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Katholische Kirche
Magazin des Bistums Essen: Gleiches Recht auch für Homosexuelle?
Im offiziellen Bistumsmagazin werben ein Kirchenmitarbeiter, ein Sexualtherapeut und ein katholischer Professor für die Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren.

Das Magazin "Bene" wird im Bistum von Bischof Franz-Josef Overbeck herausgegeben, von dem zuletzt versöhnlichere Töne gegenüber Schwulen und Lesben zu hören waren (Bild: Bistum Essen (2x))
- 5. März 2020, 14:46h 3 Min.
Drei Experten hadern mit der Sexualmoral der katholischen Kirche, insbesondere gegenüber Homosexuellen – und sie tun das offen in ganzseitigen Texten in "Bene", dem offiziellen Magazin des Bistums Essen, das allen Katholiken der Region zugeschickt wird. In der Publikation wird kritisiert, dass gleichgeschlechtliche Paare in der katholischen Kirche nicht gesegnet werden dürfen – übrigens im Gegensatz zu Tieren oder sogar Autos, denen Priester den Ritus gewähren dürfen.
Der erste Sachverständige ist Rainer Teuber, der seit 1994 beim Domkapitel des Bistums arbeitet. Der offen schwule Katholik beklagt in dem Magazin, dass er sich wegen der Ausgrenzung Homosexueller in der Kirche als "Christ zweiter Klasse" fühle. Er und sein Mann hätten für die Segnung ihrer Beziehung auf einen evangelischen Pfarrer zurückgreifen müssen, weil sich katholische Priester schlicht weigerten.

Zwei Seiten des dreiseitigen Artikels im Magazin "Bene"
Sexualtherapeut Carsten Müller bedauert als zweiter Experte, wie die kirchliche Sexualmoral selbst tiefgläubige Katholiken wahnsinnig mache. "Wenn eine Institution wie die Kirche Menschen daran hindert, ihre Identität auszuleben oder öffentlich zu machen, entstehen Druck und eine innere Zerissenheit", konstatiert er.
Klar für die Segnung homosexueller Paare plädiert Ansgar Wucherpfennig von der Jesuitenhochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main. Wegen seiner LGBTI-freundlichen Haltung hatte der Vatikan Wucherpfennig 2018 eigentlich als Rektor feuern wollen (queer.de berichtete). Nach scharfen Protesten gab der Heilige Stuhl nach fünf Wochen aber nach (queer.de berichtete).
"Offizielle kirchliche Anerkennung" gefordert
Wucherpfennig argumentiert in seinem "Bene"-Beitrag, dass die Bibel alleine nicht ausreiche, um das Verhältnis zu Homosexuellen zu beurteilen, sondern dass auch Ergebnisse der "heutigen Humanwissenschaften" berücksichtigt werden müssten. Segensfeiern für homosexuelle Paare bräuchten "eine offizielle kirchliche Anerkennung". Akzeptiere die Kirche Schwule und Lesben nicht, werde sie "zu einer Art Raumschiff Enterprise, losgelöst von allen irdischen Wirklichkeiten".
BENE hat mit Menschen gesprochen, die mit der Sexualmoral der Kirche hadern. Warum sie das tun und was sie jetzt fordern, sagen sie uns in aller Offenheit. Die kompletten Statements lesen unter bene.mg/moral
Gepostet von BENE am Dienstag, 3. März 2020
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Derartige Debatten finden im katholischen Umfeld nicht nur Freunde: Im österreichischen Onlinemagazin kath.net wird in Kommentaren etwa gemutmaßt, dass hinter den Forderungen eine ominöse "Homolobby" stecke, die angeblich die Grundsätze der katholischen Kirche beschädigen möchte.
Das Bistum Essen wird von Bischof Franz-Josef Overbeck geleitet, der einen erstaunlichen Wandel in der Frage zum Umgang mit sexuellen Minderheiten hingelegt hat. 2010 sagte Overbeck noch offen bei der ARD-Talkshow "Anne Will", dass Homosexualität der Natur widerspreche (queer.de berichtete). Vergangenes Jahr stellte er dagegen das priesterliche Schwulenverbot in Frage (queer.de berichtete). Daraufhin outete sich ein Priester aus Hamm und wurde – zumindest bislang – noch nicht gefeuert (queer.de berichtete).
Erst am Dienstag würdigte Overbeck außerdem den Aids-Hilfe-Aktivisten Markus Willeke, der am 29. Februar verstorben war (queer.de berichtete). Dabei veröffentlichte das Bistum auf seiner Website ein Foto Willekes, das ihn mit einer Regenbogenflagge zeigt. (dk)

Links zum Thema:
» Homepage "Bene"-Magazin
Am erschreckendsten ist aber natürlich, dass eine der größten und einflussreichsten Organisationen unseres Landes im Jahr 2020 immer noch behaupten darf, über gleiche Rechte für alle dürfe man ergebnisoffen diskutieren.
Da schwadronieren gerade alle darüber, dass es angeblich keine Bürger_innen zweiter Klasse geben dürfe, und gleichzeitig kommt die RKK mit ihrer unverhohlenen Zweiklassenideologie völlig ungeschoren davon.
Wir leben in einer unfassbar verlogenen Gesellschaft.