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Filmpreis
Die Zärtlichkeit des Gleitgelflecks
Beim Filmfestival Max Ophüls Preis in Saarbrücken wurde mit "Neubau" ein queerer Heimatfilm als bester Spielfilm ausgezeichnet. Auch Hauptdarsteller Tucké Royale wurde geehrt.

Markus (Tucké Royal, li.) verliebt sich in den jungen Fernsehtechniker Duc (Minh Duc Pham) (Bild: Schuldenberg Film)
- 26. Januar 2020, 07:20h - 2 Min.
Der Film "Neubau" (Deutschland 2020) von Johannes Maria Schmit hat beim 41. Filmfestival Max Ophüls Preis in Saarbrücken am Samstagabend den Preis für den besten Spielfilm gewonnen. Dieser ist mit 36.000 Euro dotiert. Den Max Ophüls Preis für den gesellschaftlich relevanten Film erhielt der Hauptdarsteller Tucké Royale für Buch und Schauspiel.
"Neubau" spielt im Sommer in der Brandenburger Provinz und erzählt von trans Mann Markus (Tucké Royale), der hin- und hergerissen ist zwischen der Liebe zu seinen pflegebedürftigen lesbischen Omas in der Uckermark und der Sehnsucht nach einem anderen Leben in Berlin. Ursprünglich sollte der Film "Stonewall_Uckermark" heißen (queer.de berichtete).
Sehnsucht nach der queeren Wahlfamilie
"Es gibt Filme, die sind leise, aber sie wirken lange nach. Die weiten den Blick, einfach, indem sie einladen genau hinzuschauen", heißt es in der Begründung der Jury. "Sie kommen ohne Budenzauber aus, weil sie den Gegenstand ihrer Betrachtung ernst nehmen, ihm Würde verleihen. Solche Filme haben die Kraft, Empathie zu erzeugen."
Die Zuschauer*innen lernten eine Figur kennen, in der sich verschiedene Welten überlagerten – "hinreißend verkörpert" von Tucké Royale, der das Zentrum des Films sei. "Wir glauben ihm alles – den gierigen gay sex, die Brandenburger Dorfkindheit, die Sehnsucht nach der queeren Wahlfamilie in Berlin. Und wir könnten ihm stundenlang zuschauen", so die Jury. "Die Zärtlichkeit liegt im Detail – der Kleinwagen mit dem Stonewall-Schriftzug, die Nietenjacke mit dem Aufdruck 'Mutant Hero', der Gleitgelfleck auf dem Bettlaken."
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Auto-Konvoi von queeren Zauberwesen
In der Auszeichnung für Tucké Royal urteilte die Jury: "Das, was man als hermetischen Film über ein Nischenthema hätte inszenieren können, wird ein barrierefreies Fenster in eine ambivalente Welt voll hybrider Identitäten und brüchiger Lebensrealitäten." In der Begründung heißt es weiter: "Ein Auto-Konvoi von queeren Zauberwesen zieht wie eine Fata Morgana über die Landstraßen. Ein Mann masturbiert im Sonnenuntergang an einen Heuballen gelehnt. Das Kunststück: Es ist kein Kitsch. Kein Themenfilm nämlich, sondern einer, der sagt: So ist das Leben. Sehnsucht, Einsamkeit, Warten."
Das Filmfestival Max Ophüls Preis gilt als das wichtigste Festival für den jungen deutschsprachigen Film und steht für die Entdeckung junger Talente aus Österreich, Deutschland und der Schweiz. Erwartet worden waren rund 40.000 Besucher*innen, denen mehr als 150 Filme geboten wurden. Insgesamt wurden am Samstagabend 16 Auszeichnungen mit Preisgeldern in einer Gesamthöhe von 118.500 Euro verliehen. (cw/dpa)

Links zum Thema:
» Homepage zum Filmfestival Max Ophüls Preis
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