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Steuerformulare
Finanzämter hadern noch immer mit der Ehe für alle
Auch zweieinhalb Jahre nach den ersten gleichgeschlechtlichen Eheschließungen kennen die Steuervordrucke nur Paare aus "Ehemann" und "Ehefrau". Erst langfristig soll es "Person A" und "Person B" heißen.
- 15. April 2020, 03:44h 2 Min.
In den Formularen für die Einkommenssteuerklärung ist die Ehe für alle noch immer nicht vollständig angekommen. Um "Fehleintragungen und erheblichen Mehraufwand für Bürgerinnen, Bürger und Finanzämter" zu vermeiden, werde in Vordrucken und bei Onlineanträgen derzeit noch an der Unterteilung von Eheleuten in "Ehemann" und "Ehefrau" festgehalten, räumte das Bundesfinanzministerium auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (PDF) ein. Die Öffnung der Ehe für Lesben und Schwule war bereits am 1. Oktober 2017 in Kraft getreten.
Die heterosexistische Sprachregelung betrifft aktuell nur die Zusammenveranlagung von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartner*innen. Dort seien "Begriffe notwendig, um den steuerpflichtigen Personen die jeweiligen Besteuerungsgrundlagen eindeutig und z. B. für einen Vorjahresvergleich über mehrere Veranlagungszeiträume hinweg zutreffend zuordnen zu können", erklärte das Ministerium von Vizekanzler Olaf Scholz (SPD). In allen anderen Abfragen in der Steuererklärung wird bereits die geschlechtsneutrale Bezeichnung "steuerpflichtige Person" verwendet.
Bundesregierung räumt "Handlungsbedarf" ein
"Die Berücksichtigung von Gendergesichtspunkten hat für die Bundesregierung einen hohen Stellenwert", heißt es weiter in der Antwort auf die FDP-Anfrage. Ein "entsprechender Handlungsbedarf" werde erkannt. So sollen die Attribute "Ehemann" und "Ehefrau" künftig zugunsten der neutralen Form "Person A" und "Person B" entfallen.
Diese Änderung sei jedoch "nur langfristig realisierbar", erklärte das Finanzministerium. Zuvor müssten die Finanzverwaltungen der Länder "in die Lage versetzt werden, unabhängig von der Art der Übermittlung der Steuererklärung sowie der Reihenfolge und Bezeichnung der steuerpflichtigen Personen in der Steuererklärung die jeweiligen individuellen Angaben der beiden zusammenveranlagten Personen mit Hilfe der Steueridentifikationsnummer eindeutig zuordnen zu können". Hierfür seien "tiefgreifende Änderungen der Verfahren und Programme erforderlich".
Die FDP reagierte verwundert auf die Antwort des Ministeriums. "Es ist mir schleierhaft, warum die Bundesregierung so lange braucht, um längst überfällige Anpassungen diskriminierungsfreier Steuerformulare vorzunehmen", meinte der FDP-Finanzpolitiker Markus Herbrand gegenüber der "Rheinischen Post". "Das Problem besteht nicht erst seit gestern und wirkt auf viele gleichgeschlechtliche Paare ausgrenzend. Hier ist dringend Nachbesserung erforderlich." (cw)

Links zum Thema:
» Die Antwort auf die Kleine Anfrage als PDF
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