Elia Scaramuzza (li.) und Carola Ebhardt führen derzeit kommissarisch die Arbeitsgemeinschaft für Akzeptanz und Gleichstellung in der SPD (Bild: SPDqueer)
Die Arbeitsgemeinschaft für Akzeptanz und Gleichstellung in der SPD (SPDqueer) hat am Wochenende den LGBTI-feindlichen Äußerungen ihres Parteifreundes Sigmar Gabriel widersprochen. Die kommissarischen SPDqueer-Vorsitzenden Carola Ebhardt und Elia Scaramuzza warfen dem ehemaligen Vizekanzler, Außenminister und SPD-Chef vor, "so genannte Minderheitenrechte gegen Fragen sozialer Gerechtigkeit" auszuspielen. Sein Redebeitrag ließe an seinem politischen Verstand zweifeln.
Gabriel hatte das "Überhandnehmen von Themen wie Schwulenrechte, Gleichstellungsrechte, Migration" dafür verantwortlich gemacht, dass die klassische Bindewirkung von Sozialdemokratie teilweise an die AfD verlorengegangen sei (queer.de berichtete).
Die SPD hat dieses Jahrhundert bereits acht Mal ihren Vorsitzenden bzw. ihre Vorsitzende ausgetauscht – Sigmar Gabriel war mit Abstand der SPD-Chef, der am längsten durchhielt (Bild: SPD Schleswig-Holstein / flickr)
Diese Äußerungen halten Ebhardt und Scaramuzza für Humbug: "Seit ihrer Gründung hat die SPD Freiheitsrechte, Gleichstellung und die Verbesserung der sozialen und ökonomischen Situation des Individuums und der Gesellschaft nicht nur gegen, sondern immer auch miteinander gedacht. Denn wer nur eingeschränkte politische und soziale Freiheitsrechte hat, kann schlechter für die eigenen ökonomischen Interessen streiten." Mit Stolz ergänzten die Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft: "1978 gründete sich die SPDqueer – damals noch als Schwusos – als älteste queere Arbeitsgemeinschaft einer Partei in Deutschland."
SPDqueer: Der Sozialdemokratie geht es "niemals" um Hetze
Ebhardt und Scaramuzza ergänzten, dass es der Sozialdemokratie "niemals" um Hetze und Spaltung gehe, sondern um "Versöhnung, ein solidarisches Miteinander und das Aushandeln von Konflikten". "Gabriel hingegen zieht sich auf eine verkürzte Position des plumpen Bashings zurück, die an seinem politischen Verstand stark zweifeln lässt", so die SPDqueer-Chefinnen. Sie warfen Gabriel zudem vor, in seiner Amtszeit als Bundesvorsitzender (2009 bis 2017) "wenig zu einer fundierten Diskussion in diesem Konflikt beigetragen" zu haben. "Mit diesen gegenwärtigen Aussagen disqualifiziert Sigmar Gabriel sich selbst. Für die SPD spricht er spätestens seit Abgabe seines Amtes nicht mehr", so Ebhardt und Scaramuzza. Es zeuge auch von Gabriels fehlender Sachkenntnis, die AfD als "Arbeiterpartei" zu bezeichnen. "Denn die AfD ist nicht nur eine in großen Teilen menschen- und demokratiefeindliche Partei. Sie ist auch arbeiter*innen- und arbeitnehmer*innen-feindlich. Dort wo sie ein Programm hat, fällt sie durch eine unsoziale Programmatik auf."
Die kommissarischen SPDqueer-Vorsitzenden garantierten, dass sich die Sozialdemokraten ungeachtet der Gabriel-Äußerungen "für die Sache von LSBTIQ* und für soziale Gerechtigkeit" einsetzen würden. "Denn ihre Stärke besteht gerade darin, diese zwei Aspekte nicht gegeneinander auszuspielen, sondern miteinander zu denken." (dk)