Charles Rhines wird nach dem Willen der Justiz in South Dakota voraussichtlich am Montagabend getötet werden
Zu Update springen: Rhines ist tot (5.11., 9.20 Uhr)
Der 63-jährige Charles Rhines soll am Montagnachmittag um 13.30 Uhr (CST) bzw. 20.30 Uhr (MEZ) in einem Gefängnis in Sioux Fall im US-Bundesstaat South Dakota per Todesspritze hingerichtet werden. Dabei hatten seine Anwälte jahrelang dafür gekämpft, das Todesurteil zu verhindern – nicht weil ihr Mandant unschuldig war, sondern weil er nur wegen seiner Homosexualität die Höchststrafe erhalten hatte.
Rhines hatte zugegeben, 1992 einen Donut-Laden in Rapid City ausgeraubt und dabei einen 22-jährigen gefesselten Angestellten brutal mit einem Messer ermordet zu haben. Allerdings gaben mehrere Juroren nach dem Verfahren zu, den Täter nur zu Tode verurteilt zu haben, weil er schwul war. Das geht unter anderem aus Gerichtsunterlagen und eidesstattlichen Versicherungen von Jury-Mitgliedern hervor.
Jury machte sich Sorgen, dass schwuler Täter zu viel Spaß im Männergefängnis hat
Demnach sollen die Mitglieder der Jury wie besessen von der Homosexualität des Mörders gewesen sein – und ihn deswegen zum Tode verurteilt haben. Die meist aus dörflicher Umgebung stammenden Geschworenen hätten während ihrer Beratungszeit unter anderem den Richter befragt, ob Rhines von anderen männlichen Insassen getrennt wird oder ob er hinter Gittern "junge Männer" mit seinen Taten "beeindrucken" könne. Ein Jury-Mitglied sagte damals sogar, dass ein Schwuler, wenn er ins Männergefängnis gebracht werde, an einem Ort sei, "wo er gerne hin will". Ein anderer behauptete, dass einem schwulen Mörder nicht erlaubt werden dürfe, "sein Leben mit Männern" zu verbringen. Ein weiterer Geschworener erklärte in einem kürzlich abgegeben Statement über die Homosexualität des Täters: "Die Leute waren angeekelt. Das ist hier eine ländliche Gegend."
South Dakota ist so groß ist wie England und Schottland, hat aber gerade mal 880.000 Einwohner (Bild: TUBS / wikipedia)
Die Anwälte des Mörders hatten sich eigentlich Hoffnungen auf eine Umwandlung in einer lebenslange Haftstrafe ohne Chance auf vorzeitige Bewährung gemacht, weil der Supreme Court in einem anderen Fall entschieden hatte, dass Geschworene einen Angeklagten nicht aus rassistischen Motiven zum Tode verurteilen durften. Bei Homophobie legten sie aber offenbar eine andere Messlatte an und lehnte die Klage von Rhines kommentarlos ab.
Rhines, ein versteckt schwul lebender Armeeveteran, wäre die 20. Person, die seit 1887 auf Anordnung eines Gerichts in South Dakota getötet wird. Noch hoffen Rhines' Anwälte darauf, dass ein Gericht die Hinrichtung in letzter Minute doch noch stoppen wird. Die Chancen werden allerdings als gering eingeschätzt. (dk)
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Update 5.11., 09.20 Uhr: Rhines ist tot
Charles Rhines wurde am Montagabend um 19.39 Uhr Ortszeit mit einer Giftspritze hingerichtet, nachdem drei Einsprüche vor dem Supreme Court in Washington, D.C. gescheitert waren. Die Höchstrichter wiesen alle Berufungsanträge kommentarlos ab. Einer seiner Anwälte sagte nach dem Tod des Verurteilten, es sei höchst ungerecht, Rhines das Leben zu nehmen, ohne Beweise für die Diskriminierung aufgrund seiner sexuellen Orientierung zu sichten.
Erschreckend ist auch besonders, dass selbst die entlarvenden Aussagen, die die Geschworenen zu Ihrem Urteil gemacht haben, keine Auswirkungen auf eine Möglichkeit der Umwandlung in eine lebenslange Freiheitsstrafe hatten.
Ein äußerst irritierendes Rechtssystem.