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Vor Volksabstimmung
Schweiz: Große Zustimmung für Verbot der Diskriminierung von Schwulen und Lesben
Die Bevölkerung soll nächstes Jahr darüber abstimmen, ob Diskriminierung von Homosexuellen zumindest teilweise verboten wird. Offenbar haben die meisten Schweizer damit kein Problem.

joanne clifford / flickr) Häuserbeflaggung in Basel: Beim Schutz von sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten hat die Schweiz noch einiges nachzuholen (Bild:
- 20. Dezember 2019, 12:48h 3 Min.
Eine große Mehrheit des schweizerischen Wahlvolks hat sich in einer am Donnerstag veröffentlichten Umfrage der Rundfunkanstalt SRG dafür ausgesprochen, das Merkmal der sexuellen Orientierung in die sogenannte Anti-Rassismus-Strafnorm aufzunehmen. Über diese Reform sollen die Wahlberechtigten in einer Volksabstimmung im Februar 2020 entscheiden. Das Strafnorm umfasst bisher nur die strafrechtliche Verfolgung von Volksverhetzung und bestimmten Diskriminierungen aufgrund von Rasse, Ethnie oder Religion.
Laut SRG sprechen sich 69 Prozent der Wahlberechtigten dafür aus, dass künftig auch sexuelle Minderheiten geschützt werden sollen. Die Zustimmung ist unter Frauen (81 Prozent) viel höher als unter Männern (57 Prozent). Zustimmung gibt es bei Anhängern aller großen Parteien mit Ausnahme der rechtspopulistischen Schweizerische Volkspartei (SVP).
Das Parlament in der Hauptstadt Bern hatte bereits vor einem Jahr beschlossen, die Anti-Rassismus-Strafnorm zu ergänzen – allerdings nur um das Merkmal "sexuelle Orientierung" und nicht um "Geschlechtsidentität" (queer.de berichtete). Das Gesetz enthält auch mehrere Lücken – so gibt es keinen Schutz im Arbeitsrecht, denn Homosexuellendiskriminierung wird bis heute nicht vom Gleichstellungsgesetz erfasst (queer.de berichtete).
Homo-Gegner lancierten Volksabstimmung
Homophobe Parteien sammelten nach dem Beschluss der Parlaments Unterschriften, um die Reform mit Hilfe direkter Demokratie doch noch zu verhindern (queer.de berichtete). Die Volksabstimmung ist für den 9. Februar angesetzt. Noch ist unklar, ob es eine weitere Abstimmung geben wird, mit der ein Ehe-Verbot für Schwule und Lesben in der Verfassung verankert werden soll.
LGBTI-Aktivisten begrüßten das Umfrageergebnis: "Die deutliche Zustimmung zeigt, dass die Bevölkerung Hass gegenüber Lesben, Schwulen und Bisexuellen nicht länger tolerieren will. Sie setzt damit ein wichtiges und dringend notwendiges Signal für eine offene Gesellschaft und sagt klar Ja zum Schutz vor Diskriminierung und Angriffen auf unsere Community", erklärte Florian Vock, der Co-Chef des Komitees "Ja zum Schutz vor Hass". Er warnte allerdings davor, sich zu früh in Sicherheit zu wiegen: "Der Abstimmungskampf wird [Anfang des Jahres] richtig losgehen und entschieden wird erst am 9. Februar an der Urne. Alle, die nicht mehr länger zuschauen wollen, wie wir Lesben, Schwule und Bisexuelle diskriminiert werden, müssen im Januar ihr Abstimmungscouvert abschicken."
Die Schweiz ist wegen mangelnder Antidiskriminierungsrichtlinien und des nach wie vor existierenden Ehe-Verbots für Schwule und Lesben bei LGBTI-Rechten weit hinter die anderen deutschsprachigen Länder Deutschland und Österreich zurückgefallen. Laut dem laufend aktualisierten Länderranking der LGBTI-Organisation ILGA Europe liegt die Schweiz derzeit nur auf Rang 28 von 49 Ländern – selbst Länder wie Albanien, Georgien und der Kosovo haben queerfreundlichere Gesetze. Deutschland befindet sich auf Platz 16, Österreich auf Rang 14. (dk)
