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Verbrecherorganisation
Experte: Mafia beginnt, Schwule zu akzeptieren
Wurde ein Mafia-Mitglied als schwul geoutet, war das häufig ein Todesurteil. Jetzt gibt es aber Anzeichen, dass die Gangsterorganisation ein wenig toleranter wird.

In der Mafia-Serie "The Sopranos" wurde gezeigt, wie Vito Spatafore Sr. (dargestellt von Joseph R. Gannascoli) sich mit Männern vergnügte – und anschließend umgebracht wurde. Seine Mörder machten deutlich, warum sie Spatafore getötet haben: Sie steckten der Leiche einen Billiard-Spielstock in den Hintern (Bild: HBO)
- 12. Dezember 2019, 16:03h 2 Min.
Die italienische Mafia hat offenbar ihre Regeln für Homosexualität liberalisiert. Das glaubt zumindest Staatsanwalt Nicola Gratteri, der drei Jahrzehnte lang gegen die Verbrecherorganisation ermittelte und als einer der größten Experten gilt.
In der britischen Tageszeitung "The Times" (kostenpflichtig) sagte der stets unter Polizeischutz stehende Jurist, dass männliche Homosexualität bislang in der Mafia als inakzeptabel angesehen wurde, weil man das "Image von harten, männlichen Typen" pflege. "Aber die Mafia entwickelt sich wie die Gesamtgesellschaft weiter. Schwule können jetzt als Fußsoldaten akzeptiert werden, solange sie ihre Homosexualität nicht öffentlich herumposaunen." Allerdings gebe es hier unterschiedliche Ansichten unter den Generationen – während die jüngeren Mafiosi kaum noch Probleme mit Homosexualität hätten, hielten die älteren an ihrer Homophobie fest.
Jüngere Mafiosi lieben Drag
Gratteri erklärte, er habe Gespräche von Mitgliedern der kalabrischen Mafia-Organisation 'Ndrangheta mitgehört, wonach sich die jüngeren Mafiosi gerne in Travestie-Clubs vergnügen. Der Sohn eines prominenten Mitglieds soll sogar als Dragqueen auftreten. Zudem hätten die Behörden "leidenschaftliche" Briefe zwischen einem Mafia-Boss und einem anderen Mann abgefangen. Die 'Ndrangheta kontrolliert 80 Prozent des Kokainhandels in Europa.
In der Vergangenheit wurde in der Mafia Homosexualität mit Weichheit gleichgesetzt. Schwule oder bisexuelle Mafiosi lebten sehr gefährlich: 1992 wurde etwa im amerikanischen New Jersey der Chef der DeCavalcante-Familie von seinen eigenen Anhängern ermordet, weil er im Verdacht stand, bisexuell zu sein. Der Todesschütze Anthony Capo erklärte damals bei seinem Gerichtsverfahren: "Niemand würde uns respektieren, wenn wir einen schwulen Boss hätten." (cw)
