa die Grünenpolitikerin Ulle Schauws. Gegenüber katholisch.de hatte das Hilfswerk Miserior betont, dass man die Todesstrafe generell ablehne und die Pläne aus Uganda "erschütternd" seien. Man würde Kooperationen nicht beenden, aber den Dialog mit Partnern und der dortigen Kirche gegen die Diskriminierung Homosexueller verstärken. (nb)