Martin Hohmann saß von 1980 bis 2004 für die CDU im Bundestag und zog 2017 für die AfD erneut ins Plenum ein
Der von der AfD aus der politischen Versenkung geholte hessische Politiker Martin Hohmann hat am Mittwoch in seinen Auftritten in sozialen Netzwerken einen wirren Anti-"Gender"-Hetzbeitrag veröffentlicht. Anlass war offenbar sein eigenes Grußwort zum Landesparteitag am vorherigen Wochenende.
"Gott schuf den Menschen als Mann und Frau nach seinem Bilde. Das ist eine ganz klare Absage an diesen ganzen Genderismus-Quatsch, an LSBQTT[,] und wir sind die einzige Partei, die noch ganz klar zur Familie steht!", zitierte Hohmann sich selbst. Die "Gender-Ideologie" sei auch "antichristlich und pervers!"

In dem Facebook-Eintrag arbeitet sich Hohmann erneut an der 2016 in Hessen unter Protesten der "Demo für alle" eingeführten Reform der Sexualaufklärung an Schulen ab, die unter anderem Akzeptanz von LGBTI zum Unterrichtsziel erklärt. Damit habe CDU-Kultusminister Minister Lorz die Ideologie im Lehrplan verankert, so Hohmann am Mittwoch, der Lorz 2017 wegen des "grün-linken, antichristlichen Gedankenguts" schon einmal als "Volksverderber" und "Verderber unserer Kinder" beschimpfte (queer.de berichtete). Im letzten Jahr beklagte er zum gleichen Thema erneut eine "Zwangsfrühsexualisierung" der Kinder (queer.de berichtete).
Pimmelpuppen und "vergewaltigte" Kinderseelen
Drei Jahre nach ihrer Einführung hat sich Hohmann weiter nicht über die harmlose und sinnvolle Aufklärung in Hessen aufgeklärt. "Ein Auswuchs dieser Ideologie: Zwangsfrühsexualisierung, Doktorspiele und Pimmelpuppen im Kindergarten", beklagte er am Mittwoch. "Kinderseelen werden vergewaltigt. Die Gender-Ideologie zertrümmert die Geschlechtsidentität der Kinder. Sie zertrümmert somit letztendlich auch die traditionelle Familie aus Vater, Mutter und Kind."
Er wolle, dass "3-jährige Kinder ohne Pimmelpuppen und ohne 'Materialien zur Körpererfahrung' eine schöne Kindheit haben", so der Politiker, der dazu ein unzensiertes Bild einer "Pimmelpuppe" veröffentlichte – er machte das Motiv auch zum Hauptbild seines Facebook-Profils.
Das Profil Hohmanns bei Facebook am Mittwochabend
Kritik zuvorkommend betonte Hohmann: "Wer den Kampf gegen die Gender-Ideologie mit Kampfbegriffen wie 'homophob' diffamiert, hat entweder keine Kinder oder stützt bewusst die perverse Gender-Ideologie." Während sich die CDU zum Büttel der Grünen mache, sei die AfD "die einzige Partei, die sich zur traditionellen Familie bekennt und der Gender-Ideologie eine klare Absage erteilt".
Hohmann forderte "Zivilcourage" gegen "Denaturierung des Leitbildes der Familie"
2004 war Hohmann wegen der berüchtigten, vom Zentralrat der Juden als antisemitisch eingestuften "Tätervolk"-Rede aus der CDU ausgeschlossen worden – von ihm angestrengte Klagen gegen vermeintliche Fehldarstellungen beschränken seitdem die Möglichkeit der Presse, diese kurz zusammenzufassen. Auf seiner Facebook-Seite stellt sich Hohmann als judenfreundlich dar: "Angriffe und versuchte Angriffe gegen Juden betrachte ich wie Angriffe gegen uns selbst", schrieb er am 10. Oktober nach dem Anschlag in Halle, Juden damit zugleich als nicht-uns ausgrenzend. Einen Tag später beklagte er nach zunehmender Kritik an der AfD nach dem rechtsterroristischen Anschlag: "Wer regelmäßig Nazikeulen schwingt, geht den Weg des Totalitarismus und wandelt den Rechtsstaat in einen Gesinnungsstaat um, in der 'politische Korrektheit' und globalistische(!), linksliberale, genderistische Ideologie den zulässigen Meinungskorridor abstecken".
Facebook-Eintrag Hohmanns aus dem Juni: "Unter dem bunten Lügenetikett der Antidiskriminierung verbergen sich der Kampf gegen die traditionelle Familie, die Abschaffung von Mutter und Vater, von Frau und Mann".
Vor seinem Rausschmiss aus der CDU hatte Hohmann problemlos jahrelang gegen Homosexuelle gehetzt. 2002 meinte er etwa zum Adoptionsrecht für lesbische und schwule Paare in Großbritannien: "Unablässige Aktivitäten der deutschen Homosexuellenlobby zur Ausweitung ihrer Rechte lassen ähnliche Vorstöße in Deutschland befürchten. Einer solchen Denaturierung des Leitbildes der Familie muss mit 'aktiver Zivilcourage' begegnet werden."
Bei einer Debatte zum Lebenspartnerschaftsgesetz im Jahr 2000 hatte er seinen Unions- und Gesinnungsgenossen Norbert Geis öffentlich gefragt: "Können Sie bestätigen, dass in den Offenbarungsschriften aller drei großen monotheistischen Religionen ein klares Unwerturteil über Homosexualität als solche ausgesprochen wird?" Homosexuellen sei keine "falsche, feige Toleranz und Akzeptanz" entgegenzubringen, meinte er ein anderes Mal – ihnen stehe jederzeit die Umkehr zu einem "Leben nach Gottes Geboten" offen.
Hohmann im April 2016 bei einem "Gebetszug für das ungeborene Leben" in Freiburg, bei dem er ein "gesetzgeberisches Promovieren der praktizierten Homosexualität" beklagte. Zur "Rettung und Umkehr" des "verwirrten Vaterlandes" brauche es Gebete.
Hohmann war im November 2016 von der hessischen AfD auf den Listenplatz vier zur Bundestagswahl gewählt worden, mit dem ihm später der Wiedereinzug gelang (queer.de berichtete). Bei seiner Bewerbungsrede betonte er auf eine Frage zur "Tätervolk"-Rede, es habe eine "Medienkampagne" gegeben, die "ganz übel und perfide" gewesen sei und die "Rede verfälscht" habe. 2012 hatte er dazu gesagt, dass "einflussreiche Juden dunkle Kapitel jüdischer Geschichte lieber im Dunkeln belassen" wollten.
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Ob etwas "anti-christlich" oder sonstwas ist, ist herzlich egal. Entscheidend sind nur die demokratisch beschlossenen Gesetze und die juristischen Grundsätze wie der Gleichheitsgrundsatz.