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"Historische Entscheidung"
Israels Höchstes Gericht: Leihmutterschaft auch für gleichgeschlechtliche Paare
Während in der Politik Stillstand herrscht, feierte die queere Community Israels erneut einen Sieg vor Gericht.

2018 gingen zehntausende LGBTI in Israel auf die Straße und legten teilweise die Arbeit nieder, nachdem homosexuelle Paare bei einer Reform des Leihmutterschaftsrechts ignoriert wurden
- 27. Februar 2020, 21:49h 2 Min.
Auch gleichgeschlechtlichen Paaren in Israel soll es in Zukunft ermöglicht werden, mithilfe von Leihmüttern Kinder zu bekommen. Israels Höchstes Gericht entschied am Donnerstag, der Staat müsse dies auch homosexuellen Paaren sowie alleinstehenden Männern erlauben. Eine entsprechende Gesetzesänderung müsse binnen eines Jahres verabschiedet werden, ansonsten werde das Gericht den Weg frei machen.
Queere Organisationen in Israel lobten das Urteil. Die Vorsitzende des israelischen LGTB-Verbands AGUDA, Hila Peer, sagte der Nachrichtenseite ynet: "Dies ist eine historische Entscheidung für den Staat Israel, die homosexuelle Community und Tausende israelischer Paare, die ihr Grundrecht auf Elternschaft verwirklichen werden."
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Gepostet von ??????? ???? ????? ??????? am Donnerstag, 27. Februar 2020
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Eine Leihmutterschaft ist bisher in Israel nur für heterosexuelle Paare und mit Einschränkungen für alleinstehende Frauen erlaubt, allerdings unter strengen Auflagen. Homosexuelle Männer behelfen sich daher oft mit einer Leihmutterschaft im Ausland. Das Gericht befand nun, dieser Zustand sei diskriminierend und nicht rechtmäßig. Es sei "ein schwerer Verstoß gegen die Würde jener Männer, die das Leihmutterverfahren in Anspruch nehmen wollen, denen es aber verweigert wird".
Israel ist in den vergangenen Jahrzehnten deutlich toleranter gegenüber Homo- und Transsexuellen geworden, vor allem in der Metropole Tel Aviv. In der Politik herrscht aber größtenteils Stillstand: Strengreligiöse Parteien haben großen Einfluss in der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Sie lehnen Gesetzesänderungen zugunsten von LGBTI ab, weil sie dies als Verstoß gegen jüdische religiöse Gebote ansehen. Bei einer Reform des Leihmutterschaftsrechts vor zwei Jahren waren so auch homosexuelle Paare – entgegen einer vorherigen Ankündigung Netanjahus – ignoriert worden. Die Community reagierte entnervt mit Massenprotesten – und gar Streiks – in mehreren Städten (queer.de berichtete).

Kinderecke beim CSD in Tel Aviv: Regenbogenfamilien sind in Israel längst gelebte Realität (Bild: nb)
Gleichgeschlechtliche Paare können in Israel weiter nicht heiraten – das Eherecht liegt bislang ausschließlich bei Religionsgemeinschaften. Wie in vielen weiteren Bereichen hatten Gerichte ausgeholfen: 2006 entschied das Oberste Gericht etwa, dass im Ausland geschlossene Ehen gleichgeschlechtlicher Paare in ein offiziell der Statistik dienendem Register eingetragen werden müssen. Die Paare sind in vielen Bereichen inzwischen Eheleuten gleichgestellt, etwa im Steuerrecht, bei der Einbürgerung eines Partners oder teilweise im Adoptionsrecht. In der Knesset waren allerdings Anläufe zur Schaffung einer zivilrechtlichen Ehe für homo- und heterosexuelle Paare oder einer Lebenspartnerschaft in den letzten Jahren mehrfach gescheitert. 2017 entschied das Oberste Gericht, dass eine Ehe für alle nicht einklagbar ist (queer.de berichtete). (dpa/nb)
