In der queeren Szene Englands sorgt die Gründung der neuen Homo- und Bisexuellenorganisation "LGB Alliance" für Aufregung, weil der Verein offen Rechte von Transpersonen in Frage stellt. "Verbreitet die Neuigkeiten: Gender-Extremismus wird seinen Meister finden", schrieb Mitgründerin Allison Bailey anlässlich der Gründungsveranstaltung in London vergangene Woche. Die lesbische Aktivistin bezeichnete es als "historischen Augenblick für die lesbische, schwule und bisexuelle Bewegung", dass diese neue Bewegung entstanden sei.

Bailey umschreibt ihre politische Einstellung – ganz im Duktus von Rechtspopulisten – als "genderkritisch". Laut der Zeitung "Independent" erklärte die "LGB Alliance", ihre Mission solle "ein Gegengewicht zur Verwirrung zwischen dem biologischen Geschlecht [Sex] und dem sozialen Geschlecht [Gender], die jetzt im öffentlichen Dienst und anderswo weit verbreitet ist, darstellen". Auf ihrer Website schreibt die neue Organisation als Einleitung: "Homosexualität ist gleichgeschlechtliche Anziehung. Biologisches Geschlecht ist real. Sex ist binär und kein Spektrum. Gender ist ein soziales Konstrukt."
Die Organisation soll offiziell im Januar 2020 ihre Arbeit aufnehmen. Bereits jetzt hagelt es aber Kritik gegen die Intention der Gründer. Owen Jones, ein offen schwuler Aktivist der sozialdemokratischen Labour Party und Journalist für linksliberale Publikationen wie "The Guardian" und "New Statesman", griff die "LGB Alliance" auf Twitter mit den Worten an: "Das ist böswillig, es gibt kein LGB ohne das T. Wir sind auf der Seite von Transmenschen. Anti-Trans-Aktivisten: IHR SCHIKANIERT UND BELÄSTIGT UNS."

Auch andere Aktivisten zeigten sich schockiert darüber, dass angebliche Bürgerrechtler Homo- und Transrechte gegeneinander ausspielen wollten. Die "LGB Alliance" bestreitet jedoch schlicht, transphob zu sein.
Cis-Feministinnen: Trans-Frauen sind keine "echten" Frauen
Konkret behauptet die "LGB Alliance", dass die Akzeptanz von Transpersonen der "männlich dominierten Gesellschaft" helfen würde. Diese Befürchtung wird von manchen Cis-Feministinnen geteilt, die Transfrauen nicht als "echte" Frauen anerkennen wollen. Die "LGB Alliance" verbreitete daher über Twitter die Maxime: "Jeder geschlechtsneutrale Ort wird automatisch ein männlich dominierter Ort."
Bereits im letzten Jahr hatten lesbische Aktivistinnen auf dem CSD London gegen die Anerkennung von Transpersonen demonstriert. Die Pride-Veranstalter distanzierten sich damals von den transphoben Feministinnen (queer.de berichtete). Immer wieder kam es vor allem in Großbritannien auch bei anderen Szene-Veranstaltungen zu Protesten der sogenannten TERFS ("Trans-Exclusionary Radical Feminists"), die auch in sozialen Netzwerken gegen Trans-Rechte und -Personen ankämpfen.
Anwaltskanzlei von Bailey distanziert sich
Der Aktivismus von Allison Bailey, die von Beruf Menschenrechtsanwältin ist, hat auch bei ihrem Arbeitgeber zu einer Reaktion geführt: Am vergangenen Freitag postete die Anwaltskanzlei "Garden Court Chambers" auf ihrer Website: "Wir wollen klarstellen, dass die LGB Alliance weder Teil von Garden Court Chambers ist noch dass diese Ansichten geteilt werden."
Am Wochenende bestätigte die Anwaltskanzlei zudem, dass sie eine Untersuchung gegen Bailey eingeleitet habe. Sie stehe im Verdacht, Verhaltensregeln verletzt zu haben. Gleichzeitig erklärte das Anwaltsbüro, dass es sich aus Prinzip "für Gleichberechtigung einsetzt, Diskriminierung bekämpft und Menschenrechte verteidigt". Bailey beschuldigte daraufhin ihren Arbeitgeber, sich dem "Hass-Mob" ergeben zu haben. (dk)