Angesicht von Hass und Hetze im politischen Diskurs fordert Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine neue Form der Streitkultur. "Wir haben kein Problem mit der Meinungsfreiheit. Wir haben ein Problem mit unserer Streitkultur", sagte er am Montag bei der Jahresversammlung der Hochschulrektoren in Hamburg. Diese Form der Auseinandersetzung müsse "aufs Neue" gelernt werden. Hauptthema des zweitägigen Treffens der rund 250 Hochschulrektoren waren die Wissenschafts- und Meinungsfreiheit.
Der Bundespräsident trat Klagen über eine angebliche staatliche Meinungszensur und fehlende Meinungsfreiheit in Deutschland entgegen. "Wer das behauptet, lügt und führt Menschen in die Irre. Und wer das glaubt, fällt auf eine bewusste Strategie interessierter verantwortungsloser Kräfte herein."
Steinmeier: Sprachliche Gewalt gehört bestraft
Auch dürfe eine angeblich gefühlte Freiheitseinschränkung "kein Freibrief" sein für "die Verbreitung von rücksichtslosen Beleidigungen und für ungebremsten Hass auf alle, die anders leben, anders denken, anders aussehen, anders lieben", betonte Steinmeier. "Es ist keine Legitimation für sprachliche Enthemmung, für Rassismus, für Frauenverachtung, für Schwulenfeindlichkeit, für Antisemitismus."
Manche verwechselten das Recht auf Meinungsfreiheit "mit dem Recht, andere hemmungslos zu diskriminieren, ihre Würde zu verletzen, ihnen sogar mit physischen Angriffen auf Gesundheit und Leben zu drohen", sagte der Bundespräsident. "Das ist nicht Meinungsfreiheit, das ist sprachliche Gewalt, die verhindert und bestraft gehört. Sie bedroht nicht nur diejenigen, die davon betroffen und hilflos – oft anonymen – Angriffen ausgesetzt sind. Sie bedroht unsere Freiheit insgesamt."
"Da wird man ja wohl auch widersprechen dürfen"
Manche pochten auf ein "Recht, jede noch so absurde Behauptung müsse ernst genommen werden", so Steinmeier. "Wer sich aber öffentlich äußert, muss natürlich mit der Überprüfung seiner Aussage rechnen und mit Widerspruch. Dem 'Das wird man ja wohl noch sagen dürfen' folgt eben gern ein 'Da wird man ja wohl auch widersprechen dürfen' – und das nenne ich nicht Mainstream-Tugendterror, sondern Demokratie!"
Erst im vergangenen Monat hatte der Bundespräsident homophobe Herabsetzungen bei einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung als "Anschlag auf unsere Demokratie" bezeichnet (queer.de berichtete). (mize/dpa)
Meinungsfreiheit hat wie jede Freiheit (auch Religionsfreiheit!) ihre Grenzen.
Und die sind in den Gesetzen mehr oder weniger festgelegt. Wir können hoffen, dass sich diesbezüglich im Art. 3 des Grundgesetzes zu unseren Gunsten bald etwas bewegt.