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Russland
Putin signalisiert Unterstützung für homophobe Verfassungsänderung
Im Zuge einer Verfassungsreform könnte die Ehe als Verbindung aus Mann und Frau definiert werden. Solange er Präsident sei, werde es "kein Elternteil 1 und Elternteil 2" geben, betonte der russische Präsident.

Putin am Donnerstag vor einem Gremium, das Ideen für eine Überarbeitung der Verfassung finden soll (Bild: kremlin.ru)
- 13. Februar 2020, 19:03h 3 Min.
Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich am Donnerstag bei einem Treffen der Arbeitsgruppe für eine Verfassungsreform ablehnend über gleichgeschlechtliche Ehen und Regenbogenfamilien geäußert und Pläne für eine Aufnahme des Themas in die Verfassung in Grundzügen begrüßt.
Der Präsident reagierte auf eine Frage der Abgeordneten Olga Batalina, ob man wie von mehreren Personen in der Beratung gefordert Ehe oder Familie in der Verfassung als Verbindung aus Mann und Frau definieren sollte. Das Konzept der Familie brauche Schutz, so Batalina; es sei kein Science Fiction mehr, wenn einige Staaten inzwischen mit Begriffen wie "Elternteil 1" und "Elternteil 2" hantierten. Sie unterstütze eine Verfassungsergänzung, wonach zu den Aufgaben der Regierung "die Unterstützung, die Stärkung und der Schutz von traditionellen Familienwerten" gehöre.
Putin betonte, dass er dem grundsätzlich zustimme, es komme aber auf Details an. So fragte er zurück, was denn passieren solle, wenn die Familie "nicht komplett" sei – er dachte damit offenbar an Familien mit einem Elternteil. "Manche Dinge müssen klar formuliert werden. Ehe ist eine Verbindung aus Mann und Frau, und die Familie ist etwas leicht anderes. Aber die Idee selbst ist korrekt und sollte unterstützt werden. Man muss aber bedenken, mit welchen Formulierungen und an welcher Stelle."
Weiter ergänzte der Präsident: "Was Elternteil 1 und Elternteil 2 betrifft, so habe ich darüber schon einmal in der Öffentlichkeit gesprochen und ich werde das wiederholen: Bei uns wird es das nicht geben, solange ich Präsident bin. Wir werden Vater und Mutter haben."
Ehe für alle bereits einfachgesetzlich verboten
Im Januar hatte Putin erste Pläne für eine Verfassungsreform vorgestellt, die im April in einem Referendum durch das Volk bestätigt werden soll und dazu mit einem erstmals in der Verfassung verankerten Mindestlohn und einer Anpassung der Mindestrente lockt. Zugleich sind umfassende Machtverschiebungen geplant: So soll die Verfassung über internationalem Recht stehen oder der Föderationsrat dem Präsidenten die Entlassung von Richtern vorschlagen können. Mehrere Regelungen könnten Putin eine zukünftige Macht sichern, wenn nicht gar eine weitere Präsidentschaft.
Das Vorhaben hatte bei der Opposition ebenso zu Kritik geführt wie die Besetzung des Ausschusses zur Erarbeitung von Vorschlägen zur Überarbeitung der Verfassung aus dem Jahr 1993: Ihm gehören größtenteils Putin-treue Politiker und einige Prominente an. Bei der am Donnerstag vom Fernsehen übertragenen Sitzung räumte die Weltrekordhalterin im Stabhochsprung, Jelena Issinbajewa, ein, dass sie vor ihrer Berufung in das Komitee noch nie die russische Verfassung gelesen hatte.

In den letzten Wochen hatte zunächst der Oligarch und ultrakonservative Aktivist Konstantin Malofejew, der homofeindliche Bewegungen in Europa unterstützt, eine Ergänzung vorgeschlagen, um die Ehe in der Verfassung als Verbindung aus Mann und Frau zu definieren. Danach schlossen sich mehrere führende Politiker. darunter der stellvertretende Duma-Vorsitzende Peter Tolstoi, und die russisch-orthodoxe Kirche der Initiative an.
Laut einer Umfrage aus dem letzten Sommer lehnen 87 Prozent der Bevölkerung eine Ehe-Öffnung für gleichgeschlechtliche Paare ab; 2005 waren es knapp unter 75 Prozent. Die jahrelange Stimmungsmache rund um Gesetze gegen "Homo-Propaganda" zeigt dabei offenbar Wirkung. Bereits jetzt definiert ein einfaches Gesetz die Ehe als Verbindung von Mann und Frau, für gleichgeschlechtliche Paare gibt es auch keine Lebenspartnerschaft oder ein vergleichbares Institut.
Die gemeinschaftliche Adoption von Kindern ist in Russland Eheleuten und damit heterosexuellen Paaren vorbehalten. Zugleich können Einzelpersonen Kinder adoptieren. Im letzten Sommer sorgten homophob motivierte Ermittlungen gegen ein schwules Paar, das mit Wissen der Behörden zwei Kinder aufzog, für landesweite Schlagzeilen (queer.de berichtete). (nb)
14.2.: Batalina- und Putin-Zitate nach Sitzungsprotokoll ergänzend aktualisiert
