Nach polizeilichen Ermittlungen wegen Volksverhetzung und einer klaren Distanzierung durch die Bremer Kirchenleitung hat der evangelische Pastor Olaf Latzel am Sonntag erstmals öffentlich auf die schweren Vorwürfe gegen ihn reagiert. In einer Erklärung, die er bei einem live gestreamten Gottesdienst verlas und anschließend auf der Homepage seiner St. Martinikirche veröffentlichte, bestritt der 52-Jährige, Lesben und Schwule generell als Verbrecher diffamiert zu haben.
Latzel behauptete, er habe mit seiner Wortwahl lediglich auf Proteste gegen seine Gemeinde reagiert. Der Pfarrer nannte als Beispiele "ein sogenanntes 'Kiss in' von etwa 50 gleichgeschlechtlichen Paaren und anschließende Prügeleien mit Polizisten" sowie "das wiederholte Beschmieren unserer Kirche mit Slogans wie 'god is gay'". In seiner Stellungnahme heißt es weiter: "Diese Gruppe von Straftätern sind von mir mit dem Begriff 'Verbrecher' gemeint gewesen. Wenn dadurch jedoch für einige Außenstehende der Eindruck entstanden sein sollte, dass ich generell alle Homosexuellen für Verbrecher hielte, so will ich mich dafür entschuldigen und eindeutig klarstellen, dass dieses selbstverständlich nicht meine Meinung ist."
Homosexualität als "Degeneration von Gesellschaftsformen"
Besonders aufrichtig und ehrlich klingen weder Olaf Latzels Begründung noch seine "Entschuldigung". Wörtlich hatte der Pastor im Oktober 2019 bei seinem Seminar "Biblische 'Fahrschule' zur Ehe" gesagt: "Überall laufen die Verbrecher rum vom Christopher Street Day." Ein Online-Mitschnitt auf dem Youtube-Kanal der St. Martinikirche ist mittlerweile nicht mehr zugänglich.
Darüber hinaus hatte Latzel in seinem Vortrag beklagt, dass "diese Homo-Lobby, dieses Teuflische" immer stärker werde. "Gelebte Homosexualität" sei "vor Gott ein Gräuel", eine "Degeneration von Gesellschaftsformen" sowie "todeswürdig". Die Anerkennung von Transsexualität zerstöre ferner "unsere gesamte Zivilisation und Kultur". Schuld an all diesen Entwicklungen sei die "zunehmende Gottlosigkeit".
Der Vortrag wurde auf Youtube mittlerweile gelöscht
Auf all diese Diffamierungen ging Olaf Latzel in seiner "Erklärung" vom Sonntag nicht ein. Stattdessen holte er zu einem neuen Schlag gegen Lesben und Schwule aus, in dem er Homosexualität auf eine Stufe mit "Geldgier, Ehebruch, Neid, Lieblosigkeit, Jähzorn, Rache, Geiz, Trunkenheit oder Unzucht" stellte: "Diese und zahlreiche andere Dinge werden von mir als Sünde benannt, weil die Bibel diese so deklariert", sagte der Pastor. "Auch die Homosexualität wird in der Bibel eindeutig als Sünde gekennzeichnet."
Zum Ende seiner "Erklärung" gerierte sich Latzel als letzter aufrechter Christ und Opfer des Zeitgeists: "Dieses eindeutige Zeugnis der Bibel kann und werden wir als Gemeinde St. Martini und auch ich als Pastor nicht anders verkündigen und lehren, auch wenn man dadurch in weiten Teilen der verfassten Kirche, der Politik und der Presse zunehmend Ausgrenzung und Diffamierung erfährt."
CDU-Fraktionschef fühlt sich an Mittelalter und NS-Zeit erinnert
Latzels Stellungnahme kam auch bei konservativen Bremer*innen nicht gut an. "Die Rechtfertigungen sind genauso schlimm wie die Aussagen", schrieb etwa CDU-Fraktionschef Thomas Röwekamp auf Twitter. "Ein Menschenbild, das weder zu meiner Kirche noch zur Verfassung passt." In einem früheren Tweet hatte das Mitglied des Kirchenausschusses der Bremischen Evangelischen Kirche gemeint, Latzels Äußerungen "erinnern an Mittelalter und #Nationalsozialismus". (mize)
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Teuflisch ist für diesen Herren eigentlich die ganze moderne Welt.
Auch ganz wörtlich die historisch-kritische Theologie.
Seine Bremer Pastorenkolleginnen dürfen in seinem historisch bedeutsamen Kirchengebäude nicht einmal als Gast bei Beerdigungen predigen.
Ich kann die Langmut der Bremer*innen,, die bei diesem Wüterich und Wichtigtuer jahrelang immer wieder die andere Wange hingehalten haben, nicht verstehen.
Er muss sehr mächtige Hintermänner haben.