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Shitstorm
Feminismus: Streit um "transphobe" Vorlesung in Berlin
Eine Feministin will einen Vortrag im taz-Gebäude halten, in der laut Ankündigungstext Transgeschlechtlichkeit als "Irrweg" dargestellt wird, der Homosexualität auslöscht.

Die Vorankündigung der "tageszeitung" (Bild: taz.de)
- 26. Februar 2020, 16:38h 3 Min.
Eine für kommenden Monat angesetzte "Queer Lecture" mit dem Titel "Transgender: Geschlechtergerechtigkeit passé?" hat zu einem Shitstorm geführt. In der von der Initiative Queer Nations (IQN) organisierten Veranstaltung soll Gunda Schumann, eine Aktivistin der Lesben- und Frauenbewegung West-Berlins in den Siebziger- und Achtzigerjahren, über das Thema referieren. Moderieren soll der Journalist und IQN-Vorstand Jan Feddersen, der vor einem knappen Jahr bereits einen Shitstorm ausgelöst hatte, weil er der LGBTI-Community Männerfeindlichkeit attestierte und von einer "Queergida" sprach (queer.de berichtete).
In der ursprünglichen Einladung vom Montag wurde Transgeschlechtlichkeit als "vom biologischen Körper abstrahierender Irrweg" diffamiert. Die "Konsequenzen" der Anerkennung von Transpersonen seien der "Rückfall in Geschlechterstereotype, [die] Negation des homosexuellen Begehrens, [die] Sterilisierung und Verstümmelung der Körper junger Mädchen, [die] Auslöschung der Kategorie 'Frau'" und anderes. In einer älteren Ankündigung fiel auch der Begriff "Transkrake". Die Veranstaltung soll am 17. März wie frühere Lectures im Gebäude der "tageszeitung" stattfinden (siehe Ankündigung).
Über diese Beschreibung machte sich Empörung breit. In sozialen Netzwerken kam es zu einem regelrechten Shitstorm. "Ich würde mich gerne auf den Kampf gegen die Nazis konzentrieren, ohne das linke Genossinnen mich vor den Bus schubsen", schrieb eine Aktivistin. Eine andere sah TERF am Werke (trans-exclusionary radical feminists – also als radikale Feministin, die Transfrauen nicht als Frauen anerkennen wollen).
Twitter / SalivaGlance#Transfeindlichkeit #Antisemitismus
Saliva Glance (@SalivaGlance) February 25, 2020
Update (korrigiert):
Die transfeindliche #QueerLecture am 17.03. bei der @tazgezwitscher wurde im Dezember per Newsletter vom Vorstand Initiative #QueerNations unter dem Titel "Transkrake" angekündigt
Danke @AndersJenny für den Screenshot pic.twitter.com/2bf0nHb02Z
Twitter / malfynnction[CN #Transfeindlichkeit]
nn (@malfynnction) February 25, 2020
What the fucking hell, @tazgezwitscher?? https://t.co/R2qNfXVy7X
Twitter / SalivaGlancedann bereitet sie damit exakt den gängigen TERF talking points die Bühne, mit denen gegen trans Aktivismus und trans rights im Allgemeinen hergezogen wird.#Transfeindlichkeit #QueeresKulturhaus #QueerLecture
Saliva Glance (@SalivaGlance) February 26, 2020
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Berlins Kultursenator ist beunruhigt
Auch von der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld und aus der Berliner Politik gab es Kritik: Der offen schwule Kultursenator Klaus Lederer (Linke) erklärte gegenüber dem "Tagesspiegel", der Einladungstext sei "schwer irritierend und denunziatorisch". Die Landesabgeordnete Sabine Bangert (Grüne) ergänzte auf Twitter, es müsse geprüft werden, ob die Veranstaltung mit öffentlichen Mitteln gefördert wird.
Twitter / SabineBangertAuf alle Fälle muss jetzt sehr genau überprüft werden, was hier u.U. mit öffentlichen Mitteln gefördert wird #E2H @SenKultEu #QueeresKulturhaus https://t.co/DOIZb0Hu8J
Sabine Bangert (@SabineBangert) February 25, 2020
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"taz": Absage möglich
Auch die "taz" ist sich nicht mehr sicher: Auf ihrer Homepage wurde der Einladungstext geändert. Außerdem heißt es dort jetzt: "Der Verlag der taz bittet – insbesondere trans* und nicht-binäre Personen – um Entschuldigung für die Wortwahl in der vorherigen Version dieses Ankündigungstextes." Derzeit werde sowohl die Überarbeitung des Veranstaltungsformats als auch eine Absage des Events intern diskutiert.
Der Queer-Nations-Partnerverein Queeres Kulturhaus (E2H) bedauerte in einer Stellungnahme vom Mittwoch "die entstandenen Irritationen von Herzen". In dem Text wurde auch Queer-Nations-Vorstandsmitglied Christiane Härdel zitiert – sie bedauerte, dass die Einladung "missverständlich formuliert" gewesen sei. "Es ist uns natürlich nicht daran gelegen, Transmänner und Transfrauen zu diffamieren oder ihre Gefühle zu verletzen. Auch soll die queere Community nicht gespalten werden", so Härdel. "Wir wollen in unseren Lectures Fragen quer zum ideologischen und zum politischen Mainstream aufwerfen. Im Vordergrund steht die mitunter schonungslose Analyse von neuen Entwicklungen." Darum halte man an der Veranstaltung fest.
Konkret solle es bei der Lecture um "die Problematik gehen, die sich aus der Transkultur ergeben kann, vor allem aus feministischer und lesbischer Perspektive", so Härdel. Der Vorwurf der Transfeindlichkeit mache sie und ihre Mitstreiterinnen und Mitstreiter "traurig".
Trans-Organisationen beklagen immer wieder, dass schwule Aktivisten und lesbische Aktivistinnen versuchten, ihre spezifischen Interessen über die von Transpersonen zu stellen. Es gibt auch Organisationen, die sich gezielt für die Rechte von Lesben, Schwulen und Bisexuellen einsetzen, aber Rechte für Transpersonen ablehnen. Dies findet oft, aber nicht immer, im Spektrum von Rechtspopulismus statt. Ein Beispiel ist die britische "LGB Alliance", die "Gender-Extremismus" bekämpfen will (queer.de berichtete). (dk)
Update 17.02 Uhr: Spinnboden zieht Konsequenzen
Sabine Balke vom Lesbenarchiv "Spinnboden" hat am Mittwoch angekündigt, die Partnerschaft mit dem Queeren Kulturhaus wegen dieses Streits zu kündigen. "Spinnboden" sollte Teil werden des von dem Verein geplanten Elberskirchen-Hirschfeld-Hauses, das ab 2022 im alten taz-Gebäude an der Rudi-Dutschke-Straße diverse Archive, Bibliotheken, Vortragsräume, Galerien und ein Kino und Café beherbergen soll.

Transgeschlechtlichkeit bedingt keinesfalls Homosexualität. Folglich ist die Negation von Homosexualität durch selbe auch völliger Schwachsinn. Steckt ja (eigentlich) auch schon in den Begrifflichkeiten: ...geschlechtlichkeit| ...sexualität. Zwei paar Schuhe!
Solche Leute sind einfach nur Hassmenschen mit akademischem Unterbau. Ich bin entsetzt, dass man ihnen ausgerechnet bei der TAZ eine Bühne bietet. Man möchte brechen.