Hauptsächlich Studierende protestierten vor dem Sitz der "Siegener Zeitung" gegen Homophobie (Bild: Facebook / Kein Platz für Homophobie)
Die "Siegener Zeitung" hat ihren Artikel "Kraftvolles Zeugnis für die Bibel" verteidigt, in dem homophoben Hasspredigern unkritisch Raum eingeräumt worden war. Kritisiert wurde, dass christliche Fundamentalisten darin werben durften, dass die "Heilung" von Homosexualität möglich sei. Der Artikel im westfälischen Lokalblatt vom 23. November zu einer Tagung des evangelikalen "Netzwerks Bibel und Bekenntnis" hatte Studierendenvertretungen der städtischen Universität aufgebracht, die in einer Resolution scharfe Kritik übten: "Wer Homoheiler hofiert, wird seiner journalistischen Sorgfaltspflicht nicht gerecht" (queer.de berichtete).
In einem kurzen Artikel in der Donnerstagsausgabe beharrte die "Siegener Zeitung" darauf, dass man keine Fehler gemacht habe. Unter der Überschrift "Keine Fürsprache" hieß es: "Mit keinem Wort steht geschrieben, dass die Redaktion sich mit der Sache bzw. mit den Gedanken der Veranstaltung gemein gemacht hat." Man habe lediglich "einem Teil des religiösen Meinungsspektrums ein Forum geboten, der sich in anderen Medien nur selten wiederfindet." Dies ermögliche Lesern, "die Ansichten des Netzwerks selbst zu beurteilen, sich eine eigene Meinung zu bilden, was offenkundig in nennenswertem Umfang geschehen ist."
"Siegener Zeitung" distanziert sich von "Christenpest Homosexualität"
Eine kleine Distanzierung wird aber doch gemacht: Der Begriff "Christenpest", mit dem Homo-"Heiler" Markus Hoffmann im Originalartikel Homosexualität umschreibt, gehöre "nicht zum Sprachgebrauch und zur Gedankenwelt der Redaktion".
Am Mittwoch waren 25 Personen einem Demoaufruf vor dem Verlagshaus der "Siegener Zeitung" gefolgt. "Wir möchten vor der 'Siegener Zeitung' dagegen protestieren und über die Schäden von Konversionstherapien und für Vielfalt Aufklärungsarbeit leisten", hatte es in der Ankündigung geheißen. In ihrer Donnerstagsausgabe berichtete die Zeitung auch selbst kurz über den Protest. (dk)
1. Doch!
Bereits die Überschrift "Kraftvolles Zeugnis für die Bibel" ist wertend. Da steht nicht "Umstrittene Veranstaltung" o.ä., sondern dass diese Veranstaltung ein "kraftvolles Zeugnis" sei.
2.
Wenn man einfach so die Behauptung übernimmt, Homosexualität sei heilbar, obwohl wissenschaftlich bewiesen ist, dass das (1.) nicht möglich ist und dass solche Versuche (2.) massive psychische Probleme verursacht und bis zum Tod führen kann, dann verstößt das gegen journalistische Sorgfaltspflicht.
3.
Man darf sich auch mal fragen, ob man überhaupt über Veranstaltungen berichten sollte, wo gesundheitsschädliche Dinge propagiert werden.
Ein Vergleich:
Angenommen, jemand würde sich hinstellen und behaupten, dass das Trinken von Benzin Krebs heile.
Erstens ist die Frage, ob man davon berichten muss. Zweitens: wenn man es macht, würde es zur journalistischen Sorgfaltspflicht gehören, darauf hinzuweisen, dass das nicht hilft, sondern sogar schädigt. Und drittens würde man diesen Artikel nicht mit "Ein kraftvolles Zeichen für die Gesundheit" überschreiben.