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Bundeswehr
AKK: Keine Entschuldigung bei homosexuellen Soldaten
Bis 2000 durften Lesben und Schwule keine Berufssoldaten werden. Die Verteidigungsministerin räumt zwar "gravierende dienstliche Benachteiligungen" ein, plant jedoch keine symbolische Wiedergutmachung,

Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer ist seit 17. Juli 2019 Bundesministerin der Verteidigung (Bild: CDU / Laurence Chaperon)
- 23. Dezember 2019, 13:59h 3 Min.
Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) plant offenbar keine offizielle Entschuldigung für die Diskriminierung von Schwulen und Lesben in der Bundeswehr. Dies geht aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Sven Lehmann (PDF) hervor.
Die Bundesregierung räumt in ihrem Schreiben zwar ein, dass Homosexualität bis Ende der Neunzigerjahre in den Streitkräften "zu gravierenden dienstlichen Benachteiligungen" habe führen können. Auf Lehmanns Frage, ob sich das Verteidigungsministerium offiziell für die Diskriminierung entschuldigen wolle, wird in der Antwort jedoch nicht eingegangen.
Homosexualität galt als Dienstvergehen
Tatsächlich war es Schwulen und Lesben in der Bundesrepublik bis 2000 pauschal verboten, Berufssoldat zu werden, gleichgeschlechtliche Beziehungen galten als Dienstvergehen. "Homosexuellen blieb die Offizierslaufbahn versperrt, Beförderungen blieben aus, ihnen drohte die Ablösung als unmittelbare Vorgesetzte oder Ausbilder", heißt es in der Antwort auf die Kleine Anfrage des queerpolitischen Sprechers der Grünen. "Wehrdienstleistende wurden in der Regel nach Bekanntwerden ihrer homosexuellen Neigungen zwangsversetzt." Diese Praxis sei von der Rechtsprechung stets gebilligt worden, so die Bundesregierung.
"Offenbar ist Kramp-Karrenbauer nicht bereit, sich offiziell für die jahrzehntelange Diskriminierung von homosexuellen Soldaten in der Bundeswehr zu entschuldigen", kritisierte Sven Lehmann in einer Pressemitteilung vom Sonntag. Er forderte die Ministerin auf, dem Vorbild ihres britischen Kollegen zu folgen, der dies kürzlich getan habe: "Demokratien und Rechtsstaaten sind nicht fehlerfrei, aber sie unterscheiden sich von Unrechtsstaaten dadurch, dass sie ihre Fehler erkennen, eingestehen und korrigieren. Diese souveräne Haltung erwarten wir Grüne von der Ministerin."
Vorgängerin Ursula von der Leyen warb für Diversity
AKKs Amtsvorgängerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte 2017 das erste LGBTI-Seminar der Bundeswehr veranstaltet und dazu aufgerufen, dass die Truppe auch Lesben, Schwule, Bisexuelle und trans Menschen willkommen heißt (queer.de berichtete). "Wir wollen diese Menschen nicht in die gesellschaftliche Unsichtbarkeit zwingen", erklärte die heutige Präsidentin der Europäischen Kommission bei dem damaligen Workshop. "Wir wollen sie in unserer Mitte haben mit all ihren Facetten. Wir wollen sie so behandeln, wie wir auch behandelt werden möchten."
Für ihren Einsatz für queere Soldaten musste von der Leyen mehrfach Kritik einstecken, sogar von den Sozialdemokraten. 2017 warf Rainer Arnold, der damalige verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, der Ministerin vor, mit ihrer Unterstützung von LGBTI "verfehlte Prioritäten" zu setzen (queer.de berichtete). Kritik kam auch aus CSU und AfD, ohne dass von der Leyen von ihrer Linie abwich. Für dieses Engagement verlieh ihr queer.de damals den Homo-Orden.
AKK profilierte sich mit LGBTI-feindlichen Tiraden
Annegret Kramp-Karrenbauer hatte sich in den letzten Jahren dagegen immer wieder mit LGBTI-feindlichen Tiraden profiliert. So sprach sie sich 2015, damals als saarländische Ministerpräsidentin, gegen die gleichgeschlechtliche Ehe aus – mit dem Argument, dass ein solcher Schritt auch zur Anerkennung von Viel- oder Verwandten-Ehen führen könne (queer.de berichtete). 2017 behauptete sie, dass das "Fundament unseres gesellschaftlichen Zusammenhalts" durch heiratende Schwule und Lesben "schleichend erodiert" werden könnte (queer.de berichtete)
Dieses Jahr geriet die Politikerin in die Kritik, weil sie bei einem Faschingsauftritt in Baden-Württemberg erklärte, "Toiletten für das dritte Geschlecht" seien "für die Männer, die noch nicht wissen, ob sie noch stehen dürfen beim Pinkeln oder schon sitzen müssen. Dafür – dazwischen – ist diese Toilette" (queer.de berichtete). Für keine ihrer LGBTI-feindlichen Äußerungen hat sich AKK bislang entschuldigt. (cw)
Links zum Thema:
» Die Antwort auf die Kleine Anfrage als PDF















Schrecklich sie in einer solchen Position erleben zu müssen.