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CSD-Debatte

"Grenzenlose Vielfalt statt nationale Einfalt"

Über 30 Einzelpersonen fordern ein neues Motto für den CSD Köln 2020. "Einigkeit! Recht! Freiheit!" schließe einen großen Teil der Community aus. Wir dokumentieren den Offenen Brief.


Demo der Vielfalt: Im kommenden Jahr findet die Kölner CSD-Parade am 5. Juli statt (Bild: Jörg Brocks / KölnTourismus)
  • 15. Dezember 2019, 19:02h 55 4 Min.

Liebe Mitstreiter*innen, liebe LSBTIQ-Community, lieber Vorstand des Kölner Lesben- und Schwulentages,

der Kölner Lesben- und Schwulentag (KLuST e.V.) hat das Motto für den Christopher Street Day (CSD) 2020 bekannt gegeben: "Einigkeit! Recht! Freiheit!".

Der Verein erklärt, dass das Motto "für gemeinsame Werte aller Menschen in diesem Land" stehen soll und man "die Deutungshoheit dieser Werte nicht den Nationalisten und Populisten" überlassen wolle, denn: "Dieses Land ist unser Land! Unser Grundgesetz, unsere Nationalhymne und unsere Einheit!". Unter Bezugnahme auf die deutsche Nationalhymne sollen die Werte Einigkeit, Recht und Freiheit im Kampf gegen Diskriminierung, Ausgrenzung, rechtliche Ungleichheit und Verrohung der Gesellschaft durch die LSBTIQ-Community positiv besetzt werden.

In den sozialen Medien wurde deutlich, dass einige sich im Motto wiederfinden und eine Bezugnahme auf die deutsche Einheit und die deutsche Nationalhymne befürworten. Andererseits äußern viele auch deutliche Kritik am Motto und problematisieren eine nationale Rhetorik. Einige wollen oder können den CSD unter diesen Vorzeichen nicht besuchen.

Als langjährige CSD-Besucher*innen und Mitwirkende halten wir das gewählte Motto für ungeeignet, um die LSBTIQ-Community dahinter zu versammeln und fordern die Änderung des Mottos, beispielsweise bei der am 16.01.20 vom KLuST geplanten Veranstaltung. Die Botschaft des CSD muss weniger missverständlich und deutlich inklusiver werden, um nicht einen großen Teil der Community auszuschließen.


Bereits beim CSD Köln 2016 wurde – satirisch – auf die Nationalhymne Bezug genommen (Bild: Thorsten Hansen / flickr)

Das Motto "Einigkeit! Recht! Freiheit!" steht den Forderungen von sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten im Weg:

• Das Motto verkörpert eine einseitig positive Bezugnahme auf nationale Symbolik und nationale Rhetorik. Während die Lesben-, Schwulen- und Transbewegung und ihre Emanzipationsgeschichte vor allem für Offenheit und grenzübergreifende, globale Solidarität steht, verharrt das jetzige Motto in nationaler Begrenztheit.

• Die Bezugnahme auf die deutsche Nationalhymne ist nicht vorbehaltslos möglich. Die Geschichte des Nationalismus und seiner Verbrechen in Deutschland kann nicht einfach für beendet erklärt werden und verpflichtet zur Zurückhaltung.

• Das Motto trifft auf ein minderheitenfeindliches Klima. Rechtsextreme Hetze und nationalistische Mobilisierungen haben sich in den letzten Jahren verschärft. Umso wichtiger ist es, dass die Signale aus der Zivilgesellschaft und den sozialen Bewegungen pluralistisch und inklusiv sind.

• Die LSBTIQ-Community setzt sich seit einigen Jahren intensiv mit Migration und Flucht auseinander. Viele LSBTIQ-Geflüchtete finden in Deutschland Zuflucht und Schutz. Andererseits erleben sie rassistische Ausgrenzung und Gewalt. Auch Migrant*innen und in Deutschland geborene Persons of Colour beklagen Alltags- und strukturellen Rassismus in Staat und Gesellschaft. Umso dringlicher ist es, ein Motto zu finden, das dieser Problemanzeige gerecht wird und die multiethnische Zusammensetzung der LSBTIQ-Community in Deutschland abbildet.

• LSBTIQ-Personen erlebten in Deutschland eine massive Entrechtung. Mit dem Paragraphen 175 wurden homosexuelle Handlungen zwischen Männern strafrechtlich verfolgt. Erst seit Kurzem ist eine Entschädigung für die Betroffenen möglich. Lesbische Frauen erlebten und erleben Benachteiligung und Demütigungen im Familienrecht und im Sexualstrafrecht. Transmenschen wird weiterhin geschlechtliche Selbstbestimmung verwehrt und sie erleben strukturelle Benachteiligung und Entrechtung. Diesen Erfahrungen von LSBTIQ-Menschen und den aktuellen Missständen kann das derzeitige Motto nicht gerecht werden.


Zum CSD-Motto "Einigkeit! Recht! Freiheit" hatte der KLuST auch ein eigenes Logo entworfen

Es ist der Beharrlichkeit, dem Selbstbewusstsein und der Streitlust der LSBTIQ-Bewegung zu verdanken, dass in einigen Regionen der Welt Erfolge in der Gleichberechtigung sexueller Minderheiten erzielt wurden. Diese Verbesserungen wurden immer gegen Widerstände und gegen Homo- und Transfeindlichkeit durchgesetzt. Blicken wir auf die besorgniserregenden Wahl- und Mobilisierungserfolge rechtspopulistischer und nationalistischer Parteien in Deutschland, Europa und der Welt, so wird deutlich, dass die LSBTIQ-Bewegung mehr denn je gebraucht wird. Sie steht für Offenheit, Verschiedenheit, Vielfalt, Solidarität und universelle Menschenrechte.

Das Motto des CSD muss sich daran messen lassen, wie ernst es das gesamtgesellschaftliche Klima nimmt. Notwendig ist ein starkes und nachvollziehbares Signal für Menschenrechte und die Rechte von sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten. Das derzeitige Motto leistet das nicht und sollte geändert werden.

Unterzeichner*innen:
Marco Kammholz, Ansgar Drücker, Gianni Johannes Jovanovic, Florian Sand, Gema Rodríguez Díaz, Erik Flügge, Marcel Dams, Aleksej Urev, Alf Spröde, Svenja Rabenstein, Marlen Vahle, Atanas Yankov, Mika Schäfer, Sina Vogt, Markus Schupp, Domenico Fiorenza, Maria Venhoff, Markus de Koster, Malina Bachmann, Inge Linne, Isik Akar, Sabine Arnolds, Carolina Brauckmann, Şefik_a Gümüş, Jonas Recker, Robin Sturm, Kira Splitt, Nic Tripp, Jespa Kleinfeld, Yvette Wheeler, Noeööe O'Brien-Coker, Ludgera Reckmann, Arndt Klocke

Umfrage zum Artikel

» Ist "Einigkeit! Recht! Freiheit!" ein gutes CSD-Motto?
    Ergebnis der Umfrage vom 07.12.2019 bis 02.01.2020

#1 BePrideAnonym
  • 15.12.2019, 20:37h
  • Vorteile hätte folgendes Motto:

    Würde, Freiheit, Gleichheit.

    1. Zuvorderst wird die Würde gefordert anlässlich der aktuellen Gewaltopfer.
    2. Die Einforderung der Grundrechte deckt sich mit der nach den globalen Menschenrechten.
    3. Das Motto schliesst nicht aus, sondern alle mit ein.
    3. Der Schutz der Individualität wird gefordert statt der Nachordnung dieser unter eine vermeintliche Einigkeit.
    4. Das Motto hat Forderungscharakter anlässlich der Auseinandersetzung um den Art.3 Abs.3 GG.
    5. Das Motto ist die Grundlage unseres Zusammenlebens hier und nicht die Nationalhymne.
    6. Es erfüllt die vorgebrachten Beweggründe der Befürworter des alten Mottos.
    7. Das neue Motto wäre die unterste Grenze eines ausgehandelten Kompomisses mit den Befürwortern des alten Mottos.
    8. Dieses Motto wäre ein Kompromiss, wenn mensch sich in der augenblicklichen Situation auf nichts anderes einigen kann.

    Eine Auseinandersetzung über gesellschaftliche Werte wäre dringend erforderlich.
  • Direktlink »
#2 goddamn liberalAnonym
  • 15.12.2019, 21:30h
  • Antwort auf #1 von BePride
  • Natürlich bin ich z. B. faktisch deutscher als Tino Chrupalla und Petr Bryston.

    Und auch mit dem demokratischen Staat habe ich viel mehr am Hut als die.

    Deutschland ist eine 1933 endgültig gescheiterte Nation mit einem relativ gut funktionierenden Staat. Meist ist es umgekehrt.

    Deshalb muss ich mir nicht einen miefigen Hymnentext des Antisemiten Hoffmann von Fallersleben zueigen machen.

    Du hast natürlich die Fakten auf Deiner Seite.

    Nach Köln/Cologne passt eben eher 'Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit'

    Colonia ist nicht von Deutschen gegründet worden und es wird auch nicht treudeutsch enden.

    Weiß doch jeder.

    www.youtube.com/watch?v=NM_K6y4EdNE
  • Direktlink »
#3 goddamn liberalAnonym

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