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Shitstorm
Transphobie-Vorwürfe gegen Boy George
Der schillernde Ex-Popstar zeigt sich genervt von Personalpronomen – viele Twitter-Nutzer nehmen ihm das übel.
- 9. Januar 2020, 11:30h 2 Min.
In sozialen Medien sind Transphobie-Vorwürfe gegen den 58-jährigen Künstler Boy George laut geworden. Anlass sind eine Reihe von Tweets des britischen Ex-Sängers der Band Culture Club, in denen er sich offenbar über die bevorzugten Personalpronomen von nicht-binären Menschen lustig macht.
So schrieb George am Montag ohne weiteren Kontext: "Lasst eure Personalpronomen vor der Tür stehen."
/ BoyGeorgeLeave your pronoun's at the door!
Boy George (@BoyGeorge) January 6, 2020
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Als ihn später ein 18-Jähriger fragte: "Weißt du, was zum Teufel Personalpronomen sind?", antwortete der Sänger: "Eine moderne Form, Aufmerksamkeit zu suchen?"
/ BoyGeorge | Der Originaltweet mit der Frage wurde inzwischen gelöschtA modern form of attention seeking? https://t.co/9Qs9DyJ92F
Boy George (@BoyGeorge) January 6, 2020
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Hintergrund ist die Nutzung des Einzahlpronomens "they/them", das viele nicht-binäre Menschen in englischsprachigen Ländern bevorzugen. "They" wurde kürzlich von amerikanischen Linguisten zum Wort des Jahrzehnts bestimmt (queer.de berichtete).
Popstar Sam Smith ist die bekannteste Person, die mit "they/them" angesprochen werden möchte – der Popstar betonte dies im September letzten Jahres in sozialen Netzwerken (queer.de berichtete). Ironischerweise sagte Smith 2017, dass Künstler wie Boy George, bei denen die Geschlechtergrenzen fließend gewesen seien, eine Inspiration gewesen seien (queer.de berichtete).
Twitter-Nutzer werfen George Respektlosigkeit vor
Auf Twitter erklärten viele Nutzer, es sei respektlos von Boy George, sich über eine kleine Minderheit lustig zu machen. Sie wiesen darauf hin, dass viele nicht-binäre und transsexuelle Menschen jahrelang darunter leiden würden, als Mitglied eines anderen Geschlechts wahrgenommen zu werden. "Was ist nur aus dir geworden? Ich war mal ein großer Fan", schrieb ein enttäuschter Nutzer. Ein anderer erklärte: "Beschissene transphobe Witz-Versuche wie diese sind eine Form, Aufmerksamkeit zu suchen."
/ notCursedEUm @BoyGeorge. Shitty transphobic attempts at jokes like this are attention seeking. Trans people just want to be left alone mostly.
dead kids news account (@notCursedE) January 8, 2020
Could you not? pic.twitter.com/XdRbnnZP5t
Vereinzelt erhielt George auch Unterstützung – etwa von der schwul-lesbisch-bisexuellen Organisation LGB Alliance, die sich für Homosexuellenrechte einsetzt, aber gleichzeitig Trans-Rechte als "Gender-Extremismus" kritisiert (queer.de berichtete). George spreche aus, was viele Menschen denken würden, sich aber nicht zu sagen trauten. (cw)
/ AllianceLGBAs lesbians, gays and bisexuals we applaud @BoyGeorge for saying what many people think and few say. At the #lgballiance we dont have pronouns. Telling people your pronouns is telling them how they have to see you. https://t.co/8YudKbYa8a
LGB Alliance (@AllianceLGB) January 7, 2020
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Nach meinen Beobachtungen scheinen sich weder das englische "they/them", das schwedische geschlechtsunspezifische Personalpronomen noch das deutsche "das" (übrigens das einzige, welches ich mich weigere zu benutzen, denn Menschen sind keine Sachen und wohin eine "Versachlichung" von Menschen führen kann haben uns die Nazis ja auf schrecklichste Art und Weise demonstriert) selbst unter Nicht-binären durchzusetzen zu können.
Ursache hierfür scheint mir oftmals die Wahl des neuen Vornamens von Nicht-binären zu sein, der im alltäglichen Gebrauch oftmals bereits binär "besetzt" ist.
Die Tom, der Anna und das Ben kommen einfach viel zu selten vor und wollen sich einfach deshalb sowie aufgrund der binären Vorbesetzung ums Verrecken nicht einprägen.
Wenn Boy George aber glaubt die herausgestellte Bedeutung der Personalpronomen von nicht-binären Menschen seinen einfach nur >>..a modern form of attention seeking..<<, dann sollten wir ihn ab sofort mal penetrant als weiblich behandeln. Wenn man ihn als "die Boy George" bezeichnet und permanent über ihn in der Form "sie hat..." erzählt, wird es wohl nicht allzu lange dauern, bis er die Wertig- und Wichtigkeit der Verwendung der richtigen Personalpronomen neu justieren dürfte.
Und wenn die LGB Alliance in >>..Telling people your pronouns is telling them how they have to see you..<< eine Art der Bevormundung glaubt entdeckt zu haben, wie wäre es denn stattdessen damit, dies als eine Bitte nicht zu misgendern zu verstehen?
"Telling people my pronom is telling them how I see myself and how I would like to be treated."
Anderenfalls hätte das Ganze für mich nämlich ganz eindeutig einfach nur den Charakter des misgenderns aus persönlichen Bequemlichkeitsgründen.