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Medienkritik

Im ZDF ist das "Homo-Milieu" noch lebendig

In einer aktuellen Doku über den Mordfall Walter Sedlmayr nutzte ZDFinfo einen diskriminierenden Begriff, der bereits seit 15 Jahren von LGBTI-Gruppen kritisiert wird.


ZDFinfo erinnerte Ende Dezember an die Ermordung des schwulen Volksschauspielers Walter Sedlmayr im Jahr 1990 (Bild: ZDFinfo)

  • 5. Januar 2020, 13:42h 13 3 Min.

Es ist einfach nicht totzukriegen, das "Homo-Milieu", was immer das auch sein mag. Zuletzt war von diesem ominösen Milieu am 28. Dezember in der Doku "Falsche Fährten: Der Fall Walter Sedlmayr" in der ZDFinfo-Reihe "Aufgeklärt – Spektakuläre Kriminalfälle" zu hören (abrufbar noch bis 18. Januar 2020 in der ZDF-Mediathek). "Der Privatsekretär ist nicht zum ersten Mal in einen Mordfall im Homo-Milieu verwickelt", texteten dort die beiden Autor*innen Bernd Reufels und Christiane Fernbacher.

Begriffe wie "Homo-Milieu", "Homosexuellen-Milieu" oder "Schwulen-Milieu" tauchen immer wieder in Medienberichten und Pressemitteilungen auf, obwohl sie seit Jahren kritisiert werden. Erstmals hatte der Bund Lesbischer & Schwuler JournalistInnen (BLSJ) nach dem Mord am Münchner Modeschöpfer Rudolph Moshammer darauf hingewiesen, dass diese Bezeichnungen unbewusst Klischees über homosexuelle Menschen verbreiteten, die damit "kollektiv verunglimpft" würden (queer.de berichtete). Dieser Hinweis ist 15 Jahre alt – und offenbar noch immer nicht selbst in seriösen Redaktionen angekommen.

Keine Berichte aus dem "Hetero-Milieu"

In seinem Ratgeber "Schöner schreiben über Lesben und Schwule" (PDF) aus dem Jahr 2013 argumentiert der BLSJ: "Dieser Terminus ist sprachlicher Unsinn. Was oder wo soll dieses Milieu denn sein: die Stadt Köln, der Eurovision Song Contest oder gar das Amtszimmer einer lesbischen Politikerin? Solche Phrasen verunglimpfen Homosexuelle kollektiv, ganz so, als wären Lesben und Schwule wie Kriminelle in einer Art Rotlichtviertel organisiert. Kaum jemand würde über eine 'Gewalttat im Lehrermilieu' oder einen 'Doppelmord im Hetero-Milieu' berichten." Statt "Ein Mann aus dem Homosexuellen-Milieu" sollte schlicht über "einen Schwulen" berichtet werden, fordert der BLSJ in seiner Infobroschüre für Journalist*innen.

Dass es sinnvoll ist, Medien und Pressestellen mit der diskriminierenden Wortwahl zu konfrontieren, zeigte zuletzt die Kölner Polizei. Nach einem Gespräch mit dem BLSJ versprach Pressesprecher Thomas Held, den Begriff "Homosexuellen-Milieu" nicht mehr zu verwenden. "Wir wollen in Zukunft sensibler formulieren, um niemandem auf die Füße zu treten", erklärte Held im Frühjahr 2019 gegenüber unserer Redaktion (queer.de berichtete).

Sedlmayr wäre am Montag 94 Jahre alt geworden

Walter Sedlmayr wäre am 6. Januar 94 Jahre alt geworden. Vor 30 Jahren, am 14. Juli 1990, wurde der bayerische Volksschauspieler tot in seiner Wohnung in München aufgefunden – blutüberströmt im Schlafzimmer, den Hinterkopf mit einem Hammer zertrümmert und mit mehreren Messerstichen im Körper. Geld und Schmuck fehlten, eine Peitsche, Kondome und Gleitgel lagen neben dem Bett.

"Der Mörder kam von hinten" titelte die "Bild"-Zeitung damals und outete Sedlmayr mit dieser Doppeldeutigkeit als schwul. Die Polizei suchte den Täter zunächst in der Stricherszene, doch nur wenige Zeit später wurde klar, dass es eine bewusst falsch gelegte Fährte war. Sedlmayrs "Ziehsohn" und Geschäftsführer Wolfgang W. sowie dessen Bruder Manfred L. wurden in einem Indizienprozess des Mordes überführt. Zuvor hatte es Streit wegen Geld gegeben, zudem war das Testament des Schauspielers gefälscht worden.

Abgesehen von der Wortwahl "Homo-Milieu" fasst die ZDFinfo-Doku den spektakulären Mordfall spannend und informativ zusammen. Zu den Höhepunkten der Sendung gehört ein Interview mit Dragqueen Olivia Jones über das schwule Leben in München in den Achtzigerjahren. (mize)

#1 AHMadAnonym
  • 05.01.2020, 15:42h
  • das erinnert uns doch an die weiteren menschenverachtenden Begriffe die von unserer Regierung und unseren Staatsapparaten kommen wie NAFRI oder Dönermorde
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#2 AHBadAnonym
#3 stephan
  • 05.01.2020, 18:14h
  • Ja, es ist eine wirkliche Frechheit, dass das ZDF nichts dazulernt und lernen will. Vor Jahren habe ich mich bereits über diese Formulierung beschwert, als ein alter KHK in der Sendung xy-ungelöst benutzte ... neulich fiel es mir wieder irgendwo im ZDF auf, hatte aber keine Zeit für einen Beschwerdebrief und nun wieder diese stigmatisierende Formulierung. Ob die Leute aus dem Heterosexuellen-Milieu beim ZDF wirklich so dumm und lernunfähig sind ... oder handelt es sich gar um eine bewusste Provokation, Diskriminierung oder Frechheit?
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