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Heimquarantäne
Zehn queere Serien, wegen denen man gerne zu Hause bleibt
Das mit Corona dauert offensichtlich noch. Damit euch nicht langweilig wird, haben wir zehn Serien zusammengestellt, die euch die große, weite queere Welt aufs Sofa, ins Bett oder in die Wanne bringen.

Leider nicht für eine zweite Staffel verlängert: Szene aus "AJ and the Queen" (Bild: Netflix)
- Von Paul Schulz
22. März 2020, 06:36h 8 Min.
Das Leben ist ohnehin ein Serienmarathon. Konzentriert euch einfach darauf! Es wird momentan darum gebeten, dass wir uns nur mit wenigen Menschen umgeben und hauptsächlich zu Hause aufhalten. Das Leben sollte nur zwischen Sofa, Kühlschrank, Balkon und Badewanne stattfinden.
Für die eher introvertierten Queerlinge unter uns ist das ohnehin der wünschenswerte, sehr unterhaltsame Normalzustand, auch wenn gerade nicht Corona ist. Es können gerade alle viel von ihnen darüber lernen, wie man ein schönes Leben in den eigenen vier Wänden führt und was man da alles so machen kann. Etwa ein Wochenende lang "Nur eine Folge noch" sagen.
Mit den folgenden Serien geht das ganz hervorragend:
AJ and the Queen
Niemand soll vor die Tür gehen. Der ideale Zeitpunkt für einen Roadtrip mit RuPaul, oder? Der gab dieses Jahr sein Netflix-Schauspiel-Debüt in "AJ and the Queen" als Ruby Red, eine "überlebensgroße, aber unglückliche Dragqueen", die in einem heruntergekommenen Wohnmobil aus den Neunzigern durch Amerika reist. Etwas unfreiwillig begleitet von einem klugen 10-jährigen Waisenkind namens AJ. In jeder Folge besucht Ruby einen Dragclub und performt eine wirklich gute Nummer. Auch mal zusammen mit einigen der legendärsten Kandidat*innen aus seiner anderen Netflix-Show "RuPaul's Drag Race". Der Emmy-Gewinner schrieb und produzierte die Show zusammen mit "Sex and the City"-Erfinder Michael Patrick King. So richtig glatt lief das nicht, Netflix wird es bei einer Staffel belassen. Die ist allerdings voll von süßen Dialogen, großartigen Performances und hat einen entzückenden Mutter-Kind-Vibe. (Serienkritik auf queer.de)
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I'm not okay with this
Die 17-jährige Syd hat schon mit der Schule, ihrer Familie und ihren merkwürdigen, neuen Gefühlen für ihre beste Freundin zu kämpfen. Dass sie nebenbei jetzt auch noch Superkräfte entwickelt, die sie nur sehr langsam in Schach zu halten lernt, ist da mehr als unbequem. Basierend auf der gleichnamigen Graphic Novel von Charles Forsman richtet sich diese Serie an junge Erwachsene, oder Erwachsene, die ewig jung bleiben wie wir. Sophia Lillis ist eine fantastische Hauptdarstellerin, die Folgen sind angenehm komplex und saukomisch, und Besetzung wie Charaktere sind rund, stimmig und einfach nur ein großes Vergnügen.
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Now Apocalypse
Regisseur und Drehbuchautor Gregg Araki ist schon seit 30 Jahren genau der Richtige für das potentielle Ende der Welt wie wir sie kennen. Von "The Living End" über "Nowhere" bis zu "Kaboom" geht es in dem Werk des US-Amerikaners immer um junge, sehr queere Menschen, die jede Menge sehr variablen Sex haben – und um Aliens. Und natürlich sind Araki-Filme fast immer sehr unkorrekt komisch. All das kombiniert der Meister des Absurden jetzt auch für seine erste Serie "Now Apocalypse", die von einer Gruppe sehr verwirrter, aber total attraktiver Freund*innen in L.A. erzählt. Gute Schauspieler*innen, unkluge Drehbuchautor*innen, Nachtwächter*innen, Obdachlose, Filmstars und große, grüne außerirdische Echsen – das ist sehr sexy, zum Brüllen komisch und stellenweise der beste, aktuelle Kommentar über queere Kultur, den mensch sich angucken kann. Und es ist unglaublich bunt! Hinreißend, wenn man es etwas angepunkt mag.
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The Politician
Ryan Murphys satirische Komödie folgt Ben Platts Charakter Payton Hobart – und ihre erste Staffel soll der Beginn einer politischen Saga sein. Denn der Student will Präsident der USA werden. Aber erstmal muss er sich in den ersten zehn Folgen in der politischen Landschaft der Saint Sebastian High School behaupten. Und schon das ist nicht ganz einfach. Ryan Murphys neuester Streich ist sehr stilbewusst, man könnte auch sagen: Hier hat jemand so richtig verstanden, wie man Camp 2020 macht. Ben Platt ist als der queere Hauptcharakter großartig, Gwyneth Paltrow nervt als seine Mutter überraschenderweise mal überhaupt nicht, und die wie immer fantastische Jessica Lange hat offensichtlich große Freude an Dialogzeilen wie dieser: "Ich kann nicht verstehen, warum es so ein Skandal war, diesen schwulen Mann 'Arschficker' zu nennen. Das ist es doch was Schwule tun, Ärsche ficken und Halloween feiern, oder? " Ein Insider-Seitenhieb auf "American Horror Story"-Erfinder Murphy, der auch ihn amüsiert haben dürfte. In der letzten Folge der ersten Staffel bereitet der als Gaststars schon mal die Hauptcharaktere für die zweite vor: Bette Midler und Judith Light. Yes, please!
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One Day at A Time
"One Day at A Time" ist das Remake eines Comedy-Hits aus den Siebzigerjahren, aber mindestens so gut wie das Original. Die Handlung der Serie folgt einer kubanisch-amerikanischen Mutter und Veteranin der US-Armee, die an posttraumatischer Belastungsstörung leidet. Und erzählt von ihrer Beziehung zu ihrer Familie, inklusive lesbischer Teenager-Tochter. Als die Show letztes Jahr nach drei kultverdächtigen Staffeln von Netflix eingestellt wurde, gab es massive Fanproteste, und die Serie fand für ihre vierte und fünfte Staffel ein neues Zuhause. Warum der Streaming-Gigant diese fantastische Sitcom über Homophobie, Rassismus und Depression nicht mehr im Programm haben wollte, lässt sich, hat man einmal ein paar Folgen gesehen, besonders als Queerling nur schwer nachvollziehen. Wer das hier verpasst, ist selber schuld.
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Sex Education
Als "Sex Education" angekündigt wurde, zweifelten viele daran, dass man eine Serie über Sexualaufklärung so machen könnte, dass sie auch für Erwachsene geeignet ist. Weit gefehlt! Die Dramedy folgt einem sexuell ungeschickten Teenager (Asa Butterfield), der bei seiner Mutter, einer Sexualtherapeutin, lebt, und seinem besten Freund, dem herrlich und entspannt offen schwulen Eric (Ncuti Gatwa). Besetzung, Bücher, Kamera, hier stimmt einfach alles, besser wurde es die letzten zwei Jahre auf Netflix nicht. "Sex Education" ist ganz zu recht ein riesiger, komplett durchgequeerter Hit auf der ganzen Welt. Was selbstverständlich auch an der phänomenalen Gillian Anderson in einer großartigen Mutterrolle und der sensiblen Auseinandersetzung und vielfältigen Repräsentation von LGBTI liegt. Wer die ersten beiden Staffeln gesehen hat, wird es, wie alle, kaum abwarten können, bis die Serie 2021 weitergeht. (Serienkritik auf queer.de)
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Shameless
Es ist zwar eigentlich irgendwie unverständlich, das irgendwer in den letzten zehn Jahren "Shameless – Nicht ganz nüchtern" noch nicht für sich entdeckt und dann abhängig von den Geschichten über die Gallaghers geworden ist, aber alle, denen es so geht, können auf Amazon Prime jetzt zehn Staffeln fantastisches Fernsehen nachholen. Die Serie handelt hauptsächlich von einer Familie, die aus Vater Frank, einem Alkoholiker, und seinen sechs Kindern Fiona, Lip, Ian, Debbie, Carl und Liam besteht. Frank ist ein furchtbarer Erziehungsberechtigter, aber alle anderen sind einfach eine große, glückliche Familie auf Sozialhilfe. Inklusive des wahrscheinlich romantischsten schwulen Paares der letzten TV-Dekade: Ian und sein drogendealender, verrückter Freund Mickey. Es gibt ganze Youtube-Kanäle, die sich nichts weiter widmen als den beiden. Dazu kommen in inzwischen über hundert Folgen: trans Sozialarbeiter*innen, schwule Stripper, bisexuelle Nachbar*innen und die lustigsten Epiosden, die derzeit im amerikanischen Fernsehen geschrieben werden. (Serienkritik auf queer.de)
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Daybreak
Der neueste Streich von Netflix ist eine Comic-Verfilmung. Über das Ende der Welt. Mit Zombies. Dieses Schmankerl verfügt über genügend popkulturelle Querverweise, um mehrfaches Angucken zu rechtfertigen. Das tun auch ein fantastischer Cast und die schlauen Drehbücher dieser quietschbunten Komödie. Die Show konzentriert sich auf den Highschooler Josh Wheeler (Colin Ford), der nach der Apokalypse in Glendale, Kalifornien nach seiner vermissten Freundin sucht. Und zwar mit seinem Freund Wesley Fists (Austin Crute), der keinen schönen Arsch hat, aber ein schönes, großes Schwert. Und stockschwul ist, stark und ein Held. "Daybreak" stellt permanent alle möglichen Stereotypen, unter anderem über sein Genre, in Frage und macht schon deswegen unglaublichen Spaß.
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The OA
"The OA" war die Idee der Hauptdarstellerin Brit Marling. Sie hat die vielleicht interessanteste Serie seit "Twin Peaks" selbst geschrieben und produziert. Die Handlung folgt Prairie Johnson, einer jungen Frau, die als Teenager verschwindet und nach sieben Jahren plötzlich in ihre Heimatstadt zurückkehrt. Vor ihrem Kidnapping war Prairie blind, aber jetzt kann sie sehen – was ihrer Meinung nach auf eine übernatürliche Kraft zurückzuführen ist. Im Laufe von zwei Staffeln entdecken Prairie und ihre Freunde (zu denen auch ein trans Junge gehört) Dinge, die sie niemals für möglich gehalten hätten: Portale in andere Dimensionen, Zeitreisen und eine besondere Form des Tanzens. Dieses Kunstwerk von einer Erzählung ist komplex und spannend und entwickelt, lässt man sich darauf ein, einen unglaublichen Sog. Netflix hat zwar gesagt, dass es keine dritte Staffel geben wird, aber das werden wir sehen. Denn zwei der fanatischsten Fans der Serie sind Ellen DeGeneres und Ryan Murphy, die mächtisten queeren Menschen in der Unterhaltungsindustrie dieses Universums.
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Ein besonderes Leben
"Special – Ein besonderes Leben" basiert auf den Memoiren von Serienerfinder und Hauptdarsteller Ryan O'Connell. Die heißen in Buchform "Ich bin Special. Und anderen Lügen, die wir uns selbst erzählen". Die von Jim Parsons produzierte Serie läuft schon seit 2019 auf Netflix. Handlung: Das geneigte Publikum folgt einem schwulen Mann mit cerebralen Bewegungsstörungen, der beschließt, sich und seine Umwelt radikal zu ändern, weil er endlich so leben möchte wie er sich das wünscht, inklusive Sex und Liebe. Die achtteilige Komödie ist eine großartige Lehrstunde über persönliche Befreiung und Emanzipation, wirklich smart, sehr, sehr lustig und hat ein wunderbares Ensemble. Das lohnt sich! (Serienkritik auf queer.de)
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