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Laschet vs. Merz vs. Röttgen
Alle drei Kandidaten für den CDU-Vorsitz haben Probleme mit LGBTI-Rechten
Der einzige schwule Kandidat um das Rennen auf den CDU-Vorsitz tritt nicht an – stattdessen streiten sich drei Männer um den Posten, die gerne mit Homophobie gespielt haben.

Löwe 48 (CDU-Zentrale)) Drei Männer aus NRW wollen die Herren des Konrad-Adenauer-Hauses werden – alle drei haben LGBTI-feindliche Positionen vertreten. Auf dem Bild ist ein CDU-Wahlplakat aus dem Jahr 2000 zu sehen, mit dem die Partei Stimmung gegen die Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Paaren machen wollte (Bild: Montage, CDU sowie
25. Februar 2020, 10:45h 3 Min. Von
Es wird heiß im Kampf um den Chefposten von Deutschlands letzter Volkspartei: Bereits vergangene Woche hatte der frühere Bundesumweltminister Norbert Röttgen seine Kandidatur im Kampf um den CDU-Vorsitz angekündigt, am Wochenende berichteten Nachrichtenagenturen, dass auch Ex-Fraktionschef Friedrich Merz antreten wird. Am Dienstagmorgen kündigte schließlich der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn an, er wolle Annegret Kramp-Karrenbauer ablösen.
Spahn, der in Medien lange als Kandidat gehandelt wurde und bei der vorherigen Vorstands-Wahl als offen schwuler Bewerber angetreten war, verzichtet auf eine Kandidatur. Er kündigte in der Pressekonferenz an, Laschet unterstützen zu wollen. Er bewerbe sich als CDU-Vize.

Laschet (Mitte) und Spahn wollen als Team in den Wahlparteitag Ende April gehen (Bild: Screenshot Phoenix)
Die drei Kandidaten wollen sich Ende April zum neuen Chef der Christdemokraten wählen lassen. Aus Sicht von LGBTI-Aktivisten sind alle drei Politiker aus NRW problematisch: Alle hatten sich in der Vergangenheit damit gebrüstet, dass sie die Gleichbehandlung von Schwulen und Lesben verhindern wollen.
Dabei hat sich Armin Laschet eigentlich ein weltoffenes Image zugelegt: Der 59-Jährige war unter anderem zwischen 2005 und 2010 NRW-Integrationsminister. Als erster Landesintegrationsminister Deutschlands war er wegen seines Dialogs mit Minderheiten hochgelobt worden, wurde aber von Parteifreunden auch als "Türken-Armin" verspottet. Laschet arbeitete damals im Kabinett von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers – also ausgerechnet jenem Politiker, der mit dem rassistischen Slogan "Kinder statt Inder" Wahlkampf gemacht hatte.

KASonline / flickr) Armin Laschet ist seit 2017 Ministerpräsident des bevölkerungsreichsten deutschen Bundeslandes (Bild:
Mit LGBTI-Rechten hatte Laschet mehrfach Probleme: So lud er 2007 zum "Europäischen Jahr der Chancengleichheit für alle" LGBTI-Aktivisten von einer Veranstaltung aus (queer.de berichtete). Auch im Wahlkampf profilierte er sich als Gegner von LGBTI-Rechten: 2015 behauptete er etwa als CDU-Spitzenkandidat wiederholt, dass es im Grundgesetz ein verstecktes Ehe-Verbot für Schwule und Lesben gebe (queer.de berichtete). Auf Druck der Laschet-CDU weigerte sich Nordrhein-Westfalen 2017, dem Gesetz zur Ehe für alle zuzustimmen (queer.de berichtete).
Norbert Röttgen hat ebenfalls in der Vergangenheit mit Homophobie gespielt. Als rechtspolitischer Sprecher der Unionsfraktion polterte er etwa vor gut 15 Jahren gegen das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare – selbst mit der Stiefkindadoption würden Schwule und Lesben das Kindeswohl gefährden, so Röttgen damals (queer.de berichtete). So war es keine Überraschung, dass er 2017 bei der Bundestagsabstimmung zur Ehe für alle für die Beibehaltung des Ehe-Verbots für Schwule und Lesben stimmte.

Oliver Hallmann / flickr) Norbert Röttgen war von 2009 bis 2012 Bundesumweltminister und ist seit 2014 Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses (Bild:
Bei Friedrich Merz gehörte LGBTI-Feindlichkeit stets zum Markenkern. Zwar sind Äußerungen bei den großen Kämpfen – etwa bei der Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben 2017 – nicht bekannt, da er sich nach der Niederlage gegen Angela Merkel beim Kampf um den Fraktionsvorsitz 2002 aus der Politik weitgehend zurückzog und seit 2009 nicht mehr im Bundestag vertreten ist. Zuvor hatte er aber gerne ausgeteilt. 2000 stilisierte er die Forderung von SPD und Grünen nach eingetragenen Partnerschaften etwa zu einem Angriff auf die heterosexuelle Familie hoch: "Rot-Grün beabsichtigt mit dieser Neuregelung ganz offensichtlich eine grundlegende Umwälzung gesellschaftlicher Strukturen", warnte er in der Debatte um das Gesetz in düsteren Tönen. Er warf sich verpartnernden Homosexuellen vor, den Schutz von Ehe und Familie "auszuhöhlen".

Merz wettert im Jahr 2000 im CDU-Magazin "UiD" gegen die Lebenspartnerschaft
Damals forderte Merz immer wieder, gegen das Gesetz nach Karlsruhe zu ziehen, weil die Anerkennung von gleichgeschlechtlichen Paaren gegen den Schutz von Ehe und Familie in der Verfassung verstoße. Er unterstützte die Normenkontrollanträge der Freistaaten Bayern, Sachsen und Thüringen gegen das Gesetz – freilich folgte Karlsruhe der homophoben Argumentation nicht und erklärte die Lebenspartnerschaft für grundgesetzkonform.

Friedrich Merz (hier in einem Bild aus dem Jahr 2002) ist seit neun Jahren nicht mehr im Bundestag vertreten (Bild: Deutscher Bundestag / Siegfried Büker)
Der ehemalige Berliner Regierungschef Klaus Wowereit ("Ich bin schwul – und das ist auch gut so") warnte bereits bei der letzten Merz-Kandidatur für den CDU-Chefposten vor gut einem Jahr vor der Homosexuellenfeindlichkeit des Konservativen (queer.de berichtete).
Gewählt wird die neue Parteispitze der Christdemokraten auf einem Sonderparteitag am 25. April in Berlin. Dort wird es wohl zu einer Kampfabstimmung kommen.

Nicht, dass Merkel und AKK besser gewesen seien, aber wohin das führt, sehen wir ja.