Papst Franziskus hat sich besorgt über eine neu aufkeimende "Hasskultur" wie im Nationalsozialismus geäußert. Bei Äußerungen mancher Regierungsvertreter kämen ihm "die Reden Hitlers von 1934 und 1936 in den Sinn", erklärte das Oberhaupt der katholischen Kirche laut KNA am Freitag im Vatikan. Franziskus verwies dabei auf die Verfolgungen "von Juden, Sinti und Roma, Menschen mit homosexueller Orientierung".
Franziskus äußerte sich vor Juristen der Internationalen Vereinigung für Strafrecht (Association Internationale de Droit Penal, AIDP), die noch bis Samstag ihren 22. internationalen Kongress in Rom abhält. Die vom Papst kritisierte Kultur einer sozialen Aussonderung entwickle sich unter dem Einfluss weiterer Phänomene der Wohlstandsgesellschaft zu einer "Hasskultur". Darin komme ein "soziales Unbehagen von Jugendlichen wie von Erwachsenen" zum Ausbruch, so das Kirchenoberhaupt. Es handle sich um "leider nicht vereinzelte Episoden".
LGBTI-Aktivistin im Vatikan empfangen
Denkbar ist, dass den Papst eine Begegnung mit Jayne Ozanne zu der Rede mit inspiriert hat: Am Donnerstag war Franziskus nach der Morgenmesse in seiner Residenz mit der britischen Anglikanerin und LGBTI-Aktivistin zusammengetroffen. Ozanne überreichte dem obersten Katholiken dabei ihr 2018 erschienenes. autobiografisches Buch "Just Love: A journey of self-acceptance" (Amazon-Affiliate-Link ), in dem es auch um Homo-"Heilung" geht.
Sie selbst habe sich einer sogenannten Konversionstherapie unterzogen, berichtete die lesbische Christin laut der katholischen Londoner Wochenzeitung "The Tablet" dem Papst. Sie habe dies getan, weil ihr in der Kirche erklärt worden sei, sie könne "niemals Ehefrau, Mutter oder Großmutter sein". Heute bete Ozanne dafür, dass alle Menschen sich bewusst sein könnten, dass sie "kostbare Kinder Gottes" seien, "so, wie sie sind".
Warme Worte und LGBTI-feindliche Hetze
Zum Thema Homosexualität hat sich Papst Franziskus bereits mehrfach geäußert – und of widersprüchlich. "Wenn eine Person homosexuell ist und Gott sucht und guten Willens ist, wer bin ich, über ihn zu richten?", hatte er kurz nach seinem Amtsantritt bei einer Pressekonferenz in einem Flugzeug gesagt und homosexuellen Gläubigen damit Hoffnungen auf einen freundlicheren Kurs der Kirche gemacht (queer.de berichtete). 2016 sagte er zudem, die Kirche sollte sich gegenüber ausgegrenzten Homosexuellen entschuldigen (queer.de berichtete).
Demgegenüber stehen viele Äußerungen, in denen der Papst die Distanz der Kirche zu sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten bekräftigte – mit teils heftiger, LGBTI-feindlicher Rhetorik. So beklagte er mit Blick auf gleichgeschlechtliche Eheschließungen den angeblichen "Weltkrieg" gegen die Hetero-Ehe oder behauptete gegenüber Journalisten, dass Homosexualität "kein Grund zum Jubeln" sei. Auch kämpft die Kirche weltweit, teilweise mit ausdrücklicher Unterstützung des Papstes, gegen die Ehe für alle oder Lebenspartnerschaften sowie gegen weitere LGBTI-Rechte und die Emanzipation Homo- und Transsexueller an.
Im vergangenen Jahr hatte Franziskus Eltern homosexueller Kinder geraten, diese zum Psychiater zu bringen (queer.de berichtete). Nach einer Welle der Empörung zog der Vatikan diese Aussage zurück (queer.de berichtete). Nur wenige Wochen spät sprach sich Franziskus gegen die Zulassung von schwulen Männern in Priesterseminaren aus und diffamierte Homosexualität als "Mode" (queer.de berichtete). (mize)
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