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Stalker vor Gericht
Bremen: Prozess gegen Schwulenhasser beginnt
Ein 31-Jähriger soll aus Hass jungen Schwulen das Leben zur Hölle gemacht haben. Jetzt wird ihm in Bremen der Prozess gemacht.

Emmanuel Huybrechts / flickr) Noch ist völlig offen, ob der Angeklagte ins Gefängnis müsste oder in eine Psychiatrie (Bild:
- 15. Januar 2020, 16:21h 2 Min.
Vor dem Amtsgericht Bremen hat am Mittwoch unter großen Medieninteresse der Prozess gegen einen mutmaßlichen Schwulenhasser begonnen. Der 31-jährige Angeklagte wird von der Staatsanwaltschaft beschuldigt, 2016 mehrere schwule Männer aus Bremen monatelang gemobbt und regelrecht terrorisiert zu haben. Im August 2018 wurde Anklage erhoben (queer.de berichtete). Insgesamt zwölf Prozesstage sind zunächst angesetzt worden, wegen der umfangreichen Beweisführung zu Taten im Internet ist aber unklar, ob das ausreicht.
Noch ist ebenfalls unklar, ob der Angeklagte überhaupt schuldfähig ist. Der Prozess wurde laut "Weser-Kurier" wegen Aussage einer psychologischen Sachverständigen unterbrochen. "Es gibt Hinweise auf eine psychologische Störung von relevanter Art", habe sie erklärt. Die Richter wollen daher bis Montag beraten, ob sie dem Rat der Expertin folgen. Dann müsste vor dem Landgericht weiterverhandelt werden. Außerdem besteht die Möglichkeit, dass der Angeklagte nicht mit Gefängnis rechnen muss, sondern mit der Unterbringung in einer Nervenklinik.
Tatmotiv: Homophobie
Das Tatmotiv des Angeklagten soll Hass auf Homosexuelle gewesen sein. Sein Ziel sei es stets gewesen, jungen Schwulen Probleme zu bereiten und ihnen das Leben möglichst schwer zu machen. Einige seien beispielsweise über gefälschte Facebook-Konten geoutet worden. Laut der Polizei seien viele der Opfer traumatisiert gewesen. Der Mann sei für die Justiz kein Unbekannter, erklärte Frank Passade, der Sprecher der Staatsanwaltschaft, gegenüber Radio Bremen.
Die Anklageschrift umfasst vier Stalking-Fälle und 68 Straftaten, darunter neben der Nachstellung auch Volksverhetzung, Bedrohung, versuchte räuberische Erpressung, Beleidigung und Nötigung. Allerdings gehen die Behörden von weit mehr Opfern aus, die sich nicht getraut hätten, die Polizei einzuschalten.
Der Angeklagte soll auch einen zum Tatzeitpunkt erst 17-jährigen Schüler terrorisiert haben. Er soll dem Teenager innerhalb eines halben Jahres geschätzte 5.000 Facebook-Mitteilungen und Whatsapp-Nachrichten geschickt und ihn angerufen haben. Zudem soll er Bilder des Schülers in der Bremer Innenstadt verteilt haben, auf denen "Ich bin schwul" geschrieben stand. Der mutmaßliche Täter soll sogar eine Todesanzeige mit dem Namen des Jungen aufgegeben und einen Trauerkranz an seine Schule geschickt haben. (cw)
