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Nordwestafrika

Mauretanien: Haftstrafen nach Empörung über "schwules Hochzeitsvideo"

Acht Männer wurden zu je zwei Jahren Gefängnis verurteilt, nachdem ein Video einer privaten Feier, an der sie teilgenommen haben sollen, zu einer viralen Empörung geführt hatte.


Verpixelte Ausschnitte aus den Videos. Anders als mauretanische und auch französische Medien verzichtet queer.de auf ihre Verbreitung

  • 11. Februar 2020, 17:39h 1 3 Min.

Ein mauretanisches Gericht hat bereits am 30. Januar im Rahmen einer landesweiten Empörung über ein vermeintliches "schwules Hochzeitsvideo" acht Männer in einem Schnellverfahren nach Strafrechtsparagrafen zu "unanständigen Handlungen" und "Anstiftung zu Ausschweifungen" zu zwei Jahren Haft verurteilt. Das berichtet die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch unter Berufung auf den Anwalt der Angeklagten.

Eine ebenfalls angeklagte Frau erhielt demnach wegen Anwesenheit bei der Feier eine einjährige Haftstrafe auf Bewährung, ein weiterer Angeklagter wurde als Betreiber des Restaurants, in dem die Feier stattfand, freigesprochen. Alle Angeklagten hätten auf nicht schuldig plädiert, so der Anwalt. In den Polizeiakten sei von "Sodomiten", die "Frauen imitierten", gesprochen worden. Den Akten zufolge hätten alle Beteiligten in Verhören "gestanden, Homo­sexuelle zu sein".

Die Verurteilten sollen Beteiligte einer privaten Feier am 11. Januar gewesen sein. Ursprünglich aus dem sozialen Netzwerk TikTok stammende Videos der freudig tanzenden Personen schafften es unter der Überschrift und Deutung "schwule Hochzeit" zu weiter Verbreitung und vielen negativen Kommentaren in sozialen Netzwerken und dann auch den Medien des Landes. Einige von ihnen hatten gar von der ersten homo­sexuellen Hochzeit des Landes gesprochen – auch wenn das Video keine entsprechende Zeremonie zeigt, sondern vor allem tanzende Menschen und an einer Stelle zwei Männer in festlichen Gewändern, die Händchen halten.

Verurteilung im Schnellverfahren

Wenige Tage vor dem Gerichtstermin hatte die Polizei die zehn Personen festgenommen und auf einer Pressekonferenz bekannt gegeben, es habe sich nicht um eine Hochzeit, sondern um "die Geburtstagsparty eines Homosexuellen" gehandelt, der weitere Homosexuelle eingeladen habe. Am 30. Januar nutzte die Staatsanwaltschaft den anberaumten Gerichtstermin überraschend nicht zu einer Überprüfung der Untersuchungshaft und einem Vorverfahren, sondern zu einer direkten Anklage eines In-Flagranti-Vergehens. Die Online-Videos seien dazu als Beweis genutzt worden.


In Medienberichten waren die Festgenommenen mit Gesicht und Namen gezeigt worden

Human Rights Watch betont, dass die Videos keine illegalen Handlungen zeigen würden, und fordert eine Freilassung der Männer. "Mauretaniens Behörden haben kein Recht, jemanden wegen der Teilnahme an einer friedlichen Geburtstagsfeier ins Gefängnis zu schicken", sagte Graeme Reid, der Direktor für LGBT-Rechte bei Human Rights Watch. Die Verfassung des Landes und internationale Verpflichtungen wie die Afrikanische Menschenrechtscharta garantierten das Recht auf freie Entfaltung und auf Nicht-Diskriminierung.

Laut HRW hat der Anwalt der Männer inzwischen Berufung eingelegt. Sie wurden nach den Strafrechtsparagrafen 264 und 306 verurteilt – nicht nach dem von islamischem Scharia-Recht abgeleiteten Paragrafen 308, der für homosexuelle Handlungen unter männlichen Muslimen die öffentliche Steinigung vorsieht. Seit der Einführung 1983 wurden keine entsprechenden Hinrichtungen bekannt, auch herrscht seit 1987 ein allgemeines "De-facto-Moratorium" zur Todesstrafe. Sex unter Frauen kann mit Gefängnis zwischen drei Monaten und zwei Jahren und einer Geldstrafe belegt werden.

Laut AFP werden Homosexuelle in Mauretanien häufig abgewertet und verspottet, würden in der Gesellschaft aber auch teilweise toleriert. Die Polizei gehe bislang selten gegen ihre Veranstaltungen vor, selbst wenn sie von diesen erfahre, so die französische Nachrichtenagentur im Januar weiter. In den letzten Jahren habe es laut einer Justiz-Quelle gelegentliche Ermittlungen wegen Homosexualität gegeben, aber praktisch keine Verurteilungen. (nb)

#1 NuminexEhemaliges Profil
  • 11.02.2020, 19:12h
  • Mauretanien ist in weiten Teilen terroristenverseucht, besonders an den Landesgrenzen. Auch lebt dort, obwohl 2007 offiziell abgeschafft, bis heute die Sklaverei fort. Neue Gesetze müssen islamkonform sein, sonst werden sie nicht von der Bevölkerung akzeptiert. Deshalb denke ich, so grausam das auch klingt, können sie fast froh sein, "nur" in Haft zu müssen. Hätte dort jeden Tag Angst um mein Leben. Hoffe, sie schaffen danach einen Weg in sichere Staaten. Die Empörungskundgebungen interessiert da niemand. Da bräuchte es hammerharte Sanktionen. Aber was interessiert Europa ein paar schwule in Westafrika, wenn sie bei staatlicher Folter und Mord in Tschetschenien schon nicht reagiert haben! (Außer warmer Worte!)
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