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Analyse

Grindr, Tinder & Co. sollen Nutzerdaten unzulässig weitergeben

Norwegische Verbraucherschützer analysierten populäre Apps – gegen die schwule Dating-App Grindr und ihre Werbepartner legten sie offizielle Beschwerden ein.


Die Daten-Weitergabe von Apps sei "völlig außer Kontrolle", vor allem für ihre Nutzer, monieren Datenschützer am Beispiel von Grindr (Bild: Forbrukerrådet)

Verbraucherschützer werfen den Betreibern mehrerer beliebter Smartphone-Apps vor, im großen Umfang persönliche Daten ihrer Nutzer an Dritte weiterzugeben und damit gegen die Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Union zu verstoßen. Speziell die bei Schwulen beliebte Dating-App Grindr wird in dem Bericht "Out of control" ("Außer Kontrolle", engl. PDF) des norwegischen Verbraucherrats (Forbrukerrådet) näher untersucht.

Grindr, das schon vor zwei Jahren in Kritik geraten war, weil es damals Angaben zum HIV-Status seiner Nutzer weitergab, teile demnach über eine in der App integrierte automatische Schnittstelle des zu Twitter gehörenden Dienstleisters MoPub und über fünf weitere Schnittstellen umfangreiche Daten mit Werbenetzwerken – darunter eine spezielle App-unabhängige Werbe-ID des Geräts und die per GPS ermittelten Ortsdaten sowie teilweise die IP-Adresse des Nutzers und Profilinformationen wie Alter und Geschlecht. Die Werbenetzwerke hätten wiederum das Recht, die Daten mit ihren Dutzenden bis Hunderten Partnern zu teilen.


Grindr gibt – in einem ersten Schritt – Daten an 18 Partner weiter (Bild: Forbrukerrådet)

Das ermöglicht Werbungsverkauf in Echtzeit, allerdings auch ein umfangreiches Tracking (Nachverfolgen) des Nutzers über Apps und Geräte hinweg, ohne dass dieser eine Kontrolle darüber habe. Durch die Verknüpfung diverser Daten und Besonderheiten von geschlossenen App-Umgebungen gegenüber Browsern ist das Tracking deutlich umfassender und personalisierter als das bei Webseiten.

Opt-out schwierig und selten genutzt

Die Dating-App biete zwar ein Opt-out für seine Nutzer an, also eine Ablehnung der Datenweitergabe und des Trackings – dafür müssten diese aber außerhalb der App systemweite Einstellungen des Betriebssystems iOS oder Android ändern, was Studien zufolge wenige Nutzer machten. Die kaum vorhandene Auswahlmöglichkeit und Aufklärung über Datennutzung verstoße gegen die Datenschutzrichtlinie, so der Verbraucherrat. Auch zeige eine technische Analyse der App, dass Werbepartner auch bei einem Opt-out personalisierende Daten erhalten hätten.

Durch die unkontrollierte Mehrfachweitergabe könnten entsprechende Daten somit auch an "Gauner" oder "repressive Regierungen" geraten, warnen die Datenschützer. Im Fall von Grindr kombiniert mit dem Hinweis auf eine App, deren Nutzung bereits einen zusätzlichen Hinweis auf eine Homo- oder Bisexualität des Nutzers darstellt. Mindestens ein Werbenetzwerk, OpenX, habe die von Grindr gelieferten Daten zudem um Keywords wie "gay" oder "bi" ergänzt. Die Gefahr: In einigen Ländern wie Ägypten hätten Behörden schon Grindr genutzt, um Schwule gezielt ausfindig zu machen (im letzten Jahr hatten Forscher auch erneut gezeigt, dass Nutzer des Dienstes durch offene Schnittstellen und Trilateration aufgespürt werden konnten).


Die Datenweitergabe von Grindr konkret (Bild: Forbrukerrådet)

Von den untersuchten Apps, darunter weitere Dating-Angebote wie Tinder und OKCupid, aber auch eine App für Kinder oder Muslime, sandten mehrere Daten direkt oder indirekt an die gleichen Werbepartner, die die Angaben so kombinieren können. OkCupid steuert etwa höchstpersönliche Daten zu Sexualität, Drogennutzung und politischen Ansichten bei. Während Grindr als einzige der untersuchten Apps auf Google-Dienste verzichtete, setzte es ebenfalls wie fast alle anderen auf eine Facebook-Schnittstelle. Der US-Datenriese erhielt so Informationen zu Nutzern, selbst wenn diese nicht bei ihm angemeldet waren.

Die Analyse der Verbraucherschützer kommt zu dem Schluss, dass "die Werbebranche systematisch gegen das Gesetz verstößt". 20 Monate nach Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung würden die Verbraucher immer noch umfassend ausgespäht und hätten "keine Möglichkeit, in Erfahrung zu bringen, welche Unternehmen ihre Daten verarbeiten und wie sie gestoppt werden können", kritisierte Forbrukerrådet.

Twitter / maxschrems

"Jedes Mal, wenn du eine App wie Grindr öffnest, erhalten Werbenetzwerke deinen GPS-Standort, Gerätekennungen und sogar die Tatsache, dass du eine Dating-App für Homosexuelle benutzt. Dies ist eine eklatante Verletzung der EU-Datenschutzgesetze", sagt Max Schrems, Vorsitzender des europäischen Datenschutzzentrums noyb, das an dem Bericht mitarbeitete, in einer ausführlichen deutschsprachigen Pressemitteilung. Er will bei der österreichischen Datenschutzbehörde Beschwerde einreichen – die Kollegen aus Norwegen haben bereits drei formelle Beschwerden gegen Grindr und weitere gegen von der App genutzte fünf Adtech-Unternehmen eingereicht. (nb)

#1 Patrick SAnonym
#2 Taemin
#3 AndrarEhemaliges Profil
  • 15.01.2020, 13:17h
  • "Seit Januar 2016 ist Grindr mehrheitlich im Besitz des chinesischen Unternehmens Beijing Kunlun Tech"
    Und dann erwartet man Datenschutz?
    Wer ist denn so naiv ?
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#4 RetroGayProfil
  • 15.01.2020, 13:55hDortmund
  • Mmmmh..... und wie sieht es mit den Apps von Gayroyal und Planetromeo aus???
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#5 mactorProfil
  • 15.01.2020, 14:17hBerlin
  • Zitat: "Die Dating-App biete zwar ein Opt-out für seine Nutzer an, also eine Ablehnung der Datenweitergabe und des Trackings dafür müssten diese aber außerhalb der App systemweite Einstellungen des Betriebssystems iOS oder Android ändern, was Studien zufolge wenige Nutzer machten. "

    Vielleicht weil die Nutzer (wie ich) nicht wissen das dies geht und wie?

    Wäre nett mir mal zu erklären wie man das macht. Unter Android 9 und 10.
    Vielen Dank!
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#6 PetterAnonym
  • 15.01.2020, 17:21h
  • Für solche Apps gilt genau wie für die großen Internet-Riesen wie Google, Amazon, Facebook, Microsoft, Apple, etc.: wir sind nicht die Kunden, sondern wir sind das Produkt.

    Die Apps konterkarieren den Fortschritt den Internet, dass es eben nicht mehr darum geht, welche Hardware, welches Betriebssystem und welche Anwendungssoftware man hat, sondern um das Bereitstellen von Informationen und Angeboten ohne diese Plattformfragen und für jeden zugänglich.

    Und die großen Riesen machen gerade auch die kleinen, unabhängigen, hochwertigen Angebote aus Journalismus, etc. platt: queer.de und andere unabhängige Angebote ohne großes Medienhaus, die 30%-Provisionen an Apple, Google & Co zahlen können, Lokalzeitungen, private Blogs, etc.
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#7 FinnAnonym
  • 15.01.2020, 21:52h
  • Antwort auf #6 von Petter
  • Vollkommen richtig.

    Wir nutzen deren Dienste und meinen, das sei das Produkt, aber wir sind das Produkt, das von denen zu Geld gemacht wird. Zu sehr viel Geld.

    Damals bei der Volkszählung hat jeder geschimpft. Aber das hier ist noch viel schlimmer:

    Das zeigt dreierlei:

    1. Man muss nur Dinge ganz langsam Schritt für Schritt umsetzen, dann wird das mitgemacht. Würde man zurückblicken und das alles auf einmal umsetzen, würde das niemand mitmachen. Aber mit der Salami-Taktik kann man alles durchsetzen.

    2. Wenn es um Computer, Internet, Big Data, KI, etc. geht, werden viele Möglichkeiten aber auch Gefahren unterschätzt, andere werden überschätzt. Aber die Folgen der totalen Überwachung werden von vielen immer noch unterschätzt und manche scheinen nicht mal ansatzweise zu ahnen, was durch Datenaggregation und kluges Auswerten alles möglich ist und welche Folgen das hat.

    3. Für ein bisschen mehr Komfort oder ein wenig finanziellen Vorteil nehmen viele Leute fast alles hin. Dass die Nachteile noch teurer sind als das, was man gespart hat, können viele nicht abschätzen, weil sie nicht weit genug in die Zukunft denken und sich nicht tief genug mit den Folgen beschäftigen.

    Bestes Beispiel ist Amazon:
    die ruinieren mit Kampfpreisen den klassischen Einzelhandel (inkl. LGBTI-Buchläden, etc.). Dass die dann ihre Steuern auf ein Minimum runterrechnen, schlechtere Jobs als der Einzelhandel bieten, nicht ausbilden, etc. kostet die Gesellschaft, also letztlich auch jeden einzelnen, viel mehr, als wenn man auf ein Produkt mal ein paar Euro verdient. Und mal ganz abgesehen davon: glaubt wirklich irgendwer, wenn der klassische Einzelhandel ganz verschwunden ist, wenn also die Konkurrenz weg ist, würde es bei den Kampfpreisen bleiben? Die wissen genau, dass sie dann jeden Preis verlangen können, weil die Markteintrittsbedingungen für neue Konkurrenten nach Vernichten eines funktionierenden Marktes viel härter sind...
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#8 remixbeb
  • 16.01.2020, 10:51h
  • Antwort auf #7 von Finn
  • Was Amazon angeht, hast du vollkommen Recht. Ein Punkt stimmt aber trotzdem nicht. Bücher unterliegen (als Neuware) der Buchpreisbindung. Da kann auch amazon nichts machen. Wenn Leute lieber dort bestellen als beim Buchhändler, ist das Faulheit. Und ausnahmsweise nicht Schuld eines großen Konzerns.
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#9 TheDadProfil
  • 16.01.2020, 11:11hHannover
  • Antwort auf #3 von Andrar
  • ""Und dann erwartet man Datenschutz?""..

    Wunderbar..
    Paßt dann auch n die Haltung der US-Regierung, die massiven Einfluß auf die Vertragsfreiheiten der Europäischen Staaten beim Ausbau von 5G nehmen wollen, und Huawei für eine "Daten-Krake" halten..

    Das eigentliche Problem an diesen "Partner" beim Ausbau der Mobil-Funknetze ist es aber, das wenn Huawei die Masten aufstellt und die Server betreibt, dann kriegen die USA und damit die NSA keinen Zugriff mehr auf diese Daten..

    WEM "Grindr" gehört ist dabei so irrelevant wie nur was, denn wenn die Daten nicht über das Programm "weitergeben", dann "fischen" sie die "Geheimdienste" sie ab..

    Nur die "verkaufen" Dir dann keine "unerwünschte Werbung"..

    Die legen dann "Daten-Sammlungen" an die sie zu "Nutzer-Profilen" verengen können, oder auch zu "Bewegungs-Profilen"..
    Und die lassen sich dann "mit einem Klick" zu
    "Rosa Listen" umwandeln..
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#10 TheDadProfil
  • 16.01.2020, 11:15hHannover
  • Antwort auf #4 von RetroGay
  • ""Mmmmh..... und wie sieht es mit den Apps von Gayroyal und Planetromeo aus???""..

    Alle Apps für die "mobile Nutzung" beinhalten die gleichen Gefahren..

    Wenn man weiß ob ein Mensch solche Programme nutzt, und ob er die mobil nutzt, dann muß man dessen "Handy" gar nicht mehr ausfindig machen, und umständlich "triangulieren"..

    Man schaut einfach nach wo er sich laut "Grindr", "Royal" oder "Planet" gerade aufhält..
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