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Volksabstimmung
In der Schweiz wird Homo-Hass zur Straftat
63,1 Prozent der Schweizer*innen stimmten am Sonntag für die Ausweitung der so genannten Anti-Rassismus-Strafnorm auf die sexuelle Orientierung.

Oyvind Solstad / flickr) Schweizer Fahne unterm Regenbogen: LGBTI-Verbände begrüßten den Ausgang des Referendums (Bild:
- 9. Februar 2020, 12:47h 3 Min.
In der Schweiz stehen Hass auf homo- und bisexuelle Menschen und ihre Diskriminierung künftig unter Strafe: Bei einer Volksabstimmung votierten am Sonntag laut Endresultat 63,1 Prozent für die Ausweitung der so genannten Anti-Rassismus-Strafnorm auf die sexuelle Orientierung. Die Stimmbeteiligung lag bei 41,2 Prozent.
Besonders hoch war die Zustimmung in der Westschweiz. Der Kanton Waadt verzeichnete das deutlichste Ja mit 80.2 Prozent. In der Deutschschweiz lag Basel-Stadt mit 71.9 Prozent vorne. Nur drei Kantone sagen Nein zur Gesetzesänderung: Schwyz, Uri und Appenzell Innerroden. In den Kantonen Obwalden, Nidwalden, Glarus, Appenzell-Ausserrhoden und Thurgau sagte nur eine knappe Mehrheit Ja.
Erste Trendrechnung: 62% Ja für den Schutz vor Hass!???? #Abst20 #jazumschutz
Gepostet von PINK CROSS / Swiss Gay Federation am Sonntag, 9. Februar 2020
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Besserer Schutz vor Diskriminierung
Das bisherige Strafgesetz schützt vor Diskriminierung und Hetze wegen der Zugehörigkeit zu einer Religion oder Ethnie. Das Parlament in Bern hatte sich bereits 2018 für eine Ausweitung des Gesetzes ausgesprochen. Nur die rechtspopulistische SVP, die stärkste Partei im Parlament, und die kleine christlich-konservative EDU waren dagegen. Die Kritiker des Gesetzentwurfs erzwangen eine Volksabstimmung, denn in ihren Augen beschränkt er die Meinungs- und Glaubensfreiheit.
Der sozialdemokratische Abgeordnete Mathias Reynard als Initiator der Gesetzesreform sprach von einem historischen Tag. Das Votum sei ein "großartiges Signal" für alle, die schon einmal Opfer von Diskriminierung geworden seien, sagte er dem Sender RTS 1.
EDU-Vertreter Marc Früh sagte dem Sender, er nehme die Niederlage hin, doch sei es richtig gewesen, die Bürger zu dem Thema zu befragen. Seine Partei werde jetzt genau darauf achten, wie das Gesetz von den Gerichten ausgelegt werde.
LGBTI-Verbände feierten das Ergebnis
"Das ist ein starkes Zeichen für die Akzeptanz von Lesben, Schwulen und Bisexuellen", feierte das Komitee "Ja zum Schutz vor Hass" auf Facebook in einer Pressemitteilung den Ausgang des Referendums. "Diesen Schwung wird die LGBTI-Community nach dem deutlichen Ja nutzen, um die konsequente Umsetzung der Strafnorm zu erwirken und die Ehe für alle mit tatsächlicher Gleichstellung durchzusetzen."
Herzlichen Dank für dieses überwältigende JA zum Schutz vor Hass!! ?????? Mit eurer Unterstützung haben wir gezeigt,…
Gepostet von Ja zum Schutz vor Hass am Sonntag, 9. Februar 2020
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Das Resultat habe Signalwirkung, erklärte Salome Zimmermann, Co-Präsidentin der Lesbenorganisation Schweiz LOS. "Heute wurden aber nicht nur die Rechte von Lesben, Schwulen und Bisexuellen gestärkt, sondern jene von allen Minderheiten. Das Resultat hat Signalwirkung. Das Schweizer Volk sagt: Wir wollen keinen Hass, sondern eine offene Gesellschaft mit Akzeptanz." Das ursprünglich ebenfalls bei der Reform vorgesehene Diskriminierungsmerkmal "Geschlechtsidentität" wurde allerdings im Gesetzgebungsverfahren vom Ständerat gestrichen.
Homophobe Äußerungen im Privaten bleiben erlaubt
Die Gesetzesänderung verbietet nun, Menschen in der Öffentlichkeit wegen ihrer sexuellen Orientierung zu diskriminieren oder zum Hass gegen sie in Text, Sprache, Bildern oder Gesten aufzustacheln. Restaurants, Hotels, Verkehrsunternehmen, Kinos oder Schwimmbäder etwa dürfen niemandem mehr aufgrund seiner sexuellen Orientierung den Einlass verweigern. Die Strafen reichen bis zu drei Jahren Haft.
Homo- und biphobe Äußerungen im Familien- oder Freundeskreis werden weiterhin nicht bestraft. Auch kontroverse Debatten über Themen wie etwa die Ehe für alle sind nach Angaben der Regierung nach wie vor möglich. Noch 2016 hatte die Organisation Pink Cross ein Verfahren gegen den Churer Bischof Vitus Huonder verloren, der bei einem öffentlichen Vortrag über die Todesstrafe für Homosexualität sinniert hatte. Da die Anti-Rassismus-Strafnorm mit Vorschriften zu Diskriminierung und Volksverhetzung nicht beim Merkmal sexuelle Orientierung anwendbar war, ging es in dem Verfahren um den schwer nachzuweisenden Strafttatbestand der öffentlichen Aufforderung zu Verbrechen oder Gewalt (queer.de berichtete). (cw)
mehrfach aktualisiert

Leider aber ist nun aber nur die Diskriminierung der Gruppe homosexuell orientierter Menschen eine Straftat, nicht jedoch nicht die Diskriminierung der Gruppe transidenter Menschen, da Transidentität (aus strategischen Gründen zwecks Erhöhung der Akzeptanz in der Abstimmung) nicht in das neue Gesetz einbezogen war.
Die Schweiz ist (im Gegensatz zu anderen Ländern mit Konkurrenzdemokratie wie beispielsweise Deutschland oder Frankreich) eine direkte Demokratie (viele Volksabstimmungen betreffend Initiativen und Referenden) und eine Konkordanzdemokratie (
de.wikipedia.org/wiki/Konkordanzdemokratie).
Dadurch sind Entscheidungsprozesse langsamer, dann aber langanhaltender (hoffentlich!).