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Tschetschenien

"Nowaja Gaseta"-Journalistin in Grosny von Mob verprügelt

Elena Milaschina, die als erste über die LGBTI-Verfolgung in Tschetschenien berichtete, und eine Menschenrechtsanwältin wurden leicht verletzt.


Elena Milaschina nach dem Angriff (r.) und Tschetscheniens Präsident Ramsan Kadyrow (Bild: vk.com/ramzan, privat)

  • 8. Februar 2020, 13:39h 2 3 Min.

Die prominente und mehrfach ausgezeichnete russische Investigativjournalistin Elena Milaschina und die Menschenrechtsaktivistin Marina Dubrowinato sind am späten Donnerstagabend in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny von einem Mob aus bis zu 15 Personen überfallen worden, als sie die Lobby ihres Hotels betraten.

Der Angriff vor allem durch junge Frauen sei "koordiniert und orchestriert" gewesen, sagte Milaschina der BBC, ein Mann in der Nähe habe dazu Befehle gegeben und den Angriff gefilmt. In mehreren Interviews und Berichten betonte sie, die Frauen hätten sich über ihre angebliche Unterstützung von Terroristen empört, und machte tschetschenische Behörden für den zur Einschüchterung und Bestrafung für kritische Berichte dienenden Angriff verantwortlich, der sich nach einigen Schlägen und Tritten durch Rückzug der Frauen auflöste.

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Die Journalistin der Zeitung "Nowaja Gaseta" sieht den Angriff in direktem Zusammenhang mit dem Prozess gegen den Blogger Islam Nukhanov, zu dem die beiden Frauen angereist waren, Dubrowinato als seine Anwältin. Ihm wird Besitz einer bei ihm angeblich gefundenen Waffe vorgeworfen – nachdem er in einem Video den luxuriösen Lebensstil und die Immobilien von Präsident Ramsan Kadyrow und seiner Entourage gezeigt hatte.

Waffenbesitz sei nach Drogen der beliebteste Vorwurf gegen Regime-Kritiker, schrieb Milaschina am Freitag in einem uneingeschüchterten "Gaseta"-Beitrag zu dem Angriff gegen sie. Sie beklagte darin wiederholte Drohungen, Angriffe und Prozesse gegen Journalisten und Menschenrechtler in der russischen Teilrepublik – nach den Enthüllungen zur Schwulenverfolgung war sie 2017 selbst nach öffentlichen Drohungen durch tschetschenische Politik- und Religionsanführer zwischenzeitlich zu einem geheimen Ort gebracht worden (queer.de berichtete). Auch beklagte sie weiter anhaltende Verschleppungen von unter anderem Regime-Kritikern, in Ungnade gefallenen Staatsbediensteten oder angeblichen Terroristen durch Sicherheitskräfte. Erst kurz vor dem Angriff habe sie von der Festnahme von zwanzig Schülern erfahren, die sich in sozialen Netzwerken kritisch über das Kadyrow-Regime geäußert hatten. Ihren Eltern habe man gesagt, dass man sie bis zur Volljährigkeit in tschetschenischen Kellern festhalten werde.

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Menschenrechts­organisationen wie Amnesty International, Vertreter der internationalen Politik und Journalistenverbände aus aller Welt samt Russland haben den Angriff auf die beiden Frauen verurteilt und Aufklärung verlangt. Die Chancen stehen schlecht: Die russische Politik und Strafverfolgung sehen bei Verbrechen des Kadyrow-Regimes weg.

"Klima der Rechtlosigkeit"


Der Film "Welcome To Chechnya" will die anti-queere Verfolgung in Tschetschenien wieder ins internationale Bewusstsein rücken

Ein Wegschauen Russlands gilt auch für die Verfolgung von LGBTI in Tschetschenien, über die Milaschina in der "Nowaja Gaseta" in Zusammenarbeit mit dem russischen LGBT Network als erste berichtet hatte (queer.de berichtete). Im Frühjahr 2017 waren über hundert Männer wegen vermuteter Homosexualität von Sicherheitskräften verschleppt und in außergesetzlichen Lagern an der Seite von anderen Inhaftierten wie Drogensüchtigen gefoltert worden, einige von ihnen starben dabei. Nach internationaler Empörung wurde das mutmaßliche Hauptinhaftierungslager geräumt, später kam es aber immer wieder zu kleineren Verfolgungen, die auch vermutete Lesben oder Trans­sexuelle umfassten, zuletzt zu einer größeren Welle Anfang 2019 (queer.de berichtete).

Während Milaschina immer neue Details und Beweise für die Verfolgung veröffentlichte, verschleppten die zuständigen russischen Behörden allerdings alle Ermittlungen, während Kadyrow die Verfolgung unter homofeindlicher Hetze immer wieder abstritt (queer.de berichtete). Europarat und OSZE hatten eigene Untersuchungen zu den Verfolgungen angestellt und in den letzten Jahren Russland mehrfach aufgefordert, Hintergründe zu ermitteln, Verantwortliche zu bestrafen und das "Klima der Rechtlosigkeit" in der Region zu beenden (queer.de berichtete)

Die Forderungen dürften in diesem Jahr wieder lauter werden, durch die HBO-TV-und-Kino-Dokumentation "Welcome To Chechnya", die nach einigem Wirbel bei der US-Premiere beim Sundance Film Festival in wenigen Wochen bei der Berlinale internationale Premiere feiert. Regisseur David France ("How To Survive A Plague") stellt darin in fast zwei bedrückenden Stunden mit viel neuem Material Überlebende der Verfolgungswelle vor – und die russischen Aktivisten, die ihnen bei der Flucht halfen und für ihr Recht kämpften. Sie werden in diesem Jahr auch mit dem erstmals vergebenen Teddy Activist Award geehrt. (nb)

#1 NuminexEhemaliges Profil
  • 08.02.2020, 18:18h
  • Ich denke, dass Sie noch lebt, ist ein Glück. Sie sollte über eine baldige Flucht nachdenken. Wer Homosexuelle verfolgt, ermordet und tötet macht mit Sicherheit nicht vor unliebsamen Journalisten halt. Mama Russland zeigt ja wie es geht. Oder, wie Kadyrow sagte, die Familienangehörigen kümmern sich um die Schande.
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#2 Trumpisten-WatchAnonym
  • 09.02.2020, 23:05h
  • Zu diesem Vorfall wird man von Putins Speichelleckern AfD und Die Linke vermutlich nichts hören ...
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