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Antrag im Bundestag
Schluss mit der Sonderbehandlung bei der Blutspende!
Homo- und bisexuelle Männer sowie trans Menschen dürfen ein Jahr lang keinen Sex gehabt haben, wenn sie in Deutschland Blut spenden wollen. FDP und Grüne fordern im Bundestag ein Ende der Diskriminierung.

Schwule, bisexuelle und trans Blutspender müssen mindestens zwölf Monate enthaltsam leben (Bild: DRK-Blutspendedienste)
- 11. März 2020, 01:27h 3 Min.
Die Grünen dringen auf ein Ende der Sonderbehandlung schwuler und bisexueller Männer sowie von trans Menschen bei der Blutspende. Die Bundestagsfraktion beschloss am Dienstagnachmittag einen Antrag (PDF), der eine Überarbeitung der entsprechenden Richtlinie der Bundesärztekammer fordert. Die "grobe Diskriminierung" sei "sachlich nicht zu begründen", sagte der Grünen-Experte Sven Lehmann der Nachrichtenagentur AFP.
Konkret geht es um die sogenannte "Richtlinie zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und zur Anwendung von Blutprodukten", die von der Bundesärztekammer und dem Paul-Ehrlich-Institut erstellt wird. Darin sind Regeln festgelegt, unter welchen Bedingungen welche Personengruppen Blut spenden dürfen.
Menschen müssen demnach seit 2017 ein Jahr lang von der Blutspende zurückgestellt werden, wenn ihr "Sexualverhalten ein gegenüber der Allgemeinbevölkerung deutlich erhöhtes Übertragungsrisiko" zum Beispiel für HIV berge. Aufgezählt werden anschließend Heterosexuelle mit häufig wechselnden Partnern, Prostituierte, "Männer, die Sexualverkehr mit Männern haben (MSM)" und "transsexuelle Personen mit sexuellem Risikoverhalten" (queer.de berichtete).
"Nicht akzeptabel, diskriminierend und völlig unverständlich"
In dem Antrag, den die Grünen in den Bundestag einbringen wollen, heißt es: "Eine Frist von zwölf Monaten ohne Sex für eine Blutspende ist sachlich unbegründet." Bei der Blutspende könne zwar das individuelle Risikoverhalten eine Gefährdung darstellen, nicht aber die sexuelle Identität. "Deswegen kann auch allein das individuelle Risikoverhalten Kriterium sein, ob jemand als Blutspender/in in Frage kommt."
Die gesonderte Nennung von "transsexuellen Personen mit sexuellem Risikoverhalten" sei "nicht akzeptabel, diskriminierend und völlig unverständlich", so der Antrag der Grünen. "Wer Blut spendet, übernimmt Verantwortung sowohl für seine Spende als auch für die Gesellschaft. Verantwortungsvolles Handeln gilt es zu ermöglichen und nicht pauschal abzuweisen."
Lehmann betonte, als Voraussetzung für eine Blutspende ein Jahr lang auf Sex verzichten zu müssen, sei völlig lebensfremd. "Niemand würde auf die Idee kommen, dies von heterosexuellen Menschen zu verlangen."
FDP-Antrag schon 2019 eingebracht
Die FDP-Bundestagsfraktion hatte bereits am 15. November einen Antrag (PDF) auf Abschaffung des Blutspendeverbots für homosexuelle und transgeschlechtliche Menschen in den Deutschen Bundestag eingebracht (queer.de berichtete). Der Antrag soll in den nächsten Wochen im Plenum des Bundestags beraten werden.
"Der Ausschluss homo-, bi- und transsexueller Menschen von lebensrettenden Blutspenden ist völlig überzogen", erklärte der FDP-Bundestagsabgeordnete Jens Brandenburg am Dienstag in einer Pressemitteilung. "Die Voraussetzung von zwölf Monaten Enthaltsamkeit ist medizinisch unnötig und lebensfremd. Statt haltloser Vorurteile sollte nur das tatsächliche Risikoverhalten möglicher Blutspender entscheidend sein", so der Liberalen-Sprecher für LSBTI. "Unter dem Verbot leiden vor allem die, die dringend auf eine Blutspende angewiesen sind."
Bislang wird nur in sechs der 28 EU-Staaten (Bulgarien, Italien, Lettland, Polen, Portugal und Spanien) bei der Zulassung zur Blutspende nicht mehr nach der sexuellen Orientierung, sondern nach dem persönlichen Risikoverhalten unterteilt. (cw/AFP)
