Am Mittwoch hat das RTL-Streamingportal endlich die letzten beiden Folgen von "Prince Charming" freigeschaltet – und verraten, welchen der 20 Kandidaten der schwule "Bachelor" Nicolas Puschmann als seinen Lebensabschnittspartner ausgewählt hat (hier kann man erfahren, wer Sieger und Zweitplatzierter wurde). Das Format, das von RTL als "erste Gay-Datingshow" angekündigt worden war, sorgt für überraschend unterhaltsame elf Stunden aus dem schwülen Griechenland.
Klar, Bildungsfernsehen kann man an dieser Stelle nicht erwarten. Und klar, Dating-TV hat nur entfernt etwas mit der Wirklichkeit zu tun, wie wir nicht erst durch die 38-teilige fiktive US-Serie "UnREAL" wissen, die einen Blick hinter die Kulissen einer TV-Produktion á la "Bachelor" wagt. Außerdem ist es manchmal ein wenig nervig, wenn die Kandidaten ganz ironiefrei ihre Liebeshymnen auf den "Princen" (das Wort wird aus irgendeinem Grund immer Englisch ausgesprochen) abspulen. Aber sie geben ja auch manchmal erstaunlich lustige und tiefsinnige Dinge von sich, wenn sie Herrn Charming nicht gerade die Zunge in den Hals stecken oder das RTL-Jahresbudget für Alkohol an einem Abend vernichten.
Anal-Steaming und Kuschel-Gate
Im Vergleich zum ebenfalls von RTL produzierten heterosexuellen "Bachelor" kommen die meisten Beteiligten bedeutend besser weg. Neben überraschend wenigen Zickereien diskutieren sie ab und zu auch ernsthaft über Themen, die die Community umtreiben. Ein Kandidat beklagt etwa, dass es unter Schwulen noch immer als schick gilt, sich möglichst hetero-männlich zu geben, andere würden einfach kaltgestellt. Spannend ist auch, wenn die schwulen Männer über Monogamie sprechen, besonders nach einem "Kuschel-Gate" in der Kandidatenvilla. Und wenn "Prince" Nicolas mit der Regenbogenfahne ankommt und "Wir sind schwul und stolz darauf" verkündet, ist das durchaus nett gemacht. Viele der Geständnisse kommen auch in ungewöhnlicher Kulisse daher – nicht nur beim obligatorischen Bungee-Sprung, sondern während der "Prince" und ein Kandidat auf Anal-Steaming-Schüsseln ihre Hinterteile bedampfen lassen.
Schöner als ein Kindergeburtstag: Drück ein paar Schwulen Champagner und Farben in die Hand, und es entsteht ein Regenbogen (Bild: TVNOW)
Dennoch: Es ist immer wieder spannend, wenn "Prince Charming" mit seinem Innenleben hadert und am Ende der Show mal wieder ein paar Kandidaten aussiebt. Natürlich alles unter Tränen. Das Casting ist RTL gelungen: Nicolas macht einfach alles mit, spricht tief emotional über seine Gefühle gegenüber den Kandidaten und treibt gleichzeitig Schabernack mit ihnen. Der 28-Jährige, der übrigens in Wirklichkeit kein blaues Blut in seinen Adern fließen hat, sondern als Kundenbetreuer im Außendienst seine Brötchen verdient, gibt sich erfrischend unprätentiös.
Auch die Kandidatenauswahl ist durchdacht, da viele unterschiedliche Charaktere in der Villa sind: Einige bestechen durch Emotionsausbrüche, andere durch hinreißende Unsicherheit, einer hat zudem die Kategorie "vernichtende Blicke" perfektioniert. Auf diese gute Auswahl ist es wohl zurückzuführen, dass "Prince Charming" eine zweite Staffel erhält – übrigens anders als die US-Vorlage "Finding Prince Charming", die mehr für schlüpfrige Schlagzeilen sorgte und nach einer Staffel eingestellt wurde.
Kritik aus der Community
Gleichzeitig gab es in sozialen Netzwerken und Foren viel Kritik an der Show, was allerdings bei RTL-Produktionen normal ist. Ein Nutzer schrieb etwa auf queer.de, es handle sich dabei um eine "Sendung für verklemmte Heten". Kandidat Pascal reagierte unlängst in der "Mopo" auf die Kritik mit den Worten: "Ich habe das Gefühl, die Show wird von Heterosexuellen viel positiver und mit weniger Feindlichkeit angenommen, als das bei der Gay-Community der Fall ist. Und da bin ich selber schockiert, was da teilweise an fiesen Kommentaren kommt."
Noch größer ist die Kritik an RTL, weil der Sender die Serie nicht in seinem Hauptprogramm ausstrahlen wollte, sondern als Eigenproduktion der Streamingplattform TVNOW verbreitete. Dabei wäre es doch schöner gewesen, wenn dem durchschnittlichen RTL-Publikum mal schwule Küsse (und es wird viel und züngelnd geknutscht) so richtig vor die Nase gehalten werden. RTL verweist dagegen darauf, dass es sich bei "Prince Charming" um das "erfolgreichste TVNOW-Original" handelt, und will so offenbar die Abo-Zahlen nach oben treiben (derzeit liegt die Show im TVNOW-Ranking auf Platz eins vor GZSZ). Außerdem soll die neunteilige Sendung nächsten Frühjahr bei Vox laufen, wenn auch erst nach der Hauptsendezeit gegen 22 Uhr (queer.de berichtete).
Schwule Shows stehen bei TVNOW derzeit hoch im Kurs (Bild: tvnow.de)
"Prince Charming" ist perfekt zum Bingewatchen an kalten Wintertagen zwischen den Jahren. Einfach mit dem Partner (oder der Partnerin) auf der Couch kuscheln, eine Flasche Sekt und eine Pulle Kräuterschnaps kaltstellen, den Fernseher einschalten und elf Stunden den Irrungen und Wirrungen des deutschen schwulen Singles folgen.