Für Ulrike Folkerts, als Lena Odenthal die dienstälteste "Tatort"-Kommissarin, ist die Film- und TV-Branche in Deutschland weniger tolerant als sie tue. "Sie müssen sich nur mal überlegen, wer sich outet – das tut fast niemand, weil es offensichtlich nicht gut ist. Produzenten besetzen nicht unbedingt Schwule und Lesben in Liebesfilmen", sagte die lesbische Schauspielerin in einem Interview mit den Zeitungen und Online-Portalen der Funke Mediengruppe. "In irgendeiner Daily Soap wurde neulich eine schwule Hochzeit gedreht, und alle waren ganz aus dem Häuschen, dass die sich das trauen. Das sollte längst selbstverständlich sein."
Am Sonntag stand der "Tatort" aus Ludwigshafen zum 30. Odenthal-Jubiläum im Programm des Ersten. Folkerts ist seit 1989 dabei, 1999 outete sie sich als lesbisch. Die Presse habe sich damals darauf gestürzt, "als wäre ich ein Mensch mit drei Beinen, wirklich absurd", erklärte die 58-Jährige im Interview. "Aber der SWR hat mir sofort den Rücken gestärkt."
Das Coming-out vor zwanzig Jahren sei nicht ganz freiwillig gewesen. "Das war durch die Yellow Press an die Oberfläche gekommen, weil ich bei einer Veranstaltung war, die offensichtlich homosexuell besetzt war", sagte die Schauspielerin. "Dann war da eben diese Schlagzeile, und ich musste ja irgendwie damit umgehen. Für mich gab es nur die Flucht nach vorne und offen zu sagen: So ist es, und was machen wir jetzt damit?"
Fernsehen habe "noch viel nachzuholen"
Für Ulrike Folkerts spielt sich die gesellschaftliche Vielfalt nicht auf den TV-Bildschirmen wider: "Das deutsche Fernsehen hat generell noch viel nachzuholen", sagte sie im Interview. "Wir leben in einer Multikulti-Gesellschaft, es gibt unterschiedlichste Lebensformen, all das spielt im TV kaum eine Rolle. Wenn man sich nur mal anschaut, wie wenige Menschen in Filmen einen Migrationshintergrund haben." Der "Tatort" hätte "zumindest die Chance, das bunter zu mischen und die Realität zu zeigen", so die Schauspielerin.
Im "Tatort" durfte Lena Odenthal zwar einmal im Jahr 2001 in einer Folge eine Frau küssen, hat aber sonst nur Beziehungen mit Männern. Folkerts antwortete in einem Interview 2014, wann ihre Figur endlich ihr Coming-out hat: "Nie! Weil es viel zu nah an mir dran ist. Das hätte man von Anfang an machen können, aber vor 25 Jahren war es undenkbar. Jetzt mache ich es nicht mehr. Bin ich verrückt? Ich möchte nicht mich selbst spielen." (cw/dpa)
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Die beiden männlichen Hauptrollen in "Latter Days" waren Heteros (erfährt man auf der Bonus-DVD), und Ulrike Folkerts küsste als Lena Odenthal einen Mann.
Na und? Es ist ihr Job!
Andererseits stimme ich es ihr zu, dass es für offen homosexuelle Schauspieler schwer ist, halbwegs vernünftige Rollen zu kriegen, und auch die homosexuellen Filmrollen oft klischeebeladen sind. Da muss sich was ändern!