Selbst für Menschen, die in ihrer Heimat für ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität verfolgt werden, ist der Zaun nach Deutschland oft unüberwindlich (Bild: flickr / brx0 / by 2.0)
Die Grünen kritisieren die schwarz-rote Bundesregierung, weil sie sich nicht genug für queere Geflüchtete einsetze. Anlass ist die Antwort auf eine Kleine Anfrage, die queer.de vorliegt. Darin hatte die Oppositionspartei 26 Fragen (PDF) zu Erkenntnissen über Flüchtlinge an das CSU-regierte Bundesinnenministerium gestellt, die wegen ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität in ihren Heimatländern verfolgt wurden und deshalb in Deutschland um Asyl baten. Bei gut der Hälfte der Antworten erklärte die Bundesregierung, dass ihr "keine Kenntnisse" vorlägen, oder verwies auf eine ältere Anfrage. So weiß die Bundesregierung nicht, wie viele Anträge von Homo- oder Transsexuellen in den letzten Jahren in Deutschland gestellt worden sind, wie viele Anhörungen stattgefunden haben oder wie viele Anträge mit einem "Nein" beschieden wurden.
Eigentlich müsste Deutschland nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2013 Menschen aufnehmen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität staatlicher Verfolgung ausgesetzt sind (queer.de berichtete). Zudem dürfen BAMF-Beamte keine Psycho-Tests mit Geflüchteten zum Nachweis ihrer sexuellen Orientierung machen (queer.de berichtete). Allerdings gibt es immer wieder Meldungen über Fälle, in denen das BAMF sich nicht an diese Vorgaben hält. Im Juni wurde etwa der Antrag eines Nigerianers von einem Verwaltungsgericht abgelehnt, weil dieser angegeben hatte, dass seinem Partner Analverkehr nicht weh getan habe (queer.de berichtete).
"Die Bundesregierung weiß nichts"
Zwar bekennt sich Schwarz-Rot in der Antwort auf die grüne Anfrage abstrakt zur Aufnahme von queeren Geflüchteten: "Die Bundesregierung setzt sich für die Aufnahme von Schutzbedürftigen und damit grundsätzlich von Menschen mit besonderen Vulnerabilitäten ein", heißt es dort. Allerdings offenbare die Antwort "das komplette Desinteresse der Bundesregierung an dieser Gruppe", erklärte am Montag Sven Lehmann, der Sprecher für Queerpolitik der Grünen im Deutschen Bundestag. "Die Bundesregierung weiß nichts: keine Zahlen, keine Bedarfe oder ob überhaupt Schutzkonzepte wie eine spezielle Unterbringung in den Ländern vorhanden sind."
Der Kölner Bundestagsabgeordnete Sven Lehmmann ist seit Beginn dieser Legislaturperiode grüner Sprecher für Queerpolitik
Es sei unverantwortlich, dass es mit den Bundesländern bei der Konzipierung und Umsetzung der Schutzkonzepte keine durchgehende Kooperation gebe. "Im Bundesinnenministerium werden offenbar noch nicht einmal relevante Informationen darüber gesammelt. Zudem ist es nicht ersichtlich, welche Maßnahmen aus der verbindlichen EU-Aufnahmerichtlinie für die besonders vulnerablen Gruppen in Deutschland umgesetzt werden", sagte Lehmann.
Dass ein Teil der queeren Geflüchteten dennoch sicher in der Bundesrepublik leben könnten, sei den 74 zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich für LGBTI-Flüchtlinge einsetzen, zu verdanken. Leider könnten sie den Betroffenen erst dann helfen, wenn diese von den Angeboten erfahren und sich an sie wenden. "Das ist allerdings für neu ankommende Geflüchtete durch die abgeschotteten AnkER-Zentren zunehmend schwieriger", so Lehmann. Daher fordere seine Fraktion die Bundesregierung auf, mit den Organisationen enger zu kooperieren. (dk)
Daher, liebe Regierung: Bitte beendet diese unsägliche Koalition und macht den Weg für Neuwahlen frei!
Jeder Tag zählt!