US-Präsident Donald Trump holt seinen loyalen Botschafter in Deutschland in die Regierungszentrale: Richard Grenell wird der neue geschäftsführende Geheimdienstkoordinator. Damit wird der offen schwule Diplomat – der in Berlin oft mit polarisierenden Äußerungen und deutlicher Kritik an der deutschen Regierungspolitik angeeckt war – bis auf Weiteres eine Schlüsselposition im Weißen Haus besetzen. "Rick hat unser Land äußerst gut repräsentiert, und ich freue mich darauf, mit ihm zu arbeiten", schrieb Trump am Mittwochabend (Ortszeit) auf Twitter.
Guter Draht ins Weiße Haus
Der Direktor der Nachrichtendienste (DNI) hat die Aufgabe, die 17 verschiedenen US-Geheimdienste zu koordinieren – der Posten war nach dem 11. September geschaffen worden. Grenell folgt in der Position auf Joseph Maguire, der im vergangenen August Dan Coats abgelöst hatte. Maguire hat den Posten nur geschäftsführend inne; das heißt, er war für die Aufgabe nicht vom Senat bestätigt worden. Deswegen kann er der "New York Times" zufolge nur noch bis 12. März im Amt bleiben. Maguire erklärte, er werde die Geschäfte bis zu Grenells Antritt weiterführen. Dieser war als Botschafter vom Senat bestätigt worden (queer.de berichtete).
Die "New York Times" berichtete unter Berufung auf einen ranghohen US-Beamten, dass Grenell trotz der neuen Aufgabe auf dem Papier zunächst noch US-Botschafter in Deutschland bleiben soll. Er gilt als extrem loyal zu Trump und rühmt sich immer wieder eines guten Drahtes ins Weiße Haus. Am Sonntag hatte er etwa auf Twitter geschrieben, Trump habe ihn gerade aus dem Regierungsflugzeug Air Force One angerufen.
Trumps Einpeitscher in Deutschland
Grenell hielt sich in Berlin verbal nie zurück und fiel öfters mit undiplomatischen Handlungsanweisungen sowie scharfer – und öffentlicher – Kritik an der Politik der Bundesregierung auf, wenn diese den von Trump vorgegebenen US-Interessen zuwiderlief. Manche Kritiker sahen ihn daher als ein Art Einpeitscher, der sich mit dem eigenen Präsidenten gut stellen wollte.
Grenell warnte zum Beispiel deutsche Unternehmen kurz nach seiner Ernennung als Botschafter im Mai 2018 eindringlich davor, mit dem Iran zusammenzuarbeiten. Er kritisierte Deutschland und andere Nato-Staaten auch immer wieder dafür, nicht genug für ihr Militär auszugeben. Auch in Sachen Huawei wiederholte er stets die kritische Haltung Trumps: Deutschland müsse den chinesischen Telekomriesen vom Aufbau der Mobilfunknetze der nächsten Generation ausschließen. Zudem drohte er – für einen Botschafter eher unüblich – auch sehr früh wegen der deutsch-russischen Ostseepipeline Nord Stream 2 mit Sanktionen.
Inszenierung als LGBTI-Aktivist
Als Botschafter in Berlin hatte Grenell mehrfach versucht, sich als LGBTI-Aktivist zu inszenieren – und gleichzeitig die queere Community zu spalten. Neben der Hissung von Regenbogenfahnen kündigte er etwa im Februar 2019 eine Initiative der US-Regierung zur weltweiten Entkriminalisierung von Homosexualität an, worüber Präsident Donald Trump allerdings wenige Tage später nicht informiert schien (queer.de berichtete). Außer einigen Tweets und Artikeln Grenells gegen Staaten wie den Iran wurden bislang wenige konkrete Schritte bekannt, während Trump Staaten wie Saudi-Arabien oder Russland ohne Kritik hofiert. Vor wenigen Tagen organisierte der Botschafter ein erstes Panel zu LGBTI-Themen bei der Münchner Sicherheitskonferenz.
2018 war Grenells Teilnahme am Berliner CSD wegen seiner bedingungslosen Unterstützung für US-Präsident Donald Trump umstritten (queer.de berichtete). Zu einem kleinen Skandal führte damals ein Foto, das Jörg Litwinschuh, den geschäftsführenden Vorstand der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, eng umschlungen mit Grenell zeigte. Nach Kritik entschuldigte sich Litwinschuh für die Veröffentlichung (queer.de berichtete). Im vergangenen Juni gab es neuen Wirbel, weil LSVD-Landesgeschäftsführer Jörg Steinert ebenfalls in einem Buddy-Bild mit Grenell zu sehen war (queer.de berichtete).
Kritik an Grenell auch aus Washington
Wegen seiner grenzenlos scheinenden Loyalität zu Trump ist Grenell in Washington nicht unumstritten. Ob er vom Senat permanent für das Amt des Geheimdienstkoordinators bestätigt werden könnte, ist daher trotz der knappen republikanischen Mehrheit in der Parlamentskammer unsicher. Der demokratische Senator Mark Warner, der stellvertretende Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, kritisierte Grenells Berufung. Dieser habe anders als alle Vorgänger "keine Erfahrung in Sachen Geheimdienste", und die Geheimdienste "verdienen Stabilität und eine erfahrene Person, um sie in Zeiten massiver nationaler und globaler Sicherheitsherausforderungen zu führen", erklärte Warner.
Trump hatte sich häufig sehr skeptisch, bisweilen misstrauisch über die Geheimdienste geäußert. Der Präsident befürchtet laut Beobachtern, dass es dort selbst in den obersten Rängen viele Bürokraten gebe, die seiner Regierung schaden wollten.
Vor seiner Ernennung zum US-Botschafter in Berlin war Grenell als Politik- und Kommunikationsberater in Los Angeles tätig. Von 2001 bis 2008 war er der Sprecher des US-Botschafters bei den Vereinten Nationen in New York gewesen. Davor hatte er unter anderem als Pressesprecher für die Regierung des damaligen New Yorker Gouverneurs George Pataki gearbeitet. (cw/dpa)